Beim Neujahrsempfang der IHK Südlicher Oberrhein Mitte Januar ging es nicht nur um Krisen, sondern auch um die wachsenden Chancen für Veränderung.

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen hat die Wirtschaft Gesprächsbedarf. Der traditionelle Neujahrsempfang der IHK Südlicher Oberrhein Mitte Januar war daher komplett ausgebucht. IHK-Präsident Eberhard Liebherr und Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon beschrieben vor mehr als 1.500 Gästen im Freiburger Konzerthaus die schwierige Lage für die heimischen Unternehmen. „Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Schwarzmaler bin”, begrüßte Eberhard Liebherr die Gäste. Doch die großen Herausforderungen, vor denen die Wirtschaft in Deutschland derzeit steht, konnten und sollten an diesem Abend auch nicht verschwiegen werden. „Wir wissen, welche großen Aufgaben auf die kommende Regierung zukommen werden, und das sind leider hausgemachte Strukturprobleme. Wir haben eine Industriekrise in Deutschland in einer Zeit, in der der Innovationsdruck so hoch wie noch nie war.“

Optimismus, um die Krise zu meistern
Jetzt komme es auf das richtige Bewusstsein an. „Ohne Optimismus kommt man aus keiner Krise heraus, man muss die Krise aber trotzdem als Krise anerkennen“, sagte Salomon. Die Mängelliste sei lang: „Seit zehn Jahren steigen die Lohn-Stück-Kosten in Deutschland. Die Industrieproduktion sinkt. Die Energiekosten sind international viel zu hoch, die Unternehmenssteuern weltweit an der Spitze. Bürokratie und Regulatorik sind überbordend, deutsche Unternehmen investieren – wenn überhaupt – im Ausland, ausländische Unternehmen kaum noch in Deutschland. Mit anderen Worten: Houston, wir haben ein Problem.“ Zentral sei es, den vier großen D mit voller Kraft entgegenzutreten beziehungsweise sie anzugehen: Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demografie.
Der Moderator des Abends, Florian Kech (IHK), stellte die Behauptung des Freiburger Wirtschaftsprofessors Lars Feld in den Raum, dass die derzeitige wirtschaftliche Lage schlimmer sei als die Stimmung. „Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?“ Salomon: „Inzwischen passt sich die Stimmung der Lage an, und erst wenn die Stimmung so schlecht ist wie Lage, sind Reformen überhaupt denkbar.“
Das gelte vor allem beim Thema Entbürokratisierung. „Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen“, sagte Liebherr. Salomon, der als ehrenamtlich tätiger Vorsitzender des Normenkontrollrats von Baden-Württemberg gegen die überbordende Bürokratie im Land ankämpft, sendete die Botschaft aus, dass der Staat beziehungsweise der Gesetzgeber erst einmal seine Haltung gegenüber den Menschen ändern müsse. „Es braucht ein grundsätzliches Vertrauen gegenüber den Bürgern und der Wirtschaft, anstatt Regulierung und Kontrollwut. Wir sind zu langsam, wir sind zu kompliziert, mir müssen viele Dinge einfacher und manche auch gar nicht mehr machen. Die Zeit dafür ist reif. Das wäre ein Hoffnungsprogramm für die Wirtschaft.“

Die Generation Zukunft
Die IHK hatte sich an diesem Abend auch das Thema „Generation Zukunft“ vorgenommen. Wie tickt die Generation Z, die aktuell auf den Arbeitsmarkt drängt oder schon die erste Karrierestation hinter sich hat und nun in die Fußstapfen der aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Babyboomer treten soll?
Jeder und jede Personalverantwortliche oder Führungskraft hat dabei sicher ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht – auch Eberhard Liebherr, der der jungen Generation eine veränderte Einstellung in der Arbeitswelt attestiert, zugleich aber auch auf die riesigen Potenziale hinwies.
„Vor ein paar Wochen haben wir eine sehr große Zahl an Absolventen als Landes- und Bundesbeste ausgezeichnet.“ Auch die Verleihung der IHK-Förderpreise im November belegt, welch starke und engagierte Persönlichkeiten die Generation Z hervorbringt. „Unsere ganze Aufmerksamkeit muss daher den jungen Menschen gehören.“
Diese Botschaft brachte auch Simon Schnetzer mit nach Freiburg. Schnetzer ist einer der gefragtesten Jugendforscher im deutschsprachigen Raum und Autor der „Trendstudie Jugend in Deutschland“. Für ihn ist klar: Das Wertegerüst der jungen Menschen hat sich im Vergleich zu älteren nur wenig verschoben. Auf Platz eins stehe bei allen die Familie gefolgt von Gesundheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit. Doch was unterscheidet die jungen Menschen von den Generationen davor? Beispielsweise beim Thema Kommunikation?

„Junge Menschen sind es gewohnt, in einem schnellen Rhythmus zu kommunizieren. Die Erwartungshaltung des ‚Instant Feedback‘ begegnet Ihnen nicht nur im Bereich von Social Media, sondern auch, wenn Sie als Unternehmen eine Bewerbung erhalten. Wenn eine Reaktion zwei, drei oder vier Wochen später erfolgt, ist der Zug längst abgefahren. Das gleiche gilt, wenn Sie einem jungen Menschen eine Aufgabe stellen. Hat er oder sie die Aufgabe erledigt, geht es ihm oder ihr nicht darum, die nächste Aufgabe zu erhalten, sondern erst einmal ein Feedback, idealerweise konstruktiv.“ Es reiche nicht, „dass ein junger Mensch sich einmal für Sie entscheidet“, sagte Schnetzer den anwesenden Unternehmern: „Nein, er muss das wieder und wieder tun, tagtäglich.“
Noch anschaulicher formulierten es sechs Vertreter der Generation Z, die zusammen mit Simon Schnetzer auf die Bühne gekommen waren. Der Auszubildende Lennart Menze beispielsweise schätzt es, in seinem Unternehmen als vollwertiges Teammitglied verstanden zu werden und Verantwortung übertragen zu bekommen: „Wir begegnen uns auf Augenhöhe, ich kann dort so sein, wie ich bin und muss keine Angst haben, einen Fehler zu machen.“
Schnetzer machte den Gästen des Neujahresempfangs Mut, der jungen Generation positiv zu begegnen. „Die wahre Superkraft liegt im Miteinander. Wenn die Herausforderungen größer werden, sollte man nicht darüber schimpfen: ‚Die Jungen sind die Fehler in unserem System‘. Nein: Die Jungen sind unsere Zukunft.“ tas
