Barbara Mayer zählt zu den profiliertesten Juristinnen im Südwesten – und das nicht erst, seit sie das Freiburger Büro der Kanzlei Advant Beiten mitgegründet hat. Wir haben die Wirtschaftsrechts-Anwältin dort besucht…

Sie gestaltet gerne. Und als Anwältin für Wirtschaftsrecht hat Barbara Mayer dazu jede Menge Gelegenheiten. „Wirtschaftsrecht hat etwas Positives und Gestaltendes. Das fand ich immer spannend.“ Seit sie 1993 Rechtsanwältin wurde, Fachgebiet Handels- und Gesellschaftsrecht, hat Mayer sich zu einer der profiliertesten Juristinnen im Südwesten entwickelt. Sie wurde mehrfach als Recommended Lawyer gelistet, ist im Deutschen Juristentag aktiv, spricht auf Veranstaltungen der IHK Südlicher Oberrhein, schreibt juristische Fachbücher und veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu aktuellen Entwicklungen – unter anderem in der Wirtschaft im Südwesten.
Die Juristerei daheim am Esstisch
Die Entscheidung, Rechtsanwältin zu werden, nicht Musiklehrerin oder Ärztin, war eine ziemlich rationale. Vielleicht weil Mayer aus einer Anwaltsfamilie stammt und die Juristerei daheim in Weinheim an der Bergstraße quasi mit am Esstisch saß. Die vielen Möglichkeiten als Juristin – das überzeugte am Ende. Promotion in Freiburg, Referendariat in Hamburg, dann stieg Mayer bei Bappert, Witz und Selbherr, Vorgängerkanzlei von Friedrich Graf von Westphalen ein, einer der großen Wirtschaftskanzleien mit Büro in Freiburg. 2022 stieg die heute 61-Jährige zusammen mit einem guten Dutzend Kollegen wieder aus. Die Vorstellungen über das weitere Vorgehen waren zu sehr auseinandergedriftet. Den Status quo erhalten, wollten die einen. Die Gruppe um Mayer aber wollte verstärkt in junge Leute und moderne Technologie investieren. „Die anderen waren da eher zurückhaltender“, umschreibt es Mayer in der Kanzlei Advant Beiten im sechsten Stock eines Gebäudes nahe dem Freiburger Hauptbahnhof mit grandioser Aussicht über die Stadt und das Umland. Auf Advant Beiten, eine der führenden Wirtschaftskanzleien Deutschlands und der deutsche Teil einer europäischen Allianz von Wirtschaftskanzleien, war damals bei der Suche nach einer neuen Heimat die Wahl gefallen. Dort kam die Anfrage gerade recht: Ein Büro in Baden-Württemberg war schon länger geplant. Mayer gründete das neue Büro gemeinsam mit ihrem Team von mehr als zehn Kollegen und führte im neuen Umfeld den langjährigen Erfolg fort. Kerngeschäft sind Handels- und Gesellschaftsrecht sowie der Bereich Zusammenschluss und Übernahme von Unternehmen (Mergers & Acquisitions). Aktuell ist man dabei, Full-Service-Standort zu werden, mit allen wichtigen Wirtschafts-Rechtsgebieten. Mandatsanfragen gebe es reichlich.
Lust auf Neustart
Vom Etablierten zum Quasi-Start-up – ein Neustart, der in der juristischen Welt weit über Freiburg hinaus für Aufsehen gesorgt hat. Das hat eine besondere Energie freigesetzt. Und das bis heute. Vielleicht auch, weil der Altersdurchschnitt unter den inzwischen 15 Anwälten bei 30 bis 35 Jahren liegt. „Eine junge Truppe“, freut sich Mayer. Die Jungen bringen gute Stimmung und neue Ideen mit. Vom gemeinsamen Grillen auf der Dachterrasse (gut fürs Team) bis zu Business-Partnerschaft mit dem SC-Freiburg (gut fürs Networking in der Freiburger Wirtschaftswelt). Das Freiburger Team ist auch in der neuen Kanzlei gut angekommen: Mayer gehört seit März 2024 dem dreiköpfigen Leitungsausschuss von Advant Beiten an.
