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Wirtschaft im Südwesten

2 | 2018

50

Praxiswissen

RECHT

Testamentsanfechtung

Wenn der Erblasser

sich geirrt hat

H

äufig fragen sich testamentarisch nicht bedachte

Angehörige, ob der verstorbene Erblasser wirklich

gewollt hat, was in seinem hinterlassenen Testament

steht, ob das ansonsten rechtlich nicht zu beanstanden-

de Testament den tatsächlichen Willen des Erblassers

wiederspiegelt. Das Gesetz sieht für solche Fälle die

Möglichkeit einer Testamentsanfechtung vor. Dann näm-

lich, wenn der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung

im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts über-

haupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er

die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben

haben würde. Allerdings kommt eine Anfechtung nicht

infrage, wenn durch eine ergänzende Testamentsausle-

gung feststellbar ist, was der Erblasser mit einer miss-

verständlichen Formulierung gewollt hat. Wenn er etwa

seine Ehefrau irrtümlich als „Mutter“ bezeichnet hat, gilt

das Gewollte und nicht das Erklärte.

Die Anfechtung setzt eine eindeutige letztwillige

Verfügung voraus, die der Erblasser bei Kenntnis der

Sachlage nicht abgegeben hätte. Zum Beispiel: die

enttäuschte Erwartung künftigen harmonischen Zu-

sammenlebens mit dem Bedachten; die Vermögensge-

fährdung durch späteren Eintritt des Bedachten in eine

Sekte; die Unkenntnis einer kriminellen Vergangenheit

des Bedachten; die Annahmen eines nicht beizulegen-

den Streits mit einer ansonsten bedachten Person;

Fehlvorstellungen über die vom Bedachten erbrachten

oder noch zu erbringenden Betreuungsleistungen.

Anfechtungsberechtigt ist jeder, dem die Aufhebung

der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten-

kommt. Die Beweislast für den Anfechtungsgrund

obliegt dem, der sich auf die Wirkung der Anfech-

tung beruft. In den wichtigsten Fällen (zum Beispiel

Erbeinsetzung, Enterbung, Testamentsvollstreckung)

hat die Anfechtung durch Erklärung gegenüber dem

Nachlassgericht, in den sonstigen Fällen (zum Beispiel

Vermächtnis, Teilungsanordnung, Auflage) gegenüber

dem Bedachten zu erfolgen. Die Frist zur Testaments­

anfechtung beträgt in allen Fällen ein Jahr und beginnt

mit dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsberechtigte

von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Aus-

geschlossen ist die Anfechtung spätestens 30 Jahre

nach dem Erbfall. Mit erfolgreicher Testamentsanfech-

tung wird die angefochtene Verfügung so behandelt als

wäre sie nicht erfolgt.

Csaba Láng

Sozietät, Jehle, Láng, Meier-Rudolph, Köberle

Die Anfechtung eines

Testaments setzt eine

eindeutige letztwillige

Verfügung voraus, die

der Erblasser bei Kennt-

nis der Sachlage nicht

abgegeben hätte.

Bild: Bjoern Wylezich

Notare in Baden-Württemberg

In Zukunft gänzlich frei(beruflich)

S

eit Napoleons Zeiten waren die Notare

in Baden als Beamte tätig und übernah-

men zum Teil Aufgaben als Nachlass- oder

Vormundschaftsrichter und Grundbuchbe-

amte. Erst seit 2008 gibt es hierzulande

einige wenige freiberufliche Notare. In

anderen Bundesländern sind Notare da-

gegen schon lange ausschließlich freibe-

ruflich tätig. Diesen Schritt hat nun auch

Baden-Württemberg vollzogen und die

staatlichen Notariate zum Jahreswechsel

aufgelöst. Die Notartätigkeiten – Beurkun-

dungen und Beglaubigungen aller Art, vor

allem im Zusammenhang mit Grundstücks-

geschäften, Gesellschaften, Handelsregis-

teranmeldungen, Testamenten und Erbver-

trägen – werden zukünftig ausschließlich

von freiberuflichen Notaren übernommen.

Für Grundbuch-, Betreuungs-

und Nachlassangelegenheiten

sind nun die Amtsgerichte zu-

ständig. Das Freiburger Amts-

gericht etwa übernimmt die

Nachlassvorgänge der bishe-

rigen Amtsnotariate Freiburg,

Kirchzarten, Breisach, Mül-

heim, Staufen und Titisee-

Neustadt.

Die meisten der bisher verbeamteten No-

tare haben sich entschieden, in Zukunft

als freiberufliche Notare zu arbeiten. An

der notariellen Tätigkeit ändert sich nichts,

auch die Höhe der Notarkosten bleibt

gleich. Sie fließen jetzt allerdings nicht

mehr in die Staatskasse, sondern

an die Notare. Die zum Jahres-

wechsel noch offenen notariellen

Geschäfte werden von den frei-

beruflichen Notaren fortgeführt.

Für diejenigen Notare, die sich

entschieden haben, in den Rich-

terdienst oder den Ruhestand zu

wechseln, werden Amtsvertreter

bestellt, die die begonnenen Geschäfte ab-

wickeln.

Barbara Mayer

Friedrich Graf von Westphalen & Partner

www.notariatsreform.de

In anderen

Bundesländern

sind Notare

schon lange

Freiberufler