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2 | 2018

Wirtschaft im Südwesten

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und im Winter vor Kälte, bietet zusätzlich einen Schallschutz und ist

diffusionsoffen, es besteht also keine Schimmelgefahr.“ Überall dort,

wo traditionell viel Holz verbaut wird, macht Gutex gute Geschäfte.

Das ist vor allem die Alpenregion. 70 Prozent des Umsatzes entfal-

len auf Deutschland, gefolgt von der Schweiz, Österreich, Südtirol,

Frankreich sowie den Beneluxländern. Vertrieben werden die Pro-

dukte vor allem über circa 350 qualifizierte Baustoffhändler in diesen

Ländern, rund 15 Prozent der Dämmstoffe liefert Gutex direkt an

seine Industriekunden aus der Fertighausbranche. Nicht nur in Holz-,

auch in Massivhäusern aus Stein werden Gutex-Produkte verbaut.

„Wir sind in der Dachsanierung sehr stark“, sagt Claudio Thoma.

Das Hauptgeschäft entfällt auf Wohnhäuser. Ein besonderes Beispiel

ist das Freiburger Eugen-Keidel-Thermalbad, dessen rund 3.000

Quadratmeter großes

Dach bei der Sanie-

rung mit Gutex-Pro-

dukten gedämmt wur-

de. Der zweite große

Geschäftsbereich sind

Wärmedämmverbund-

systeme für Fassaden, bei denen Putze verschiedener Hersteller

verwendet werden können. Hier macht Gutex das Hauptgeschäft im

Holzbau. Zu den Vorzeigeprojekten in diesem Bereich gehören das

Forsthaus in St. Peter sowie das Mehrgenerationen-Wohnbauprojekt

Rundacker in Staufen, bei dem mehrere viergeschössige Wohnhäuser

in Massivbauholzweise erstellt wurden. Insgesamt bietet Gutex 14

verschiedene Produktfamilien von der Aufdach- bis zur Bodendämm-

platte an. Das Holz kommt vor allem von Tannen und Fichten aus

dem Schwarzwald. Etwa drei Viertel liefern regionale Sägewerke in

Form von Hackschnitzeln; das restliche Viertel kommt als Rundholz

von regionalen Forstbetrieben und wird auf dem Betriebsgelände

entrindet und gehackt.

Die Ursprünge des Unternehmens: Um 1900 wurde auf dem heutigen

Betriebsgelände ein E-Werk errichtet, das Strom für die umliegen-

den Gemeinden produzierte. Die mechanische Energie, die dabei

freigesetzt wurde, nutzten die Eigentümer, um Holzschliff für die

inzwischen stillgelegte Papierfabrik in Albbruck herzustellen. Claudio

Thomas Urgroßvater Hugo Henselmann stieg in das Gutenburger

Unternehmen ein und übernahm es um 1920. Sein Sohn Heinrich

Henselmann experimentierte mit dem Holzschliff und produzierte

1932 als erstes mitteleuropäisches Unternehmen Holzfaserdämm-

platten. Das war die Geburtsstunde von Gutex. „Er war ein Tüftler

und Pionier“, sagt Claudio Thoma über seinen Großvater. Er selbst,

ein Diplom-Ingenieur, hat die Geschäftsführung 2005 von seiner

Mutter Karin Thoma-Komm übernommen.

Ins Jahr 2005 fällt auch eine der größten Investitionen in der Unter-

nehmensgeschichte, die der Grund dafür ist, dass sich der Umsatz

seitdem etwa verdreifacht und die Mitarbeiterzahl etwas mehr als

verdoppelt hat: Für circa 15 Millionen Euro wurde eine Anlage an-

geschafft, die Holzfaserdämmplatten mit einem homogenen Roh-

dichteprofil im Trockenverfahren herstellt. „Wir waren das erste

Unternehmen weltweit, das das gemacht hat“, sagt Claudio Thoma.

Inzwischen ist dieses

Verfahren in der Branche

etabliert. Damit können

dickere, das heißt bis zu

30 Zentimeter starke,

Dämmplatten hergestellt

werden. Gleichzeitig ver-

braucht die moderne Anlage weniger Energie und arbeitet wirtschaft-

licher als die herkömmliche, auf der im Nassverfahren maximal 2,5

Zentimeter starke Dämmplatten produziert werden können.

Inzwischen betreibt das Gutex Holzfaserplattenwerk vier verschie-

dene Produktionsanlagen. Die jüngste, ebenfalls rund 15 Millionen

Euro teure Anlage für flexible Dämmstoffe wurde 2016 installiert.

Die dort hergestellten flexiblen Dämmmatten wurden vergangenes

Jahr von der Zeitschrift Öko-Test mit „sehr gut“ ausgezeichnet. Das

Unternehmen selbst hat bereits 1994 ein Qualitäts- und ein Umwelt-

managementsystem eingeführt. Heute ist Gutex nach den Normen

DIN EN ISO 9001 und 14001 sowie EMAS II zertifiziert. Rund 50

Prozent des benötigten Stroms produziert das Unternehmen selbst

- unter anderem mithilfe von Photovoltaikanlagen auf den Hallen

des rund vier Kilometer entfernten Außenlagers im Kaitle sowie mit

einem Gasblockheizkraftwerk auf dem Firmengelände in Gutenburg.

Die dort entstehende Abwärme wird für das Trocknen der Hack-

schnitzel verwendet. Das Wasser, das ihnen entzogen wird, formt

die von weitem sichtbaren Dampfwolken, die aus dem Fasertrockner

entweichen.

mae

»Wir wollen gesunde

Lebensräume schaffen«

Einblicke in die Produktion bei Gutex: Die im Trockenverfahren hergestellten Dämmplatten werden zugeschnitten (linke Seite); einen Überblick über die

Produkte von Gutex liefert das Bild oben links. Rechts daneben ist zu sehen, wie der beim Trocknen der Hackschnitzel entstehende Wasserdampf über

dem Werksgelände entweicht.