Wie ticken die jungen Führungskräfte im Land? Im Rahmen der Landeskonferenz der Wirtschaftsjunioren in Villingen-Schwenningen spricht Kreissprecher Andreas Schulik über Mut in unsicheren Zeiten, echte Netzwerke und Geschäftsmodelle mit Sinn. Ein Gespräch über Verantwortung, KI – und warum Kooperation oft der klügere Wettbewerb ist.

Die Zukunft der baden-württembergischen Wirtschaft wird sich für drei Tage, vom 27. bis 29. Juni, in Villingen-Schwenningen treffen: Bei der Landeskonferenz (Lako) der Wirtschaftsjunioren geht es ums Netzwerken und den Erfahrungsaustausch, um neue Chancen und anhaltende Herausforderungen. Wir haben das genutzt, um im Vorfeld mit Andreas Schulik, Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Schwarzwald-Baar-Heuberg, ins Gespräch zu kommen: über Geschäftsmodelle von morgen und die Hoffnungen von heute.
Herr Schulik, wie ist die Stimmung bei den Wirtschaftsjunioren derzeit? Überwiegt eher die Lust auf Zukunft oder die Angst vor den Auswirkungen der anhaltenden Wirtschaftsflaute?
Wir spüren beides: Mut und Unsicherheit. Aber ich glaube, dass Lust auf Zukunft entsteht, wenn Menschen sich in Gemeinschaft erleben – und merken: Ich bin nicht allein mit meinen Fragen.
Was macht Sie optimistisch, wenn Sie nach vorn schauen?
Nicht die Zahlen, sondern die Menschen. Immer wenn ich von einem Termin nach Hause fahre – sei’s Stammtisch, Betriebsbesichtigung oder ein Training – denke ich: Wow, da war wieder jemand, der was wagt, was denkt, was gibt. Diese Energie steckt an und potenziert sich. Die Leute haben Lust, Verantwortung zu übernehmen, machen und scheitern auch. Ich glaube an Menschen, die anpacken.
Schon im Vorfeld der Lako gewinnt man den Eindruck: Dort treffen nicht Wettbewerber aufeinander – sondern Kollegen. Man sucht eher die Kooperation als die Konfrontation mit der Konkurrenz. Warum?
Weil wir wissen, dass unser größter Wettbewerb oft nicht der andere Unternehmer ist, sondern die eigene Bequemlichkeit, der innere Endgegner. Wenn wir uns gegenseitig ermutigen, inspirieren und mal ehrlich sagen: „Ey, probier das mal so!“ – dann entsteht Wachstum. Und dafür ist das Netzwerk da. Wer bei den Wirtschaftsjunioren offen fragt, bekommt ehrliche Antworten. Das ist kein Zufall, sondern Haltung.
Und dazu passt ein Highlight dieses Jahres, Sie sprechen es an: Wir als Kreis richten die Landeskonferenz der Wirtschaftsjunioren Baden-Württemberg aus – knapp 400 junge Unternehmer und Führungskräfte kommen zusammen, um sich weiterzubilden, zu vernetzen und Gemeinschaft zu erleben.
Das klingt so ein bisschen nach Silicon-Valley-Thinking: Wissen teilen, sich gegenseitig pushen, gemeinsam die Welt verändern – ohne dabei dem anderen die Butter vom Brot zu nehmen, weil der Markt groß genug ist, dass alle ihren Teil vom Kuchen bekommen…
Da war ich bisher noch nicht. Ich nenn’s Management des gegenseitigen Ergänzens.
Baden-Württemberg heute: Das ist Automotive und Maschinenbau, Elektro- und Medizintechnik. Wie aber sieht das in zehn Jahren aus? Sprechen wir dann von einem Land der Medizintechnik, der SaaS-Anbieter, der Umwelttechniker und Automatisierer – oder was werden die Leitbranchen der 2030er-Jahre sein?
Da bin ich ehrlich: Ich habe keine Ahnung und bin kein Zukunftsforscher. Aber ich sehe Gründer, die in Nachhaltigkeit, Gesundheit, Software investieren – und ich glaube: Die Mischung aus Industrie-Know-how und Menschlichkeit wird unser Vorteil bleiben.