Wenn Mayer nicht gerade bei Mandaten, zu Besprechungen oder Konferenzen unterwegs ist, verbringt sie ihre Arbeitstage im Büro. Bei Gericht ist sie nur selten. Sie arbeitet lieber konstruktiv, in dem sie ein Projekt begleitet und eine Lösung sucht, bevor die Lage festgefahren ist. Mayer ist sich bewusst, dass zum Anwaltsberuf auch gehört, Streitigkeiten vor Gericht auszutragen. Das erfordert aber andere Kenntnisse und Erfahrungen, weshalb sie gerichtliche Auseinandersetzungen gerne den erfahrenen Prozessanwälten ihres Teams überlässt. Mayer arbeitet lieber anders: Ihr Ding sind die Strukturen innerhalb eines Unternehmens. Die Psychologie dahinter und das Coaching. Womit wir wieder beim Neustart und beim Gestalten wären. Ihr geht es darum, beim Unternehmensverkauf zu unterstützen, der für den Verkäufer mit Emotionen verbunden ist, Familienunternehmen zu betreuen, die sich zurechtruckeln müssen, oder den Generationswechsel zu erleichtern. „Wir versuchen, nicht nur rechtliche Berater zu sein, sondern auch zu helfen, mit den Eltern und Kindern an einem Tisch zu sitzen und gemeinsam eine Lösung zu finden.“
Für so etwas braucht es juristische Kompetenz, Feingefühl und Einfühlungsvermögen. Und eine gewisse Resolutheit. „Ich glaube, die erwirbt man mit der Erfahrung“, sagt Mayer bescheiden. Ihre Mandanten kommen aus sämtlichen in der Region ansässigen Branchen: Maschinenbau, IT, Medizintechnik, Pharma, Zulieferer. Und mit ihnen erhält die Anwältin Einblicke in die Unternehmen und das, was diese aktuell beschäftigt. Was sich wiederum auf ihre eigene Arbeit auswirkt. Auch das mag Mayer an ihrem Beruf. Beispiel: Ein Unternehmen will nicht mehr in China ausbauen, sondern einen Teil der chinesischen Produktion nach Europa verlegen. „Das ist eine unternehmerische Entscheidung, die geopolitisch geprägt ist und die sich natürlich bei uns auswirkt, weil wir dann Verträge machen mit Grundstückseigentümern, Projektentwicklern und anderen Partnern in dem Zielland.“ Unternehmerisches Denken ist auch bei der Tätigkeit von Mayer im Aufsichtsrat von Jobrad gefragt. Bei vielen Unternehmen sei aktuell besonders die Nachfolge sehr präsent, sagt Mayer. Einerseits sind die Boomer noch am Ruder, andererseits herrscht Nachfolgermangel. Auch Investitionen in die Rüstungsindustrie sind verstärkt ein Thema. „Früher war das ja ein Tabu. Aber seit dem Ukrainekrieg hat sich die Welt komplett geändert.“ Und dann noch die Lieferketten. Einfach bei demjenigen kaufen, der’s am besten und günstigsten produziert – vorbei. Heute heißt es, darauf zu achten, immer mindestens zwei Quellen für ein wichtiges Vorprodukt zu haben, damit keine Abhängigkeiten entstehen.
Barbara Mayer arbeitet gern. Aber in ein paar Jahren, wenn sie das Gefühl hat, es geht gut ohne sie, wird sie sich rausziehen aus der Kanzlei. Sie sagt: Über das Danach mache sie sich keine Sorgen. Zu tun gibt es genug. Radfahren, Joggen mit dem Hund, ihr Haus in der Provence. Mitgestalten wird sie weiterhin. Sie ist im Stühlinger Bürgerverein, im Vorstand der Freunde des Freiburger Barockorchesters und im Verband der Freunde der Universität Freiburg. „Ich mache jetzt schon eine Menge ehrenamtlich. Das kann man ausbauen.“ se
