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Wirtschaft im Südwesten

3 | 2018

8

TITEL

MULHOUSE

Mit 113.000 Einwohnern ist Mulhouse nach Straßburg die

zweitgrößte Stadt des Elsass. Mitsamt seiner Agglomera-

tion zählt das südliche Zentrum über 270.000 Menschen.

Mulhouse galt aufgrund seiner frühen Industrialisierung

einst als das Manchester des Kontinents und die Stadt der

hundert Schornsteine. Schon im 18. Jahrhundert waren in

der südelsässischen Kapitale die ersten Stofffabriken ent-

standen. Die Textilindustrie prägte die ganze Region auch

diesseits des Rheins, und aus ihr entwickelten sich ande-

re Industriezweige wie Maschinenbau oder Chemie. Auch

heute noch ist Mulhouse mehr Industriestadt als die ande-

ren elsässischen Städte, wenngleich die Textilbranche wie

aus anderen Teilen Europas weitgehend abgewandert ist.

Die Automobilindustrie prägt nun den Standort, seit 1962

produziert Peugeot beziehungweise PSA Peugeot

Citro

ë

n in Mulhouse. Der Standort beschäftigt

rund 7.500 Mitarbeiter und ist damit

der größte Arbeitgeber der Stadt.

Etwa ein Drittel der Arbeitnehmer

in Mulhouse sind in der Industrie

tätig. Neben PSA produzieren bei-

spielsweise Mitsubishi, Rhodia oder

Clemessy hier. Allerdings arbeiten auch in

Mulhouse mittlerweile die meisten Menschen

im

Dienstleistungssektor, nämlich etwa die Hälfte der rund

113.000 Beschäftigten. Als Reaktion auf die Strukturverän-

derungen setzt Mulhouse auf Bildung und Forschung. Zwei

Elitehochschulen (die Ecole Nationale de Chimie und die

École Nationale Supérieure d‘Ingénieurs), eine Universität

sowie zahlreiche öffentliche und private Forschungseinrich-

tungen gibt es heute in der südelsässischen Stadt.

kat

immer vorne mit dabei“, sagt Pascale Mollet-Piffert, die

den Geschäftsbereich International der IHK Südlicher

Oberrhein leitet, selbst aus der Haute-Saône stammt

und zuvor für die CCI in Colmar gearbeitet hat. Mit sei-

nem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 29.843 Euro pro

Einwohner liegt das Elsass über dem französischen

Durchschnitt (27.836) und an zweiter Stelle nach dem

Großraum Paris (zum Vergleich das Prokopf-BIP im

Regierungsbezirk Freiburg: 36.000 Euro). Dienstleis-

ter, vor allem die Banken, dominieren das elsässische

Wirtschaftsgefüge. Fast 42 Prozent der Arbeitnehmer

sind in diesem Sektor beschäftigt. Die Industrie liegt

immer noch an zweiter Stelle mit einem Anteil von 23

Prozent der Beschäftigten vor dem Handel (18 Prozent),

dem Baugewerbe (7 Prozent) sowie der

Hotellerie und Gastronomie (6 Prozent).

Die CCI Alsace Eurométropole zählt rund

71.000 Unternehmen als Mitglieder. Über

80 Prozent davon sind Kleinstunterneh-

men mit höchstens fünf Angestellten.

Im Elsass als Grenzregion spielt der

Export eine wichtige Rolle, und hier do-

miniert der Handel mit dem Nachbarn:

„Rund 30 Prozent der elsässischen Ex- und Importe

gehen nach beziehungsweise kommen aus Deutsch-

land“, berichtet Pascale Mollet-Piffert. Aufgrund ihrer

Lage ist die Region zudem beliebt bei deutschen wie

internationalen Investoren, um den französischen und

den europäischen Markt zu erschließen. Eine ganze

Reihe großer elsässischer Firmen hat ausländische

Kapitalgeber. So stehen auf der Liste der größten Ar-

beitgeber im Elsass viele deutsche Unternehmen wie

der Schraubenhersteller Würth, der Automobilzulieferer

Schaeffler, der Baumaschinenproduzent Liebherr, der

Leuchtenhersteller Osram oder der Pharmakonzern

Merck. Die amerikanischen Lebensmittelmultis Mars

und Kraft Food betreiben Standorte im Elsass, und der

Schweizer Bonbonhersteller Ricola hat in Mulhouse

ein architektonisch ansprechendes Logistikzentrum

gebaut. Nicht zu vergessen: die Brauereien. In der Wein-

region Elsass wird die Hälfte des in ganz Frankreich

getrunkenen Biers hergestellt. Viele Brauereien sind

hier ansässig – neben Lokalmatadoren wie Meteor in

Hochfelden oder Kronenbourg in Straßburg (der aller-

dings mittlerweile zu Carlsberg gehört) auch internati-

onale Bierkonzerne wie Heineken, der die elsässische

Brasserie Fischer übernommen hat.

Dass es im Elsass wieder aufwärtsgeht, zeigt auch die

Entwicklung der Arbeitslosenquote. Traditionell lag die

elsässische immer unter der französischen. Seit den

Nullerjahren und vor allem seit 2009 hatte sich die

Arbeitslosenquote im Elsass allerdings immer weiter

derjenigen der Republik angenähert und zuletzt bei

etwa neun Prozent gelegen. Dieser Trend ist vorerst

gestoppt, und die Arbeitslosenzahlen gehen wieder

zurück – im Elsass und auch in ganz Frankreich.

Erstaunlich scheint, dass parallel zur wachsenden Ar-

beitslosigkeit links des Rheins die Zahl der Grenzpend-

ler nach Deutschland zurückgegangen war. Zwischen

2002 und 2014 sank die Zahl der Grenzgänger vom

»Rund 30 Pro-

zent der elsäs-

sischen Exporte

gehen nach

Deutschland«