
Ein ruhiger Montagvormittag im Juli im Freiburger Stadtteil Beurbarung, nur beim Café an der Ecke Komtur-/Eichstetter Straße geht es munter-trubelig zu. Fast alle Tische auf der Terrasse und im Innenraum sind besetzt. Eltern mit kleinen Kindern und Babys, Großeltern, Studierende und Touristen haben sich zum Frühstück oder Kaffee getroffen. Mittendrin wuselt eine zierliche, fröhliche Mittdreißigerin mit freundlichen braunen Augen. „Es läuft wieder“, sagt Katrin Geisthövel. „Fast hundert Prozent der Gäste sind zurück.“ Nach bangen Coronawochen kann sie aufatmen. Dazu hat auch die IHK beigetragen.
Seit Juli 2015 betreibt Geisthövel ihr Café „Liebes Bisschen“. Es ist ein Herzensprojekt, das vieles, was ihr wichtig ist, vereint: regionale Lebensmittel, sorgfältig zubereitete Speisen, internationale Einflüsse, ein vielseitiges Angebot für jede und jeden. „Lecker, schmecker, Weltentdecker“ lautet das passende Motto. In der ihr eigenen Gründlichkeit hatte Geisthövel ihre Selbstständigkeit vorbereitet: drei Jahre nach dem richtigen Laden gesucht, ihren Businessplan ausgearbeitet und Praktika gemacht, um fehlende Fähigkeiten, vor allem in der Küche, zu erlangen. Die hellen, liebevoll eingerichteten Räume tragen ihre Handschrift. Der Verpächter, das Siedlungswerk, hatte sie mitplanen und -gestalten lassen.
Geisthövel stammt aus Vörstetten nahe Freiburg, hat in Italien, wo sie fast zwei Jahre lebte, ihre Liebe zum Kaffee entdeckt. Während des Studiums (Tourismus- und Eventmanagement) reiste sie viel und jobbte in der Gastronomie. Fast acht Jahre arbeitete sie bei Starbucks, leitete einige Filialen, während die Idee eines eigenes Cafés in ihr reifte. Anfangs hat sie alles selbst gemacht: hinten gekocht, vorne bedient. Wenn ihr die Energie auszugehen drohte, erinnerte sie ein selbst gemaltes Schild zuhause: „Katrin, es dauert drei bis fünf Jahre.“ Und so war es. Die Zahlen wurde besser, das Team wuchs auf ein gutes Dutzend (davon vier Vollzeitkräfte), und sie konnte auch mal freinehmen. Dann kam Corona.
Ab März sanken die Gästezahlen und die Einnahmen, obwohl Geisthövel früh mit verschärften Hygieneregeln versucht hatte gegenzusteuern. Auch ihren Lieferdienst bereitete sie schon vor dem Lockdown vor, verschickte E-Mails an die Uniklinik, Energieversorger und andere Unternehmen, um dafür zu werben. Dennoch bereitete ihr die Krise Existenzängste. Sie bangte um ihr Team, gesundheitlich und finanziell, beantragte Kurzarbeit und wandte sich an die Hotline der IHK wegen Soforthilfe. „Da war ich fertig“, berichtet Katrin Geisthövel. „Die IHK-Mitarbeiterin war sehr lieb und hat mich beruhigt. Wenn die am Telefon nicht so reagiert hätte, wüsste ich nicht, was mit mir passiert wäre.“ Der Zuspruch von IHK-Referentin Christiane Möller und die Gewissheit der staatlichen Hilfe gaben Geisthövel eine derartige Energie, die für große Teile ihres Teams und etliche Zulieferer reichte. Ihr Lieferdienst weitete sich aus, stetig orderte die Uniklinik mehr. Zwischen April und Mai versorgte das Liebes Bisschen das medizinische Personal der bis zu 19 Covid-Stationen mit täglich bis zu 300 Portionen. „Dazu gehörte auch viel Mut meiner Mitarbeiter, Freunde und mir, die wir das Essen lieferten und die leeren Gläschen wieder abholten“, betont Geisthövel. Mit ihrem Engagement bescherte sie auch ihren Lieferanten ein bisschen Umsatz. „Etwas für andere in einer allgemeinen Krise tun zu können, hat mir viel Motivation gegeben“, erzählt sie. Umgekehrt hätten ihr viele Menschen geholfen, beispielsweise Klopapier gespendet oder Essen bestellt. Uniklinikmitarbeiter schickten dankbare Nachrichten. Mit dem Mai endete der Lieferdienst, seit Juni hat das Liebes Bisschen wieder geöffnet, alle Mitarbeiter sind zurück.
Und nun? Katrin Geisthövel sorgt sich nicht vor einer zweiten Welle. „Die Krise hat mich wachgerüttelt und mir so viel positive Energie gegeben, dass ich keine Angst mehr habe.“ Noch etwas anderes nimmt sie mit: Den Lieferdienst bietet sie jetzt als Catering an. Zwei Aufträge für Hochzeiten hat sie schon abgewickelt.
kat