Von Lieferketten bis Aktivrente: Unternehmen müssen sich auf umfangreiche Anpassungen einstellen. Im Folgenden gibt’s wichtige Gesetzesänderungen und EU-Richtlinien auf einen Blick.

2026 bringt für Unternehmen und Unternehmer zahlreiche gesetzliche Änderungen und EU-Richtlinien mit sich. Von Arbeitsschutz und Mindestlohn über Cybersicherheit bis hin zu Lieferkettenpflichten – diese Übersicht zeigt die wichtigsten Neuerungen und deren Auswirkungen auf Betriebe.
Milderung der EU-Lieferkettenrichtlinie
Die noch umsetzungsbedürftigen Änderungen sehen vor, dass die Pflichten aus dem Lieferkettengesetz nur noch für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten (statt zuvor 1000) und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro (statt zuvor 450 Millionen Euro) gelten sollen. Die Pflicht, Transformationspläne zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens vorzulegen, soll entfallen. Zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung sollen nur noch Unternehmen oder Konzerne mit mehr als 1750 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 450 Millionen Euro verpflichtet sein. Bei Verstößen soll keine zusätzliche zivilrechtliche Haftung auf EU-Ebene mehr drohen. Etwaige Zwangsgelder sollen im Höchstmaß von 5 Prozent auf 3 Prozent des Jahresumsatzes abgesenkt werden.
Bislang haben sich auf die Änderungen Unterhändler des EU-Parlaments und des Rats verständigt. Das EU-Parlament hat bereits zugestimmt. Nun muss noch der Rat der EU-Staaten sein Einverständnis geben. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie dann bis Sommer 2028 umsetzen. Die neuen Anforderungen haben Unternehmen dann ab Juli 2029 zu erfüllen. Die genaue Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bleibt abzuwarten. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt weiterhin, wurde aber gelockert: die Berichtspflichten an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wurden jüngst eingestellt; ein LkSG-Änderungsgesetz soll Anfang 2026 in Kraft treten und einige der Lockerungen der europäischen Richtlinie vorwegnehmen, sofern der Empfehlung des Bundesrats gefolgt wird.
Modernisierung des Produkthaftungsrechts
Das Produkthaftungsrecht wird für das digitale Zeitalter gerüstet. Die Reform dient der Umsetzung der EU-Produkthaftungsrichtlinie (RL 2024/2853). Neben der Erweiterung der verschuldensunabhängigen Haftung auch für Software, KI und digitale Dienste hat die Novelle auch die Kreislaufwirtschaft sowie globale Wertschöpfungsketten im Blick. Dabei geht es vor allem darum, die Haftung neben oft nicht greifbaren Herstellern im Ausland auch auf weitere Akteure, zum Beispiel Importeure, zu erweitern. Ferner wurde die Haftungshöchstgrenze für Personenschäden von früher 85 Millionen Euro ersatzlos gestrichen. Die Umsetzung hat bis zum 9. Dezember 2026 zu erfolgen.
Höhere Anforderungen an Cybersicherheit
Die EU hat mit der NIS-2-Richtlinie („Network and Information Systems Directive“) die Sicherheitsstandards für Unternehmen angehoben, da eine große Gefahr von Cyberangriffen droht. Das gilt nicht nur für kritische Infrastruktur, sondern auch für Unternehmen in der verarbeitenden Industrie. Insgesamt sind 18 Branchen betroffen. Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern oder mehr als 10 Millionen Euro Umsatz müssen umfangreiche Sicherheitspflichten erfüllen und entsprechende Strukturen schaffen. Dazu gehören unter anderem Schulungen der Mitarbeiter, Sicherheitskonzepte und die Absicherung von Lieferketten. Außerdem gilt eine Registrierungspflicht bei einer zentralen Meldestelle, bei der Sicherheitsvorfälle binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen. Anschließend werden Analysen und Abschlussberichte fällig. Deutschland kam seiner Umsetzungspflicht nach, das entsprechende Ausführungsgesetz ist zum 6. Dezember 2025 in Kraft getreten.
Weniger Sicherheitsbeauftragte
Künftig sollen Betriebe erst ab 50 Mitarbeitern einen Sicherheitsbeauftragten benötigen, nicht mehr wie bisher ab 20. Zwei Sicherheitsbeauftragte sollen erst ab 250 Mitarbeitern erforderlich werden. Diese Änderung ist Teil der ersten von drei geplanten Stufen zum Bürokratieabbau im Arbeitsschutz, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant.
Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte auf 10 000 Euro angehoben
Ab dem 1. Januar 2026 wird der Zuständigkeitsstreitwert für Amtsgerichte auf 10 000 Euro erhöht. Bisher waren ab einem Streitwert von über 5000 Euro bereits die Landgerichte zuständig.
Ausbau des notariellen Online-Verfahrens
Gründungen von Aktiengesellschaften und KGaA, Vollmachten zur Anmeldung beim Handels-, Gesellschafts-, Vereins- und Partnerschaftsregister, Vollmachten zur Stimmabgabe in Gesellschafterversammlungen bei der GmbH und Vollmachten zur Abgabe der Erklärung zur Übernahme eines Geschäftsanteils einer GmbH sollen in Zukunft online möglich sein. Das entsprechende Gesetz wird voraussichtlich am 1. August 2026 in Kraft treten.
