Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – Trump schert sich rein gar nicht um die Kriterien der Vereinten Nationen. Was das für Europa bedeutet, beleuchtet unsere Fachautorin Barbara Mayer.

US-Präsident Donald Trump hat unmittelbar nach seiner Vereidigung am 20. Januar damit begonnen, das Land umzubauen – und zentralen ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) den Kampf angesagt: „Environmental“ wird durch „drill, baby, drill“ ersetzt; das Pariser Klimaschutzabkommen hat er (erneut) sofort aufgekündigt. Sozialem mit Themen wie Vielfalt, Gleichbehandlung und Inklusion (DEI) hat er durch drei Executive Orders auf Bundesebene ad acta gelegt. Unter anderem hat er die Executive Order 11246, einen Eckpfeiler der Gleichstellungspolitik, der seit 1965 in Kraft war, ersatzlos aufgehoben. Weite Teile der US-amerikanischen Wirtschaft sind begeistert: Globale Banken wie die Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, Morgan Stanley und JP Morgan Chase – die größte US-Bank – haben Klimavereinigungen wie die Net-Zero-Banking Alliance (NZBA) verlassen. Ehemals progressive Tech-Chefs wie Mark Zuckerberg sprechen sich jetzt für mehr maskuline Energie und eine unkontrollierte Form von Meinungsfreiheit aus.
Wird diese Entwicklung auch auf Deutschland und Europa übergreifen? Einerseits ist festzustellen, dass der Ruf nach einem Abbau von ESG-Regulierungen mit dem allgemeinen Anliegen der Bürokratieentlastung immer lauter wird. Reportingpflichten zu Nachhaltigkeitsthemen werden genauso in Frage gestellt wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Im November 2024 forderte der Europäische Rat eine Reduktion der Nachhaltigkeitsberichtspflichten um mindestens 25 Prozent (die Budapester Erklärung zum Neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit). Die EU-Kommission reagierte mit der Ankündigung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Taxonomie-Verordnung und die Corporate Sustainability Due Dililigence Directive zu einer Verordnung zusammenzufassen und die Berichtspflichten bei dieser Gelegenheit zu verschlanken. Denkbar ist, die Pflichten zeitlich zu verschieben, die Zahl der berichtspflichtigen Datenpunkte zu reduzieren sowie mehr kleinere und mittlere Unternehmen davon zu befreien.
Mit ihrem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit hat die Kommission das Ziel ausgegeben, Europa zu dem Ort zu machen, an dem die Technologien, Dienstleistungen und sauberen Produkte von morgen erfunden, hergestellt und vermarktet werden. ESG und Klimaneutralität stehen also weiterhin auf der EU-Agenda, sollen aber mit der Omnibus-Verordnung unkomplizierter und unbürokratischer angegangen werden.
Dieser Weg kann nur begrüßt werden: Bürokratiemonster haben dem Thema ESG nicht genutzt, sondern es in Verruf gebracht. Der Gesetzgeber muss sich von dem Drang befreien, alles regulieren zu müssen. Vieles kann dem freien Markt überlassen werden und bedarf keiner regulatorischen Einflüsse. Denn so wie mittlerweile viele Unternehmen der Lebensmittelindustrie die Bedeutung von „bio“ erkannt haben, ist es auch ohne zwingende Regulatorik gelungen, Unternehmen von der Bedeutung von ESG für Kunden und Mitarbeiter zu überzeugen. Überbordende Bürokratie schadet dabei nur.
Aus anwaltlicher Sicht gilt: Gut beraten ist, wer sich an den allgemeinen Sorgfaltspflichten von Vorständen und Geschäftsführern orientiert: Gemäß § 93 Abs. 1 AktG sind Unternehmensentscheidungen auf der Grundlage angemessener Information zum Wohl der Gesellschaft zu treffen. ESG-Aspekte sind dabei zu berücksichtigten, nicht als Selbstzweck, sondern im Interesse des Unternehmens, etwa zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber, zur aktiven Vorbereitung auf Klimaveränderungen und zur Vermeidung von Haftungsansprüchen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die ESG-Diskussion weiterentwickelt und was die angekündigten Omnibus-Verordnungen der EU-Kommission bringen. In jedem Fall gilt: Wer ESG-Risiken nicht berücksichtigt, könnte sich auch künftig langfristig selbst schaden – nicht nur aus regulatorischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive.
Unsere Autorin
Barbara Mayer ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Advant Beiten in Freiburg