Über das gern genutzte IHK-Programm können sich Unternehmen und Mitarbeiter berufliche Kompetenzen zertifizieren lassen.

Der Unterschied ist fein und zugleich größer als vermutet: Da gibt es den erlernten Beruf – und es gibt den ausgeübten. Knapp 50 Prozent der Menschen in Deutschland arbeiten in einem Beruf, den sie nicht gelernt haben. Und dann gibt es da auch noch jene, die arbeiten wie eine Fachkraft – ohne (auf dem Papier) eine zu sein. Sie sind aber durchaus Teil der Lösung für den Fachkräftemangel.
Einer von ihnen ist Nico Morozov. Der 38-Jährige ist Mitarbeiter in der Logistik bei der Kasto Maschinenbau GmbH & Co. KG in Achern. Nico Morozov hat zwar keine Berufsausbildung absolviert – dafür war er inspiriert. Und zwar von einem Kollegen, der den gleichen Status hatte wie er und der sich über das IHK-Programm ValiKom Transfer (siehe Kasten) bereits 2021 validieren ließ. Konkret bedeutet dies: In einem standardisierten Verfahren werden beruflich relevante Kompetenzen einer Person identifiziert, dokumentiert, bewertet und zertifiziert. Referenz sind die deutschen Ausbildungsabschlüsse. Heute haben beide Männer von der IHK ein Zertifikat über die Gleichwertigkeit ihrer beruflichen Kompetenzen im Beruf „Fachkraft für Lagerlogistik“. Sie arbeiten damit nicht nur wie die „gelernten“ Kollegen, sie sind ihnen auch gleichgestellt. Übrigens reichen das Büffeln und Talent allein nicht. Wer sich validieren lassen möchte, muss mindestens die 1,5-fache Zeit im Beruf gearbeitet haben, wie die entsprechende Ausbildung dauert – und zwar in Vollzeit.
„Wir finden nur sehr schwer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sehen ValiKom als hilfreiches Instrument zur Motivation und als Möglichkeit, bisherige eigene Ressourcen besser zu nutzen“, resümiert Valerie Schneider-Lang. Die Logistikleiterin bei Kasto hat sich bei Nico Morozov wie bei seinem Kollegen zuvor deshalb auch selbst engagiert: „Wir sind gemeinsam die Fragen für den theoretischen Teil durchgegangen. Trotzdem benötigen die ValiKom-Teilnehmer viel Selbstdisziplin und auch Zeit“.

Der Aufwand wird laut Patrick Bareiter, bei der IHK Südlicher Oberrhein Referent für ValiKom Transfer, honoriert durch die offizielle Anerkennung der eigenen Fähigkeiten. „Damit können die Teilnehmenden beruflich durchstarten. Die Menschen machen ihr Potenzial aber nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch für sich selbst sichtbar“.
Genau dies war auch für Juliano Wagner wichtig. Der 40-jährige Brasilianer arbeitete als angelernte Kraft im Hotel Kesslermühle in Hinterzarten. „Der geborene Gastgeber“, beschreibt ihn Inhaberin Claudia Meisinger. Angefangen hatte Juliano Wagner als Küchenhilfe und Springer in einem anderen Betrieb im Schwarzwälder Luftkurort. Claudia Meisinger stellte ihn ein und betraute ihn mit den Aufgaben eines Restaurantfachmanns: „Der Titel hat ihm gefehlt. Was er sofort gewonnen hatte, waren die Herzen der Gäste und auch die seiner Kollegen“.
Juliano Wagner arbeitete fünf Jahre in der Kesslermühle, bevor er an ValiKom teilnahm. Ein Programm, das Claudia Meisinger als „absolut hilfreich“ ansieht. „Wir selbst haben zwar keine Personalnot, aber die Hotellerie und Gastronomie lebt in hohem Maße von Quereinsteigern, für die das eine riesige Chance bedeutet. Diese kommen häufig aus dem Ausland und können eine Ausbildung aufgrund ihrer finanziellen Bedürfnisse nicht in ihre Lebenssituation integrieren. ValiKom ist für solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie geschaffen.“
Text: dg
Bilder: Patrick Bareiter
ValiKom-Transfer
ValiKom Transfer bietet bundesweit als Verbundprojekt der Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie Landwirtschaftskammern ein Validierungsverfahren für duale Berufe. Insgesamt wurden bereits mehr als 1.200 Validierungen durchgeführt – 61 davon bei der IHK Südlicher Oberrhein, die damit Platz 4 belegt. Das Projekt läuft noch bis Oktober 2024 und ist für die Teilnehmenden und die Betriebe kostenfrei.
Mehr zu ValiKom: www.suedlicher-oberrhein.ihk.de ( 4428838)
und bei Patrick Bareiter
Telefon: 0761 3858 167
Mail: patrick.bareiter@freiburg.ihk.de