Lukas und Thomas Schuwald haben von ihrem Vater die Geschäftsführung der Ökostromgruppe Freiburg übernommen. Geklappt hat die Unternehmensnachfolge, weil sie gut eingerahmt war: mit viel Vertrauen, ohne Druck und in einer boomenden Branche.
Wasserkraftwerke kennen Lukas und Thomas Schuwald, seit sie fünf Jahre alt sind. Mit sieben haben die Zwillingsbrüder auf einer Windkraftbaustelle das erste Mal die riesige Kette eines Raupenkrans gesehen, die damals noch größer war als sie. Das Thema erneuerbare Energien prägte ihr Erwachsenwerden. So ist das wohl, wenn man einen Vater wie Andreas Markowsky hat, der die Ökostromgruppe gegründet hat. Die Freiburger Firma baut und betreibt Windenergie-, Wasserkraft- und Photovoltaikanlagen. Nachdem Markowsky sich 40 Jahre lang für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt hat, hat er vor etwa zwei Jahren begonnen, sich aus der Geschäftsführung seiner Firma zurückzuziehen. Seine Söhne Lukas und Thomas Schuwald haben übernommen.
Ein Weg wie vorgezeichnet, so scheint es. Überhaupt nicht, sagen die Zwillinge, deren Mutter sich beim Thema Nachname durchgesetzt hat und die noch zwei ältere Brüder haben. Es sei lange nicht klar gewesen, ob die Firma überhaupt in der Familie bleibt und wenn ja, wer sie übernimmt, erzählen die heute 28-Jährigen im Besprechungsraum der Ökostromgruppe im Freiburger Stadtteil Wiehre. „Unserem Vater war es immer wichtig, dass wir völlig frei entscheiden können“, sagt Lukas Schuwald.
Die Brüder studierten, aber nichts mit erneuerbaren Energien. Thomas entschied sich für Wirtschaft, Lukas für Geschichte und BWL. Sie sammelten Erfahrungen in anderen Unternehmen. Als die Frage nach der Nachfolge dann konkret wurde und sie ja sagten, sei das ohne Druck geschehen. „Anders geht es nicht“, betont Lukas Schuwald. „Die Motivation, den Betrieb übernehmen zu wollen, muss von Innen kommen. Mit Druck funktioniert es langfristig nicht.“
2022 wurden die Brüder Teil der Geschäftsführung der Ökostromgruppe. Sie bekamen mehr und mehr Verantwortung, eigene Projekte, kommunizierten die Nachfolge nach außen. Ein fließender Übergang, der noch nicht ganz abgeschlossen ist, aber so gut wie. Inzwischen sind sie die geschäftsführenden Gesellschafter. Der Vater hat sich weitgehend zurückgezogen.
„Wahnsinnig gut und harmonisch“ sei der Übergang verlaufen, sagen die Brüder. Ihr Vater berate sie noch – wenn nötig. „Von seiner Seite aus ist das Vertrauen da, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen. Und dass wir seinen Rat suchen, wenn wir unsicher sind.“ Dass sie die Nachfolge zu zweit angetreten haben? Ein Vorteil, sagen die Jungunternehmer. Nicht umsonst hätten viele Unternehmen eine Doppelspitze. „Man kann Bereiche besser abbilden beziehungsweise Rollen klar verteilen.“ So kümmert sich bei ihnen Lukas um die Projektentwicklung, Thomas um kaufmännische Themen. Seit sie am Ruder sind, sei das Unternehmen außerdem jünger geworden, die Firmenkultur habe sich verändert, hin zu weniger Hierarchie. Bei der Digitalisierung etwa haben die Brüder „noch eine Schippe draufgelegt“.
Dass eine Nachfolge so gut funktioniert, ist keine Selbstverständlichkeit. Immer mehr Unternehmer hierzulande finden niemanden, der als Nachfolger geeignet wäre. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in ihrem aktuellen Report Unternehmensnachfolge. Demnach überlegen derzeit 28 Prozent der Senior-Chefs, ihr Unternehmen wegen des scheiternden Generationswechsels zu schließen. Im Vorjahr waren es
25 Prozent. Hochgerechnet stehen deswegen in den nächsten fünf Jahren mehr als 250.000 Unternehmen vor dem Aus, schreibt die DIHK. Das Thema Nachfolge ist „ein wichtiger Faktor für die Stabilität und das Wachstum unserer Wirtschaft in der Region“, sagte kürzlich auch Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, im Interview mit der Wirtschaft im Südwesten. „Am Ende des Tages geht es nicht nur um das Unternehmen, sondern auch um die vielen Arbeitsplätze.“
Ein Großteil der Unternehmen findet gar nicht erst jemanden, der den Betrieb übernehmen möchte. Doch immer wieder scheitern auch angebahnte Nachfolgen. Eine der größten Herausforderungen bei einer Betriebsübernahme sei das Loslassen seitens der älteren Generation, sagen auch die Schuwald-Brüder. Es sei verständlicherweise nicht einfach, das Lebenswerk abzugeben und noch dazu von der Position als Geschäftsführer im Rampenlicht als Privatperson in den Ruhestand zu wechseln, sagt Thomas Schuwald. Da helfe es, das Thema Nachfolge rechtzeitig zu platzieren und sich abzustimmen, so dass sich beide Seiten drauf vorbereiten können, „und auf die Fähigkeiten der nachfolgenden Generation zu vertrauen“, ergänzt sein Bruder.
Was den Brüdern den Start aber auch erleichtert hat: Sie sind in eine boomende Branche eingestiegen. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Und das spürt auch die Ökostromgruppe. Deren Mitarbeiterzahl hat sich in den vergangenen zwei Jahren auf 16 verdoppelt und die Umsatzzahlen steigen stetig, in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt jährlich um einen zweistelligen Prozentbetrag. Aktuell verzeichnet das Unternehmen einen Jahresumsatz im zweistelligen Millionenbereich; pro Jahr erzeugen die Anlagen rund 100 Millionen Kilowattstunden Strom. Mit ihren Anlagen spart die Ökostromgruppe jährlich rund 100.000 Tonnen CO2. Und es soll mehr werden. In den kommenden Jahren werde die Firma so viele Windkraftanlagen bauen wie in den vergangenen 30 Jahren nicht, sagen die Brüder. Baden-Württemberg habe noch einiges Potenzial. Susanne Ehmann