Wie schafft Freiburg trotz steigender Baukosten bezahlbaren Wohnraum? In Dietenbach setzt die Stadt auf clevere Konzepte – von Quartiersgaragen bis zu kompakten Bauweisen.

Mit dem neuen Stadtteil Dietenbach entsteht in Freiburg eines der größten Bauprojekte Deutschlands. Auf rund 110 Hektar Fläche sollen bis zu 16 000 Menschen ein neues Zuhause finden. Der Stadtteil wird als klimaneutrales Quartier geplant, mit Schulen, Kitas, Grünflächen und einer eigenen Infrastruktur. Damit will Freiburg nicht nur dringend benötigten Wohnraum schaffen, sondern auch ein Modellprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung umsetzen. Im Interview erklärt Baubürgermeister Martin Haag, wie Dietenbach Kosten beim Bauen senken kann, warum Bebauungspläne trotz Kritik unverzichtbar sind und wie die Stadt die Balance zwischen Wohn- und Gewerbeflächen wahrt.
Überall fehlt es an Wohnraum, Bauen wird immer teurer. Mit Dietenbach sind Sie in der glücklichen Lage, sehr viel Wohnraum schaffen zu können. Wie gelingt es dort, trotz hoher Baukosten, bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen?
Wir bieten in Dietenbach wirtschaftlich gut verwertbare und optimal erschlossene Grundstücks- beziehungsweise Baublockzuschnitte in hoher Dichte an. Außerdem haben wir ein Mobilitätskonzept entwickelt: Ein niedriger Stellplatzschlüssel von 0,5 sowie Quartiersgaragen machen teure Tiefgaragen überflüssig. Auch die wiederkehrenden Bautypologien senken durch Wiederholungseffekte die Kosten.

Immer wieder wird bemängelt, dass
Bebauungspläne oft zu starr und nicht mehr zeitgemäß seien. Brauchen wir sie überhaupt noch?
Unbedingt! Bebauungspläne sind ein zentrales Instrument, um verschiedene Belange – Gesundheit, Klimaanpassung, nachbarschaftliche und öffentliche Interessen – gegeneinander abzuwägen. Sie leiten sich aus der gesamtstädtischen Strategie ab und sind unverzichtbar für die Entwicklung von Wohnbauland.
Dennoch gelten die Verfahren als kompliziert. Gibt es Ansätze, das zu vereinfachen?
Bei Bedarf können Bebauungspläne an die aktuellen Gesetzgebungen und Rahmenbedingungen angepasst werden, allerdings sind die Verfahren sehr komplex. Hier wäre eine Vereinfachung dringend notwendig. Die Debatte um den sogenannten Bauturbo geht in diese Richtung: Verfahrensvereinfachungen und Ausnahmen vom bestehenden Planungsrecht könnten Beschleunigung bringen. Aber: Das Grundproblem bleibt aktuell noch und spürbare Verbesserungen sind wohl nur in Einzelfällen zu erwarten.
Freiburg braucht nicht nur Wohnungen, sondern auch Gewerbeflächen. Wie stellen Sie die Balance sicher?
Mit dem Gewerbeflächenentwicklungskonzept von 2020 sichern wir bestehende Flächen, setzen auf Nachverdichtung und effizientere Nutzung. Eine Umnutzung für Wohnen ist grundsätzlich ausgeschlossen, weil wir sonst dringend benötigte Arbeitsflächen verlieren würden. Es gibt aber Ausnahmen – etwa die Basler Landstraße: Nach der Verlagerung des Obi-Marktes in die Munzinger Straße konnte dort eine Wohnnutzung entstehen, weil Gewerbeflächen in der Basler Landstraße dann nicht mehr nachgefragt waren. Solche Fälle bleiben jedoch die Ausnahme, denn Wohnen und Arbeiten müssen in der Stadtentwicklung gleichermaßen Platz finden. Daniela Santo