Was sind aus Sicht der Wirtschaftsjunioren die drei interessantesten Geschäftsmodelle von morgen?
Alles, was echte Probleme löst – nicht nur Investoren beeindruckt. Geschäftsmodelle, die Ressourcen sparen, Gesundheit stärken oder mentale Resilienz fördern – das ist Zukunftsfähigkeit in der Praxis.
Beim Creative Young Entrepreneur Wettbewerb, den ich seit ein paar Jahren unterstütze, sehen wir genau das: Junge Unternehmer, die mit ihren Ideen anpacken, statt nur zu reden. Der nationale Wettbewerb fand gerade in Oldenburg statt – fast alle Finalisten kamen aus Bereichen wie Nachhaltigkeit, Gesundheit oder smarter Softwarelösungen.
Es zeigt sich: Die spannendsten Modelle entstehen da, wo man nah dran ist an echten Herausforderungen – und Verantwortung übernimmt.
Und um diese Geschäftsmodelle zu entwickeln: Was erwarten die Wirtschaftsjunioren hierfür an (politischen) Rahmenbedingungen?
Vertrauen. Planungssicherheit. Und weniger Gängelung – dafür mehr Ermöglichung. Viele Unternehmer wollen gestalten – aber sie brauchen die Freiheit, auch mal falsch zu liegen.
Genau darum engagieren wir uns auch im Know-how-Transfer (KHT) – auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Dort bringen wir unsere Perspektiven in die Politik ein, begegnen Abgeordneten auf Augenhöhe und machen sichtbar, wo bürokratische Hürden echten Fortschritt verhindern.
Der KHT ist keine reine Veranstaltung – er ist gelebter Dialog. Und dieser Dialog braucht politische Rahmenbedingungen, die Unternehmertum nicht nur verwalten, sondern ermutigen.
Welche Rolle spielt bei der Frage nach unserem Wirtschaftsmodell der Zukunft die KI?
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in Ihrem Auto. Sie tippen ins Navi München ein. Sie haben mehrere Routenoptionen und entscheiden sich schließlich für den schnellsten Weg. Ich sehe KI wie ein Navi. Es hilft mir, schneller zu fahren und mein Ziel zu erreichen. Aber wenn ich nicht weiß, wohin ich will, bringt’s auch nix. Orientierung geben – das bleibt menschlich.
KI ist ein Werkzeug. Was zählt, ist der Mensch am anderen Ende. Wir brauchen Menschen, die wissen, wann Technik hilft – und wann Zuhören, Präsenz oder ein echtes Gespräch wichtiger sind.
Und wie sehen Sie als Wirtschaftsjunioren die Zukunft der Arbeit? Elon Musk prophezeit für die Zukunft Millionen humanoider Roboter als Fabrikarbeiter von morgen… Werden die im Ländle schaffen?
Technik wird vieles übernehmen – aber nicht Haltung. Nicht Werte. Und nicht echte Verbindung. Die Frage ist nicht: Was kann ersetzt werden? Sondern: Was ist wirklich menschlich?
Es gibt diverse Studien, die den ganz großen Impact von KI im Bereich der Verwaltung und des Dienstleistungssektors sehen. KI-Agents für das Beantworten vorn Bürger- oder Kundenfragen, für die Buchhaltung, die Vertragsgestaltung, das Marketing – noch aber nimmt die Zahl der Verwalter auch in Baden-Württemberg noch von Jahr zu Jahr zu.
Wir müssen nicht alles digitalisieren – nur das, was nervt. Wenn ich heute einen Personalausweis beantrage, fühle ich mich wie 1998. Also ja: Ich wäre bereit für Fortschritt.
Letzte Frage aus diesem Bereich: Man stelle sich vor, man könnte mit KI-Agents eines Tages jede noch so bürokratische Vorgabe erfüllen – klingt fast zu schön, um wahr zu sein, oder?
Klingt gut – aber führt nur zu mehr Ordnung, nicht zu mehr Sinn. Führung heißt nicht: alles regeln. Sondern: die richtigen Fragen stellen. Und manchmal auch loslassen.
Wir brauchen Menschen, die Verantwortung übernehmen. Für sich selbst, für andere, für ein gutes Miteinander. Genau das bedeutet für mich unser diesjähriges Jahresmotte: #VorbilderFühren.