Der Fiskus darf bei säumigen Steuerzahlern Zuschläge in Höhe von einem Prozent pro Monat erheben. Den Zinssatz von bis zu zwölf Prozent jährlich für Säumniszuschläge hat der Bundesfinanzhof (BFH) bekräftigt.
Es klingt viel, es ist viel, aber es geht höchstrichterlich in Ordnung: Die Finanzbehörden dürfen Säumniszuschläge von einem Prozent pro Monat ansetzen – unbenommen dessen, dass der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen längst niedriger festgelegt wurde. Das hat der BFH vor einiger Zeit bestätigt.
Die Vorgeschichte: Im Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§§ 233a, 238 Abgabenordnung (AO)) von 0,5 Prozent pro Monat beziehungsweise sechs Prozent pro Jahr aufgrund des niedrigen Zinsniveaus nicht verfassungsgemäß ist. Der Zinssatz für vorgenannte Zinsen wurde durch den Gesetzgeber auf 1,8 Prozent pro Jahr gesenkt und wird alle zwei Jahre überprüft. Die Anpassung des Zinssatzes ist bisher jedoch weder für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen noch für Säumniszuschläge erfolgt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 15. November 2022 (VII R 55/20) den Zinssatz von möglichen zwölf Prozent für Säumniszuschläge sogar bekräftigt.
Erzieherische Wirkung beabsichtigt
Säumniszuschläge entstehen, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird. Je angefangenem Monat beträgt der Zuschlag ein Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrages, so dass übers Jahr zwölf Prozent des Rückstandes auflaufen können. Nach § 240 AO fällt der Säumniszuschlag auch dann an, wenn die Steuer nicht zutreffend festgesetzt wird und auch wenn die Festsetzung der Steuer später aufgehoben oder geändert wird. Die Fälligkeit der Steuerzahlung kann durch Stundung oder Aussetzung der Vollziehung hinausgeschoben werden.
In seinem Urteil weist der BFH darauf hin, dass sich Säumniszuschläge nach § 240 AO nicht mit der Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen nach §§ 233a, 238 AO vergleichen lassen. Bei Steuerzahlern, die Erstattungs- oder Nachzahlungszinsen zahlen, stellen die Zinsen einen Ausgleich für die Kapitalnutzung dar. Säumniszuschläge hingegen seien vielmehr eine Art Druckmittel und Ausgleich für den Verwaltungsaufwand. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach § 3 Grundgesetz (GG) liege ebenfalls nicht vor.
Versäumnis ist nicht gleich Versäumnis
Der Praxistipp: Kann ein Steuerzahler seinen Steuerverpflichtungen zum Beispiel aufgrund plötzlicher Erkrankung, Zahlungsunfähigkeit, offensichtlichem Versehen bei ansonsten pünktlicher Zahlung nicht rechtzeitig nachkommen, ist die Erhebung von Säumniszuschlägen sachlich unbillig. Diese können nach § 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden. Steuerpflichtige, die gegen einen festgesetzten Säumniszuschlag dem Grunde und der Höhe nach vorgehen wollen, können gegen den Abrechnungsbescheid nach § 218 AO Einspruch einlegen.
Ausblick: Ein weiteres Revisionsverfahren zur Fassungswidrigkeit von nach dem 31. Dezember 2018 entstandenen Säumniszuschlägen ist beim BFH noch anhängig (X R 30/21). Das Finanzgericht Düsseldorf als Vorinstanz hat verfassungsrechtliche Bedenken verneint. Der X. Senat des BFH kann sich nun der Rechtsprechung des VII. Senats des BFH anschließen und den Zinssatz von zwölf Prozent pro Jahr bestätigen oder das Verfahren mit Verweis auf das Grundgesetz aussetzen und die Sache dem BVerfG vorlegen. Die Entscheidung ist noch offen.
Text: Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
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