Mindestlohnerhöhung, Mindestvergütung in der Ausbildung
Aufgrund der Fünften Mindestlohnanpassungsverordnung vom 5. November 2025 gilt ab dem 1. Januar 2026 ein gesetzlicher Mindestlohn von 13,90 Euro brutto pro Stunde. Dadurch erhöht sich die Minijob-Grenze auf 603 Euro. Am 1. Januar 2027 wird er auf 14,60 Euro steigen. Ab dem 1. Januar 2026 gilt eine höhere Mindestvergütung für Azubis von monatlich 724 Euro im ersten Ausbildungsjahr.
Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie steht an
Die 2023 in Kraft getretene Richtlinie muss von Deutschland bis zum 7. Juni 2026 umgesetzt werden. Sie zielt insbesondere auf eine gleiche Entlohnung von Männern und Frauen und soll auch darüber hinaus für faire Vergütungsstrukturen sorgen. Mehr Lohntransparenz soll durch Berichtspflichten, Auskunftsansprüche, Angaben in Stellenausschreibungen sowie einen besseren Rechtsschutz für Arbeitnehmer erreicht werden. Die Berichtspflicht über das geschlechtsspezifische Lohngefälle soll Unternehmen ab 100 Beschäftigten treffen. Das Entgelttransparenzgesetz von 2017 sah bisher eine Grenze von 500 Mitarbeitern vor. Allerdings wird die Berichtspflicht erst ab 2027 gelten, für Betriebe mit zwischen 100 und 149 Beschäftigten sogar erst ab 2031. Besserer Rechtsschutz soll durch Entschädigungsansprüche im Diskriminierungsfall, die Beweislast des Arbeitgebers sowie staatliche Sanktionen gewährleistet werden.
Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie
Ab dem 1. Januar 2026 wird die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf 7 Prozent gesenkt werden. Die Senkung gilt jedoch nicht für Getränke, die weiterhin mit 19 Prozent besteuert werden.
Recht auf Reparatur
Bis zum 31. Juli 2026 muss der deutsche Gesetzgeber die EU-Verbraucherrichtlinie umsetzen, die unter anderem bestimmt, dass Hersteller für bestimmte Produkte, etwa Elektro- und Haushaltsgeräte, bis zu zehn Jahre lang Reparaturen zu angemessenen Preisen gewährleisten. Damit gehen Informationspflichten einher, die den Verbraucher über seine Gewährleistungsrechte informieren.
Widerrufsbutton
Die verpflichtende Einführung einer elektronischen Widerrufsfunktion bei Fernabsatzverträgen ist für den 19. Juni 2026 angesetzt. Die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie wurde am 19. Dezember 2025 vom Bundestag beschlossen. Verbraucher sollen danach mittels eines gut sichtbaren „Widerrufbuttons“ in der Benutzeroberfläche im Onlineshop den Vertrag widerrufen können.
Dauerhafte Stromsteuerentlastung für Industrie und produzierendes Gewerbe
Der Bundestag hat die Steuerentlastung für das produzierende Gewerbe beim Stromverbrauch verstetigt. Das gilt auch für die Land- und Forstwirtschaft. Ohne die Verstätigung im November wäre die Entlastung im Januar 2026 ausgelaufen. Davon sollen rund 600 000 Unternehmen, insbesondere das Handwerk profitieren.
Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Am 19. Dezember 2025 beschloss der Bundestag die Umsetzung der EU-Richtlinie 2024/825 („Empowering Consumers“). Das Gesetz soll dem sogenannten Greenwashing einen Riegel vorschieben. Nachhaltigkeitssiegel sollen danach staatlicher Kontrolle unterliegen. Außerdem darf nicht mehr mit der Klimaneutralität geworben werden, wenn diese auf Kompensationsmaßnahmen beruht. Außerdem soll eine schwarze Liste eingeführt werden, die unlautere Geschäftspraktiken genauer bestimmt.
Standortfördergesetz
Mit dem ebenso am 19. Dezember beschlossenen Standortfördergesetz will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessern. Dies soll durch steuerliche Vergünstigungen, Bürokratieabbau bei Prüf-, Melde- und Anzeigepflichten sowie die Vereinfachung der Erstellung von Wertpapierprospekten und die Erleichterung des Kapitalmarktzugangs erreicht werden.
Agrardiesel wird wieder subventioniert
Land- und Forstwirtschaftsbetriebe können sich ab 2026 pro Liter Diesel 21,48 Cent von der Energiesteuer zurückerstatten lassen.
EU-Verpackungsverordnung wird erweitert
Die bereits in Kraft getretene EU-Verpackungsverordnung soll erweitert werden, um Müll noch stärker zu reduzieren und Recycling zu fördern. Ab 12. August 2026 gelten insbesondere Grenzwerte für Schwermetalle in allen Verpackungsmaterialien, PFAS-Grenzwerte für Lebensmittelverpackungen, Grundanforderungen an die Recyclingfähigkeit und Kennzeichnungspflichten.
Aktivrente
Der Bundestag hat das Rentenpaket beschlossen und damit die Aktivrente eingeführt, die es Unternehmen ermöglicht, Menschen über das Renteneintrittsalter hinaus für bis zu 2000 Euro monatlich steuerfrei zu beschäftigen. Für Selbstständige gilt die Ausnahme jedoch nicht. Nachdem der Bundesrat am 19. Dezember 2026 zugestimmt hat, tritt das Gesetz am 1. Januar 2026 in Kraft.
Dr. Moritz Jenne, ADVANT Beiten Freiburg
Unser Autor
Moritz Jenne ist Rechtsanwalt und Partner bei Advant Beiten in Freiburg
