Französische Grenzpendler sind für den Wirtschaftsraum am südlichen Oberrhein von enormer Bedeutung. Gerade die Grenzschließungen im Frühjahr hatten dies zuletzt sehr deutlich gemacht. Die IHK Südlicher Oberrhein hat nun die Entwicklung der Fachkräfte aus Frankreich in einer Studie neu untersucht und vier zentrale Handlungsfelder identifiziert.
Nachdem zum Beginn der 2000er-Jahre die Zahl der französischen Grenzpendler am südlichen Oberrhein stetig abgenommen hatte, steigt sie seit 2013 wieder an. „Mit 12.094 Grenzpendlern im Jahr 2017 gibt es immerhin einen Gesamtzuwachs von 9,4 Prozent in vier Jahren“, berichtete Norbert Uphues, Referent für Verkehr, Konjunktur, Statistik bei der IHK Südlicher Oberrhein, bei einem Pressegespräch Ende Oktober in Offenburg.
Räumlich machte der Experte einige Schwerpunkte bei den Zielgebieten der Grenzpendler aus. Über die grenznahen Gemeinden hinaus sei dies die Ortenau. Uphues: „Hier gibt es gleich 14 Gemeinden, die 100 oder mehr Grenzpendlern einen Arbeitsplatz bieten.“ Spitzenreiter im gesamten Kammerbezirk ist Kehl; 2.620 Arbeitnehmer kamen hier 2017 aus Frankreich, was einem Anteil von 12,5 Prozent entspricht. Prozentual gesehen sind mit 17,5 Prozent Anteil nur in Rust mehr Grenzpendler beschäftigt.
Wie auch bei den deutschen Fachkräften spielt der demografische Wandel bei den französischen Grenzpendlern ebenfalls eine große Rolle. So hat sich der Anteil der über 44-Jährigen bei den Pendlern im Zeitraum von 2010 bis 2015 von 45 Prozent auf 57 Prozent erhöht. Hoffnung bei der Entwicklung der Altersstruktur macht Uphues, dass der Anteil der unter 25-Jährigen in dieser Zeit von drei auf fünf Prozent gestiegen ist. „Das Arbeiten beim Nachbarn wird also wieder attraktiver.“
Um diese Attraktivität weiter zu steigern, sieht die IHK Südlicher Oberrhein Handlungsbedarf in vier zentralen Bereichen. Diese stellte IHK-Vizepräsident Andreas Truttenbach vor. „Es gab bereits viele Erfolge im Zusammenwachsen der Trinationalen Metropolregion Oberrhein (TMO) – die Schweiz mit einbezogen. Aber im Frühjahr haben wir erlebt, wie fragil dieses Gebilde ist.“ Truttenbach ist Geschäftsführer von RMA Pipeline Equipment in Rheinau und Kehl, ein Viertel seiner Mitarbeiter kommt aus Frankreich. „Weitere Grenzschließungen müssen vermieden werden“, so sein Appell.
Dieser Forderung schlossen sich auch Matthias Kirch, Direktor Human Resources beim Europa-Park in Rust, und Rolf Kaufmann, Head of HR Germany bei der Zehnder Group in Lahr, an. In der Indoor-Wasserwelt Rulantica des Europa-Parks kommt die Hälfte der Mitarbeiter aus Frankreich. Kirch: „Für uns sind die französischen Fachkräfte existenziell.“ Ähnlich die Situation bei Zehnder. Hier sind von 600 Mitarbeitern 400 in der Produktion beschäftigt, davon wiederum kommen 100 aus Frankreich. „Die Grenzschließung hatte für uns extreme Auswirkungen, wir konnten die Leute aus der Produktion ja nicht ins Homeoffice schicken.“
Die drei weiteren Handlungsfelder liegen im Bereich Verkehr und Mobilität, Ausbildung sowie bei der Sprache. „Wie wichtig eine gute Verkehrsinfrastruktur ist, hat nicht zuletzt die dreimonatige Sperrung der Brücke zwischen Gambsheim und Rheinau 2018 gezeigt“, erinnerte Truttenbach. Auch gelte es, das gute Image der dualen Ausbildung bei französischen Jugendlichen noch intensiver zu vermarkten. „Von größter Bedeutung sind aber immer noch die Sprachkenntnisse“, schloss der IHK-Vizepräsident. „Eine gemeinsame Sprache zu sprechen ist die Voraussetzung dafür, zu einem gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraum zusammenzuwachsen.“
naz