Donald Trump regiert wieder die USA – und die Wirtschaft im Südwesten bleibt gelassen. So kritisch man zu drohenden Zöllen auch steht, überwiegend optimistisch sieht man die eigenen Chancen im Geschäft mit Deutschlands größtem Handelspartner.
Vier Buchstaben, eine Botschaft und viele Interpretationen: MAGA. Mit der Kampagne „Make America Great Again“ ist Donald Trump erneut zum Präsidenten der größten Volkswirtschaft der Welt gewählt worden. Welche Gesetze er für dieses Ziel schaffen wird: noch unklar. Handelsbeschränkungen und Einfuhrzölle dürften aber eine Rolle spielen. Unternehmen im Südwesten werden davon betroffen sein – aber sie geben sich optimistisch.
Joachim Maier ist Geschäftsführer der WEFA Inotec in Singen. Das familiengeführte Unternehmen produziert Strangpresswerkzeuge für die Automobilindustrie und hat seit 2009 eine Fertigung in Michigan. „Dort produzieren wir Formen für den nordamerikanischen Markt“, sagt Maier. Nicht alle Produktionsschritte finden jedoch in den USA statt, so dass regelmäßig Waren in beide Richtungen per Luftfracht über den Atlantik fliegen. Zölle könnten dann schon ein Problem sein. Sollten es zehn Prozent werden, wie angekündigt, sei das verkraftbar. „Aber wenn es 50 oder 60 Prozent sind, wie es gegenüber Einfuhren aus China angedroht wird, wird das schwierig.“ Doch der Geschäftsführer gibt sich gelassen, zumal die WEFA-Dependance in den USA ein US-Unternehmen ist: „Wie das gehandhabt wird und welche Warengruppen betroffen sind, muss man schauen. Wir sind schließlich nicht das einzige Unternehmen, das mit solchen Warensendungen operiert.“
Die US-amerikanische Industrie durch Restriktionen zu schützen und zu fördern, ist nicht neu, sagt Joachim Maier und erinnert an den „Buy American Act“ unter Joe Biden 2022. Dieser sieht für das Bundesbeschaffungswesen vor, dass für kritische Komponenten und Lieferketten Produkte aus dem Inland bevorzugt werden – unabhängig von eventuell höheren Preisen. Bis 2029 soll der Anteil „US-amerikanischer Produkte“ auf
75 Prozent steigen.
Gift für unsere Wirtschaft?
Dass Protektionismus in den USA schon länger eine Renaissance erlebt, bestätigt auch Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein und warnt: Dieser „amerikanische Zeitgeist ist Gift für unsere Wirtschaft.“ Schon unter Biden sei versucht worden, Arbeitsplätze aus dem Ausland in die Staaten zu holen. Salomons Befürchtung: „Trumps Zollpolitik wird diesen Abwanderungsdruck verstärken.“
„Wir können uns anpassen“
„Auch wenn Kamala Harris Präsidentin der Vereinigten Staaten geworden wäre, hätten wir uns in Europa und in Deutschland auf weitere Unabhängigkeitsbestrebungen der USA einstellen müssen“, sagt dagegen Harald Marquardt, Vizepräsident der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg und Vorstandschef der Marquardt Gruppe aus Rietheim-Weilheim (bei Tuttlingen).
Marquardt ist mit zwei Standorten in den USA: in Michigan und im Bundesstaat New York. Dort werden mechatronische Lösungen für die Automobilindustrie entwickelt und gefertigt. Und er sagt: „Für unser Unternehmen war die erste Amtszeit von Donald Trump, abgesehen von wenigen Überraschungen, nicht von Nachteil.“ Dennoch gelte: „Sollte der künftige amerikanische Präsident neue Restriktionen wie höhere Zölle durchsetzen, müssten und könnten wir damit umgehen. Denn wir als Marquardt haben den Vorteil, dass wir in allen Regionen vertreten sind: in Europa, Amerika, Asien. Wir können unsere Aktivitäten entsprechend anpassen.“
Selbstbewusst äußert sich auch Katrin Klodt-Bußmann, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee. Die Wirtschaft im Südwesten habe sich seit der ersten Amtsperiode von Donald Trump „sehr gut auf veränderte US-Rahmenbedingungen eingestellt, teilweise auch durch lokale Produktionseinheiten“. Ihre Hoffnung: „Eine Stärkung der US-Wirtschaft dürfte sich tendenziell positiv auf die Exportlage der Unternehmen in unseren Regionen auswirken.“ Auf alle Eventualitäten könne man sich nicht vorbereiten, weiß sie: Doch trotz allem bieten die genannten Erfahrungen „eine gewisse Grundlage für Zuversicht“.
