
Anlässlich der Delegiertenversammlung des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Schwarzwald-Bodensee (er hat 3.800 Mitglieder zwischen Baden-Baden und Friedrichshafen) Anfang Juli machten der Vorsitzende Dieter Wäschle, sein Stellvertreter Peter Ehrhardt sowie Geschäftsführer Alexander Hangleiter vor der Presse auf die Situation der Branche aufmerksam. Sie gingen dabei besonders auf die Lage familiengeführter Traditionsbetriebe in kleineren Städten und Dörfern ein. Ehrhardt, selbst Inhaber eines Landgasthofs bei Breisach, machte dies am Beispiel des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald deutlich. In diesem Kreis haben während der vergangenen Jahre über acht Prozent der Gasthäuser geschlossen. Die häufigste Ursache dabei: Nachfolger sind kaum zu finden. „Wer eine Dorfwirtschaft führt, kann sich keinen Verwaltungsapparat leisten, den man für die inzwischen anfallende Bürokratie braucht“, so Ehrhardt. Er zählte auf: Gefährdungsbeurteilung, Brandverhütungsschau, Hygienedokumentation, Allergenkennzeichnung, Arbeitszeitdokumentation, Legionellendokumentation, Acrylamid-Verordnung, Fiskalfähigkeit von Kassen, Datenschutzgrundverordnung, Pauschalreiserichtlinie, Abfalldokumentation, – und das seien nur einige Beispiele. „Da steht der Wirt mehr im Büro als in der Küche“, sagte Ehrhardt.
Der Verbandsvorsitzende Dieter Wäschle ergänzte, dass man seit Jahren um eine faire Besteuerung handwerklich solide zubereiteter Speisen, die darüber hinaus ohne Wegwerfverpackungen auskämen, kämpfe. Der sorgfältig zubereitete frische Salat sei mit 19 Prozent besteuert, die industriell hergestellte Pizza dagegen mit sieben Prozent. Entsprechend fordert der Verband eine Angleichung der Mehrwertsteuer vom Bund. Vom Land wünscht er sich – auf die familiengeführten Traditionsbetriebe bezogen – ein förderndes Investitionsprogramm, um die Kultur der Dorfgasthäuser zu erhalten und ihnen bei der Modernisierung und Digitalisierung zu helfen. Diese Gasthäuser seien Treffpunkte, Kommunikationsorte, Kulturgüter, Dorfzentren und Wohnzimmer für die Bürger kleiner Orte in einem. Das Land Bayern, so Wäschle, stelle mehrere Millionen im Jahr für solche Häuser bereit. Als weitere Probleme nannte Wäschle, der sich auf Berichte der 18 Kreisvorstände bei der Versammlung stützte, die unflexiblen Arbeitszeiten sowie Ertragsprobleme. Der Verband plädiert für die Einführung von Wochenarbeitszeiten. Schwierig sei nach wie vor auch die Personalsituation, obwohl, das betonte Wäschle, die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen fünf Jahren um circa 15 Prozent gestiegen sei. Dies genüge jedoch noch nicht. Er und seine Kollegen begrüßten deshalb, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf den Weg gebracht wurde.
In Südbaden gibt es derzeit (Stand April 2019) knapp 1.900 Hotels, Gasthöfe und Pensionen mit zehn und mehr Betten, circa 25 weniger als im Jahr 2018. Sie verzeichneten im vergangenen Jahr 13,5 Millionen Übernachtungen, das waren 1,6 Prozent mehr als 2017. In der Hotellerie waren 22.400 Beschäftigte tätig, in der Gastro-
nomie 61.100. Der Umsatz im Gastgewerbe insgesamt (Hotels, Gasthöfe, Pensionen, aber auch Caterer, Kneipen, Clubs und ähnliches) lag bei 3,46 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,47 Milliarden Euro), darunter derjenige des beherbergenden Gastgewerbes bei 1,15 Milliarden Euro (1,12 Milliarden Euro) und derjenige der Gastronomie bei 1,93 Milliarden Euro (1,97 Milliarden Euro).
upl
Bild: Andie_Alpion – Fotolia