
Schramberg. Farbenfrohe handbemalte Teller, Tassen und andere Keramikartikel fertigten die Mitarbeiter der Schramberger Majolika Fabrik– auch SMF genannt – knapp 170 Jahre lang. Weltweit waren sie in Esszimmern in Gebrauch und sind es zum Teil immer noch. Im Firmengebäude an der Schiltach zeugen heute bunte Fliesen davon. 1989 wurde die Produktion eingestellt. Im Jahr darauf eröffneten die Geschwister Annette und Michael Melvin in den Räumen einen Gewerbepark und sicherten damit den Fortbestand des Familienunternehmens – wenn auch in anderer Form. Als Schramberger Majolika Fabrik Beteiligungs-GmbH firmiert es nach wie vor und feiert dieses Jahr das 200-jährige Bestehen. Mit zwei Chroniken wird an die Geschichte der Majolikafabrik erinnert. Außerdem wird am 19. und 20. Juli ein Jubiläumswochenende veranstaltet, unter anderem mit dem 1. Schwarzwälder Keramikmarkt, an dem Töpfer aus ganz Süddeutschland teilnehmen werden.
In der Majolikafabrik waren im Schnitt rund 400 Mitarbeiter beschäftigt. Gründer war Isidor Faisst, der das Unternehmen an Villeroy und Boch verkaufte. Als diese das Werk stilllegen wollten, stieg 1912 Moritz Meyer ein. Später erwarb er auch das Gebäude, das dem Land gehört hatte. In den 1950er-Jahren folgte an der Firmenspitze auf Moritz Meyer dessen Sohn Peter Meyer-Melvin. Dessen Kinder wiederum, die beiden heutigen Geschäftsführer, übernahmen das Unternehmen im Jahr 1984. „Wir haben in der Produktion keine Chancen mehr gesehen“, sagt Michael Melvin. Angesichts hoher Personal- und Energiekosten habe man mit der Billigkonkurrenz aus dem Ausland nicht mithalten können. Vor allem, als Ende der 1980er-Jahre die Zölle auf Keramik und Porzellan aus China aufgehoben worden seien. Der gesamten deutschen Keramikindustrie sei es so ergangen, ähnlich wie auch der Schuh- und Textilindustrie.

Die Geschwister Melvin liquidierten das Unternehmen und eröffneten in dem Gebäude vor 30 Jahren den Schramberger Majolika Firmenpark. Das Unternehmen selbst, die Schramberger Majolika Fabrik Beteiligungs-GmbH, beschäftigt heute vier Mitarbeiter und setzt rund eine Million Euro im Jahr um – allesamt Einnahmen aus den Vermietungen. 70 gewerbliche Mieter, die zusammen rund 220 Mitarbeiter beschäftigen, belegen die ehemaligen Industrieflächen. Rund 85 Prozent der 20.000 Quadratmeter sind vermietet. Unter anderem an die Café Bar Majolika, das Bettenhaus Alesi oder die Firma BMS Präzisionsstanztechnik. Auch ein kleines Unternehmen von Michael und Annette Melvin mit vier weiteren Mitarbeitern ist hier ansässig: die Melvin Motorradtechnik GmbH, die Bremsleitungen und anderes Zubehör für Motorräder produziert.
mae