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Ausgabe 01/2022
Kopf des Monats
Bene Müller

Visionär der Energiewende

Singen. Für Bene Müller ist die Shibuya-Kreuzung in Tokio ein verrückter Ort. Menschen, wohin man schaut. „Den Bahnhof Shinjuku ein paar Meter weiter nutzen täglich drei Millionen Menschen – fast so viele, wie Berlin Einwohner hat.“ Die schiere Menschenmenge ist das eine, die Videowände an den Fassaden ringsum sind das andere. Die Japaner sehen in dieser Art von Energieverschwendung offensichtlich kein Problem. Als Müller einmal in Tokio zu Vorträgen über deutsche Energieprojekte eingeladen war, fragte er seine Gastgeber: „Geht es nicht mit etwas weniger Werbung?“ Die Antwort: Kopfschütteln.

Dass heute im Bürogebäude in Singen ein großformatiges Bild von der Shibuya-Kreuzung hängt, ist kein Ausweis für die Weltläufigkeit des Solarcomplex-Vorstands. Vielmehr verknüpft das Foto zwei Hauptstränge seiner Biografie. Der eine bezieht sich auf die Leidenschaft für moderne Kunst. Weil der 1965 in St. Blasien im Schwarzwald geborene Benedikt Müller nach seinem Sozialwissenschaftsstudium in Konstanz zunächst von der Kunst leben wollte, ließ er sich in den 1990er-Jahren den heutigen „Bene“ in den Ausweis eintragen – als Künstlername. Schwerpunkt erster Werkreihen waren farbintensive Bilder, mit denen er klimatische Veränderungsprozesse visualisieren wollte. „Wir Menschen sind Augenwesen“, erklärt er sein Faible für Falschfarbenbilder – Bilder, die vom natürlichen Farbeindruck abweichen und dadurch ihre besondere Wirkung entfalten.

Glücklicherweise entwickelte sich in Singen abseits der wenig einträglichen künstlerischen Produktionen („Meine Bilder haben kaum jemanden interessiert“) eine Gesprächsgruppe aus befreundeten Unternehmern und Künstlern, die sich zwei Jahre lang einmal wöchentlich traf – zum zwanglosen Austausch. Bene Müller mittendrin. „Eine Mischung aus Volksuni und Stammtisch“ sei das gewesen. Man plauderte über Gott und die Welt, schmiedete Pläne für eine bessere Zukunft, meist aber im Konjunktiv. „Künstler neigen ja zum geistigen Abheben“, erzählt Müller rückblickend. Aber aus den vielen vagen Ideen konkretisierte sich rund um den Millenniumswechsel die sehr konkrete Vision, binnen 30 Jahren in der Region am westlichen Bodensee die Energiewende umzusetzen. Also warfen 20 Menschen je 2.500 Euro in einen Topf, gründeten Ende September 2000 die Solarcomplex GmbH mit dem Ziel, erste Solarstromprojekte zu planen und zu realisieren.

„Fachwissen hatten wir kaum“, sagt Müller. „Wir waren Idealisten und haben unsere Expertise über die Jahre aufgebaut.“ Anfangs Learning by Doing, später über die Anstellung von ausgebildeten Mitarbeitern. Die junge Firma habe Fehler gemacht – aber aus ihnen gelernt. Und auch wenn etwa für die Dachanlage auf dem Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen die Ertragsprognosen anfangs danebenlagen, malte Bene Müller mit diesem Auftaktprojekt die ersten Pinselstriche zu seinem Lebenswerk als Firmenchef: Der Umbau der regionalen Energieversorgung und damit sein Beitrag zum Klimaschutz. Das zweite große Thema in Bene Müllers Leben.

Die Anfangszeit von Solarcomplex beschreibt er als Zeit der „finanziellen Selbstausbeutung“. Man habe gearbeitet, ohne etwas zu verdienen. Erst nach einem Jahr blieb etwas Geld für eine erste Aufwandsentschädigung übrig. 800 Euro. „Für mich als Künstler war das nichts Ungewohntes“, sagt er. Seine Frau Dagmar Eisenhart, mit der Müller in Rielasingen ein altes Bauernhaus umgebaut hatte, verdiente den Lebensunterhalt.

Auf Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nahm das Projektgeschäft dann Fahrt auf. Der Zulauf potenzieller Gesellschafter war enorm, ebenso die öffentliche Aufmerksamkeit. Das Interesse hielt an, auch nach der Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2007. Aktuell halten 1.200 Privataktionäre ein Eigenkapital von 18 Millionen Euro. Hochfliegende Renditen verspricht Müller nicht: „Solarcomplex fährt einen dezidiert konservativen Kurs.“

Das Unternehmen behauptet sich in einer Branche, die nach einem steilen Aufstieg in den Nuller-Jahren speziell in der Solarenergie viele Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste hinnehmen musste. Die Auftragslage ist derzeit ordentlich, für Solaranlagen, Windparks sowie mit Wärmenetzen, von denen bislang 18 realisiert wurden. Gut zwei Drittel der Zeit, die sich die Visionäre aus dem Jahr 2000 für den Umbau der regionalen Energieversorgung gegeben hatten, sind verstrichen. Heute spricht Bene Müller von einem „jugendlich naiven Ziel“, das man sich damals gesteckt habe. Der Flaschenhals, der die Energiewende bremst, sei weder das Kapital noch die fehlende Technologie, beides sei vorhanden. „Es hapert in Baden-Württemberg massiv an den Genehmigungen“, erklärt Müller. Und es fehlen Fachkräfte, Elektriker und Ingenieure etwa, die Solarcomplex reihenweise einstellen könnte.

Klar ist aber: Bene Müller wird sich weiter für den Umbau der Energieversorgung engagieren. Die Kreativität, die in ihm steckt, fließt in die Firma, nicht in neue Kunstwerke: „Wenn Sie abends nach Hause kommen, nehmen Sie keinen Pinsel mehr in die Hand.“ Zum Ausgleich wandert er mit seiner Frau im Alpsteingebirge oder greift zu Garten- statt zu Malwerkzeugen und freut sich über die Kartoffeln, die er erntet. Das Bild der Shibuya Kreuzung in Tokio bleibt für ihn ein Antreiber: Denn bei aller Bodenständigkeit und regionalen Verwurzelung ist Bene Müller auch bereit, weite Wege auf sich zu nehmen – zumindest, wenn es um die Energiewende geht.

bb

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