10 | 2017
Wirtschaft im Südwesten
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IHK verschickte vor der Bundestagswahl offenen Brief an die Kandidaten
Für flexiblere Arbeitszeiten
D
ie IHK Südlicher Oberrhein ist für eine
Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes.
Ihre Forderung dazu hat sie Anfang Septem-
ber in einem offenen Brief formuliert. Dieser
ging an die Direktkandidatinnen und -kandi-
daten der Bundestagswahl von CDU, SPD,
Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke und
AfD im Kammerbezirk.
Konkret fordert die IHK „die gesetzliche Fest-
legung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit
statt einer Begrenzung der täglichen Arbeits-
zeit“ sowie „eine Anpassung der Ruhezei-
tenregelung insbesondere bei Mehrfachbe-
schäftigungen“. Dabei gehe es nicht darum,
die Arbeitszeit zu verlängern. Auch Gesund-
heitsschutz, Mindestruhezeiten oder die Ent-
scheidungsfreiheit der Mitarbeiter möchte die
Kammer nicht infrage stellen. „Vielmehr geht
es darum, mit den gewandelten Lebensge-
wohnheiten der Arbeitnehmer, den modernen
Arbeitsbedingungen sowie den geänderten
Wünschen der Kunden Schritt zu halten“, ist
in dem von IHK-Präsident Steffen Auer und
IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff
unterzeichneten Schreiben zu lesen. Das
Gesetz, das mit wenigen Veränderungen aus
dem Jahr 1994 stammt, werde den Anforde-
rungen der heutigen Arbeitswelt nicht mehr
gerecht. „Dennoch sieht die Politik bislang
keinen Grund, die dringend erforderlichen
Gesetzesänderungen in den Arbeitszeitenre-
gelungen auf den Weg zu bringen“, kritisieren
Auer und Kempff, obwohl eine von der EU
verabschiedete Arbeitszeit-Richtlinie aus dem
Jahr 2003 dies möglich mache.
Das Ausmaß der aus dem Gesetz resultie-
renden Einschränkungen für Kunden, Arbeit-
nehmer und Arbeitgeber werde besonders
in der Gastronomie deutlich. Gerade hier
stünden die gesetzlich verankerte tägliche
Höchstarbeitszeit und die Ruhezeitenrege-
lung den Wünschen der Beschäftigten der
Branche sowie den Interessen der Gäste
entgegen. Gleiches gelte für die in der Re-
gion stark vertretenen Logistikbranche. Hier
sei die Flexibilität der stationären Arbeit-
nehmer insbesonde-
re in den saisonalen
Auslastungsspitzen
gefragt und von den
Arbeitnehmern selbst
sowie von den Kunden
gewünscht. Weiter wird in dem offenen Brief
die zunehmend digitale Arbeitswelt in na-
hezu allen Branchen als betroffen genannt;
gerade hier seien die bestehenden Gesetze
nicht mehr zeitgemäß.
„Die Wirtschaft am südlichen Oberrhein for-
dert daher die Anpassung des Arbeitszeit-
gesetzes an die Lebenswirklichkeit und die
Umsetzung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie in
nationales Recht“, unterstreichen Auer und
Kempff. Sie sind überzeugt: „Die überfälli-
ge Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes
schafft arbeitnehmer- und arbeitgeberseitig
die notwendige Flexibilität.“
naz
Der Wortlaut des Briefes unter
www.suedlicher-oberrhein.ihk.de(Nummer 3827630)
»Anpassung des
Gesetzes an die
Lebenswirklichkeit«
Bild: Nastco - iStockphoto