Kritischer sieht das Bernd Seemann. Er leitet den Außenwirtschaftsausschuss der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg seit sechs und den Arbeitskreis Zoll seit 16 Jahren: „Ein bisschen Bauchgrummeln habe ich schon.“ Dabei denkt er vor allem an Unternehmen aus den Branchen Maschinenbau und Automotive, die von Zöllen besonders betroffen wären, wenn sie nicht selbst in den USA mit Produktionsstätten vertreten sind. Ein weiterer Punkt, der ihm Sorge bereitet: „Wenn die chinesische Wirtschaft mit extrem hohen Zöllen belegt wird, könnte es sein, dass diese Produkte nicht in die USA exportiert werden, sondern auf den europäischen Markt kommen und diesen überschwemmen.“
Airbus und die Daumenschrauben
Wie konkret Zölle auf den Markt und einzelne Unternehmen wirken, weiß Wilhelm Hahn nur zu gut. Der Geschäftsführer der Wiha Werkzeuge GmbH musste während der ersten Amtszeit von Donald Trump Zölle auf deutsche Zangen und Schraubwerkzeuge verkraften – eine Reaktion der USA auf Exportsubventionen der EU für Airbus. In den Staaten unterhält Wiha einen Vertriebsstandort samt Lager mit 80 Mitarbeitern für Logistik, Vertrieb und Marketing. Auch deshalb hat man sich in Schonach schon weit vor der Wahl zusammengesetzt, um Szenarien zu entwickeln, verrät er: „Jeder Prozentpunkt mehr bei den Einfuhrzöllen wirkt sich auf unser Ergebnis aus. Das hat mittelfristig auch Einfluss auf Investitionsentscheidungen.“ Anderen Unternehmen gehe es da nicht anders, ist er sich sicher: Deshalb sind Protektionismus und Subventionen aus Sicht von Wilhelm Hahn generell nicht das richtige Mittel für eine gute Wirtschaftspolitik.
Unter der Maxime „local for local“ produziert die Duravit AG ihre Produkte wo es geht in der jeweiligen Region oder direkt im Land. In den USA ist der Sanitärkeramikhersteller aus Hornberg mit einem Lager in Duluth sowie einer Vertriebs- und Marketingeinheit in Atlanta vertreten – und baut sein Engagement in Nordamerika weiter aus. Aktuell baut Duravit in Kanada ein Werk, das klimaneutral betrieben sein wird, sagt CEO Stephan Tahy: „Zum Einsatz kommen Elektroöfen, die durch Windkraft gespeist werden.“ Für Duravit ändere die Wahl Trumps nichts. „Wir sehen weiterhin großes Potenzial in den USA, wo wir mit unserer Markenstrategie und den Schwerpunkten Design, Excellence, Wellbeing und Responsibility eine führende Rolle anstreben.“
Hoffen auf Beständigkeit
Potenzial in den USA sieht auch der Vorstandsvorsitzende der Sick AG aus Waldkirch, Mats Gökstorp. Er setzt darauf, dass die guten Handelsbeziehungen Bestand haben: „Für Sick ist Nordamerika ein wichtiger Wachstumsmarkt, wo wir mit eigenen Produktions- und Entwicklungszentren an mehreren Standorten vertreten sind.“ Einer davon ist im US-Bundesstaat Minnesota, dazu gibt es mehrere Vertriebsbüros. „Wir hoffen, dass die verlässlichen, partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA auch nach der US-Wahl fortgeführt werden.“
„Im schlimmsten Fall gibt es eine Beule“
Auch Hannes Gerriets befürchtet für sein Unternehmen durch die Wahl von Donald Trump keine allzu großen Probleme. Dafür ist das Portfolio des Experten für Bühnentechnik und -bedarf in einigen Bereich zu exklusiv – etwa wenn es um große Vorhänge oder Leinwände geht. Für das Abnehmen oder Konfektionieren von überdimensionierten Textilien brauche es spezielle Maschinen, „die heute nicht mehr hergestellt werden, und damit in gewisser Weise einzigartig sind“. Bei der Gerriets GmbH aus Umkirch bei Freiburg sind sie noch im Einsatz – auch für den Gerriets-Standort in den USA. 1980 wurde in Allentown (New Jersey) die erste Tochtergesellschaft des Familienunternehmens gegründet. „Wir besetzen eine Nische, an der viele Theater oder Veranstaltungshäuser nicht vorbeikommen“, ist Hannes Gerriets überzeugt. Höhere Zölle würden also in erster Linie dazu führen, dass Opernhäuser, Theater oder Bühnen tiefer in die Tasche greifen müssen, wenn sie ihren Schnürboden, den Vorhang oder andere Bühnentechnik erneuern wollen. Anders könnte es im Bereich Büroausstattung sein. Da ist Gerriets mit lärmdämmenden Stoffen und Systemen aktiv. „Im schlimmsten Fall gibt es eine Beule im Geschäft, aber mehr auch nicht.“
Eine eigene Antwort finden
Der Architekt und Projektentwickler Jürgen Grossmann, geschäftsführender Gesellschafter der Grossmann Group aus Kehl, verbindet mit der Wahl Donald Trumps dagegen eine Aufforderung. Denn so sehr man sich über dessen Stil auch echauffieren möge: „Er gibt seinen Wählern das Gefühl, dass sich mit ihm etwas bewegt – und er schafft Aufbruchstimmung.“ Daher war dessen Wahlsieg auch keine Überraschung für den Unternehmer. Und eine Aufbruchstimmung, ähnlich wie sie der Republikaner initiiert, wünscht sich Grossmann auch hierzulande: „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir auf ‚Make America Great Again‘ eine Antwort finden würden nach dem Motto: Mach Deutschland wieder stark, zuversichtlich und optimistisch!“ Patrick Merck