Wirtschaft im Südwesten
5 | 2016
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trossingen.
„Irgendwie steckte immer etwas in mir,
das raus muss, wahrscheinlich Vererbung“, sagt Andre-
as Brand, Sohn des Tuttlinger Kirchenmusikdirektors.
Zunächst lernte der heute 28-Jährige beim Medizin-
technikspezialisten Aesculap in Tuttlingen Industrie-
kaufmann und arbeitete dort als Veranstaltungs- und
Medienreferent. Vor fünf Jahren entschloss er sich dann
dazu, Musikdesign an der Staatlichen Hochschule für
Musik Trossingen in Kooperation mit der Hochschule
Furtwangen zu studieren. Der noch junge Studiengang
verbindet digital erzeugte Musik mit der klassischen. In
der Praxis werden beispielsweise Hörspiele und Film-
musik oder Kompositionen im Kontext digitaler Medi-
en produziert. Auch experimentelle Musik zählt zum
Studium. Brand hat ein Praktikum bei einer Agentur in
Konstanz gemacht, die ausgeklügelte Sounds für die
Industrie kreiert. „Zu einer Corporate Identity gehört
auch der passende Klang. Jeder erinnert sich an die
einschlägige Musiksequenz der Telekom. Zunehmend
wird es außerdem wichtig, dass Sounds von Gebrauchs-
gegenständen – das kann etwa im Auto der Klang des
Blinkers sein – harmonisch sind und das Wohlbefinden
steigern. Eine aktuelle Forschungsidee ist, dieses durch
Klang ausgelöste Wohlbefinden auch im medizinischen
Kontext, etwa bei akustischen Signalen im Krankenhaus,
zu untersuchen“, erklärt er.
Bereits als Kind lernte der gebürtige Tuttlinger Klavier-
spielen, ist seit Jahren Pianist in Bands mit unterschied-
licher Besetzung und lässt sich für private Feste oder
Firmenevents buchen. „Jazz ist meine Leidenschaft“,
stellt Brand fest. Das Experimentelle liegt ihm eben-
falls. Gemeinsam mit Kommilitonen setzte er ein Pi-
ratenhörspiel um. „Hier war Kreativität gefragt, da in
der Postproduktion verschiedene Raumklänge digital
im Tonstudio vorliegen mussten.“ Dafür ließ die Pro-
jektgruppe zum Beispiel für eine Höhlenszene in der
Kolbinger Tropfsteinhöhle einen Luftballon knallen und
zeichnete den Hall auf, der durch die Höhle ging. Die
Tonspur mit dem Hall wurde im Anschluss unter die mit
den Sprechstimmen gelegt. Nach seinem Bachelor in
Musikdesign fühlt sich der junge Mann allen möglichen
komplizierten Fragestellungen rund um die Erzeugung
und Verwendung von Tönen, Klängen und Musik ge-
wachsen. „Früher hätte ich nicht so genau gewusst, wie
ich differenziert vorgehen muss“, gibt der 28-Jährige zu.
Durch die künstlich am Computer erzeugten Töne und
Klänge werde vieles möglich. Aber auch das Experimen-
tieren mit realen Geräuschen und die Miteinbeziehung
der Musik von echten Instrumenten sei gefragt.
Brand hat nicht nur Musik im Blut, er hat auch eine
soziale Ader. In seiner Bachelorarbeit entwickelte er in
Kooperation mit der Lebenshilfe Tuttlingen das Pilotpro-
jekt „Musiklusion“. Er fertigte fünf „Musikinstrumente“
für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinde-
rung an. „Einer liebte Volksmusik, deshalb baute ich
ihm eine Art Akkordeon, auf dem er trotz seiner starken
motorischen Einschränkung spielen kann.“ Der Musik-
desginer stattet selbst gebaute Holzkästen mit Technik
aus. Dank verschiedener Sensoren, Laptops, Software
und Lautsprecher können Klängen abgerufen und damit
interagiert werden. „Ein anderer mochte Hip-Hop, der
Kopf
des
Monats
Der
Helfer
Musikdesigner Andreas Brand
engagiert sich für Flüchtlinge
Bilder: Ingo Feuker, pr
»Wir vermitteln
Deutsch über Musik«