Digitale Transformation, New Work, gesellschaftlicher Wertewandel und mehr wälzen die Arbeitswelt um. Unternehmen müssen da mitgehen und brauchen dafür umso mehr eine Personalphilosophie, die Mitarbeiter einbindet und sie motiviert, mitzumachen. Eine, die das täglich macht, ist Antje Keller. Ein Besuch am Kaiserstuhl

Antje Keller trägt Verantwortung für zwei Familienunternehmen. Für das mit Mann und vier Kindern. Und für das mit Mann und 75 Mitarbeitern. Beide Familienunternehmen verlangen Gestaltung und ein durchdachtes Management. Schließlich sind es von zufriedenen Kindern zu Kunden auch nur zwei Buchstaben Unterschied.
Wie gut, dass Antje Keller von sich selbst sagt, ein sehr empathischer Mensch zu sein. Sie empfängt zunächst im Besprechungsraum im Erdgeschoss des noch relativ neuen Firmengebäudes, das Keller Blechtechnik seit 2022 beheimatet. Sie hat sich nicht groß umstellen müssen, als sie, gelernte Betriebswirtin, vor 20 Jahren ins Traditionsunternehmen Keller Blechtechnik einstieg, als Personalleiterin und Prokuristin. Ihr Mann Harald ist seit 2004 in vierter Generation geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens für Blech- und Rohrverarbeitung in Endingen am Kaiserstuhl.
Den Gesamtkontext im Blick
Seither vertritt sie Personal und Geschäftsführung gleichzeitig: für Antje Keller nicht beschwerlich, sondern bereichernd. Denn so hat sie den Gesamtkontext im Blick, erklärt die 48-Jährige mit den blonden, kurzen Locken und der prägnanten Brille. Und damit liegt sie voll im Trend. Die transformative Human-Resources-Arbeit – der Wandel hin zum strategischen Mitgestalter und weg vom ausschließlichen administrativen Verwalter und operativen Ausführer – steht an erster Stelle der Trends und Themen, die aus Sicht von 314 HR-Befragten in Deutschland für den zukünftigen und langfristigen Unternehmenserfolg relevant sind. So die aktuelle Studie „State of HR“ von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) und dem Beratungsunternehmen Gallup. An zweiter Stelle der Themen und Trends: Weiterbildung Next Level. Das individuelle und lebenslange Lernen sowie die technologische Integration seien essenziell, um sich für anstehende Herausforderungen zu wappnen.
Antje Keller führt durch die Fertigungshalle von Keller Blechtechnik. Es ist laut und schaffig. Mitarbeiter mit Hubwagen voller Kartons, beim Zusammenfügen von Metallteilen, beim Biegen von Metallplatten mittels hydraulischer und elektrischer Pressen. Dazwischen Industrieroboter beim Laserschweißen. Die digitale Transformation wird die Arbeitswelt verändern – Antje Keller aber bleibt gelassen. Sie sieht vor allem die Vorteile der neuen Technologien. Die Ergänzung mache es aus, denn dass Roboter dem Menschen unbeliebte Arbeiten abnehmen, ersetze keine Arbeitsplätze, sondern verändere diese und mache sie attraktiver. Mensch und Maschine – eine schöne Kombi, sagt Keller. Sinnstiftend solle eine Tätigkeit schließlich sein. Doch sie betont: Es geht nur, wenn man die Mitarbeiter bei den Entwicklungen mitnimmt, sie einbindet und entsprechend fördert. Einfach ignorieren könne man die neuen Technologien nicht. Das gefährde die Wettbewerbsfähigkeit. „Und dann sind die Arbeitsplätze weg. Das ist dann fataler“, sagt Keller.
Im großen Konferenzraum im dritten und obersten Stockwerk des Verwaltungstrakts ist es ruhig. Draußen sind die Hänge des Kaiserstuhls zu sehen. Apropos Arbeitsplätze: Sind alle besetzt? Momentan passt’s, sagt die Personalleiterin. Die Bewerbungen kämen in Wellen, je nachdem, wie es den verschiedenen Branchen aktuell gehe. Generell würde aber die Verbindlichkeit ab, und die Anspruchshaltung der Mitarbeiter zunehmen, das falle ihr in den vergangenen Jahren zunehmend auf. Für Arbeitgeber nicht immer einfach. „Als ich angefangen habe, vor 20 Jahren, war Teilzeit in der Produktion noch etwas Außergewöhnliches.“ Heute gibt es die unterschiedlichsten Modelle, da kämen die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern schon sehr entgegen. Künftig wird das Arbeiten innerhalb der Branchen noch flexibler, glaubt Keller. Und ist da mit den Befragten der Studie einer Meinung, die die steigenden Ansprüche der jüngeren Generationen hinsichtlich einer flexiblen Gestaltung von Arbeitszeit und -ort als drittwichtigsten Trend sehen.
Der Mensch im Mittelpunkt
Empathie, die braucht man als Personalerin. Denn genau wie in einer Familie, steht auch im Familienunternehmen der Mensch im Mittelpunkt. „Das macht ja ein Familienunternehmen aus, dass die Mitarbeiter nicht nur eine Nummer sind“, sagt Keller. Sie ist sich ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern bewusst, möchte ihnen Sicherheit geben und ein regelmäßiges Einkommen. Die Menschen sind schließlich das, was ihre Arbeit ausmacht. Wie in einer Familie eben. Susanne Ehmann
Keller Blechtechnik
Das Endinger Unternehmen begann 1901 als Hufbeschlagschmiede. Das Unternehmen geht seit damals mit der Zeit und es wuchs. Im Laufe der Jahre kamen die Landtechnik und der klassische Metallbau hinzu, mit der vierten Generation dann der ausschließliche Fokus auf die industrielle Fertigung. Der Erfolg bestätigte diese Entscheidung: Weil der Platz am alten Standort knapp wurde, folgte 2022 der Umzug auf die heutigen12 000 Quadratmeter Firmengelände im Endinger Industriegebiet. Dort fertigen die etwa 75 Mitarbeiter Baugruppen aus Blech und Rohr für die verschiedensten Branchen.