Breite Türen, keine unnötigen Treppenabsätze, Schrägen statt Stufen: Barrierefreiheit ist bisher vor allem durch die Gestaltung unserer Umgebung sichtbar. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sollen nun auch Webseiten von Unternehmen offener für alle werden.

Stichtag ist der 28. Juni 2025: Dann greift die Verordnung über die Anforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem BFSG. Betroffen sind Webseiten, die „Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher bereitstellen oder Informationen dazu anbieten“, erläutert Katarina Dujmovic von Matoma in Trossingen. Und dieser Stichtag erfordere, dass Betriebe jetzt bestehende Lücken schließen. B2B-Angebote, die sich ausschließlich an Unternehmen richten, sowie Kleinstunternehmen, seien vom BFSG dagegen weitgehend ausgenommen.
Leicht lesbar und einfach zu bedienen?
Barrierefreiheit im Internet hat viele Stellschrauben. Definiert werden sie unter anderem in internationalen Standards wie den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), erläutert Timo Wiedemann, Gründer und Chef von Digalo in Freiburg. Zu den Faktoren zählen gute Lesbarkeit, einfache Navigation und verständliche Interaktionsmöglichkeiten. Erreicht wird eine gute Lesbarkeit etwa durch eine klare Schrift, starke Kontraste und die Möglichkeit, die Schriftgröße zu ändern, erläutert Jennifer Wohlhüter, Geschäftsführerin der Agentur Medienlove in Stockach. Auch sollten Fotos sinnvoll beschriftet sein, damit sie beim automatisierten Vorlesen nicht wie Fremdkörper daherkommen.
„Barrierefreiheit ist mehr als eine gesetzliche Vorgabe – es ist eine Einladung an alle, digitale Angebote zu nutzen“, sagt Wiedemann. Das BFSG markiere einen Meilenstein in der digitalen Inklusion und biete neue Chancen: „Barrierefreiheit verbessert die User-Experience ganz allgemein: Schnellere Ladezeiten, klare Navigation und responsive Designs sprechen alle Nutzer an.“ Und das sei nicht nur für Menschen mit Seh-, Hör- oder motorischen Einschränkungen eine gute Sache.
Wachstumsmotor und Aufgabe
Das BFSG komme vielen Unternehmen zugute und sei „gerade für spezialisierte Agenturen“ ein Wachstumsmotor, findet Wiedemann: „Die Nachfrage ist groß und wird weiter steigen.“ Denn es ist eine komplexe Aufgabe, Internetauftritte barrierefrei zu gestalten. Zumal sich nicht pauschal sagen lasse, ob eine bestehende Webseite optimiert werden kann, weiß Jennifer Wohlhüter und rät: „In einem solchen Fall sollte der Aufwand für eine Optimierung dem einer Neuumsetzung unter Einhaltung der Richtlinien gegenübergestellt werden.“
„Die Kosten für eine Umstellung auf Barrierefreiheit auf Agenturseite setzen sich aus Software-Tools sowie Beratung und Umsetzung zusammen“, beschreibt es Katarina Dujmovic und nennt Zahlen: „Mit etwa 2.000 bis 3.000 Euro, darin enthalten sind einmalige und jährliche Lizenzkosten, kann eine einfache Unternehmenswebsite im Idealfall barrierefrei gestaltet werden.“ Dazu kommen die Arbeiten, die ein Unternehmen selbst übernimmt – wie etwa die Beschreibung von Grafiken und Bildern. Und: Die Betonung liegt auf „im Idealfall“. Denn maßgeblich sind der Stand der Technik, das Content-Management-System, die Zahl der Seiten und die hinterlegten Services der jeweiligen Website. Patrick Merck