Die zweite Amtszeit von Donald Trump in den USA besorgt die deutsche Wirtschaft. Auch unsere Fachautorin meint: Sein Hang zum Protektionismus birgt Risiken. Gleichzeitig sieht sie aber durchaus neue Chancen für deutsche Unternehmen.

Die USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner: In keinem anderen Land werden mehr deutsche Produkte verkauft. Umgekehrt sind deutsche Unternehmen für etwa zwölf Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in den USA verantwortlich. Beide Länder sind also wirtschaftlich stark verflochten. In dieser Situation hat die zweite Amtszeit von Donald Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten in der deutschen Wirtschaft einige Besorgnis ausgelöst. Die Sorgen sind begründet; gleichzeitig bieten die Entwicklungen neue Chancen für deutsche Unternehmen.
Handelshemmnisse und Zollpolitik
Ein zentrales Thema ist die Ankündigung Trumps, als eine der ersten Amtshandlungen hohe Importzölle zum Schutz der amerikanischen Wirtschaft einzuführen. Diese sollen sich insbesondere gegen Importe aus China, Kanada und Mexiko richten, beträfen aber auch deutsche Unternehmen. Denn zahlreiche in die USA importierte Produkte enthalten Komponenten aus China
oder werden aufgrund der bislang bestehenden Zollfreiheit in Mexiko produziert. Beide Geschäftsmodelle sind gefährdet. Gleichzeitig lockt Trump mit niedrigen Steuern und Energiekosten sowie geringer Regulierung. Es spricht deshalb einiges dafür, Produktionskapazitäten in den USA auf- oder auszubauen. Als Einstieg in den US-Markt bieten sich Partnerschaften mit lokalen Unternehmen an, sei es in Form einer losen Kooperation oder durch Beteiligungen und Übernahmen.
Die Bedeutung von Reformen in Europa
Während Trump Industrieansiedlungen in den USA fördern will, sind Unternehmen hierzulande einem unguten Gemisch aus hohen Arbeits-, Energie-, Regulierungskosten und Steuerbelastungen ausgesetzt. Dennoch hat Deutschland alle Zutaten, um als Standort attraktiv zu bleiben: eine gute mittelständische Industriebasis, hervorragende Bildungs- und Forschungseinrichtungen, privates und institutionelles Kapital, Stabilität. Die Innovationsagenda 2030 des Bundesverbands Deutsche Startups enthält etliche gute Vorschläge, wie Deutschland wieder in Schwung gebracht und wettbewerbsfähig gemacht werden kann. Zudem hat auch die EU erkannt, dass Schlüsseltechnologien in Europa wichtig sind; dementsprechend wurden Förderprogramme für heimische Investitionen aufgelegt.
Chancen in einem schwierigen Umfeld
Vor diesem Hintergrund sind schnelle Investments in den USA sorgfältig zu prüfen. Bei Unternehmenskäufen werden sehr hohe Preise aufgerufen. Zudem ist das Risiko zu scheitern hoch: Die Unternehmenskulturen unterscheiden sich deutlich und die Entfernungen sind zu groß, um als deutscher Mittelständler ohne Weiteres eine US-Tochter zu führen und zu integrieren. US-amerikanische Unternehmen klagen im industriellen Bereich auch schon heute über Fachkräftemangel, was den Aufbau von zusätzlichen Produktionskapazitäten in den USA erschwert.
Dass Deutschland als Standort trotz aller Probleme nicht ganz schlecht ist, beweisen die jüngsten Investitionen von Pharmakonzernen: Das US-Unternehmen Eli Lilly investiert 2,3 Milliarden Euro in den Bau einer hochmodernen Fabrik in Rheinland-Pfalz, das japanische Unternehmen Daiichi-Sankyo eine Milliarde Euro in eine Produktionsstätte für neue Krebsmittel im oberbayerischen Pfaffenhofen. Pfizer und Sanofi haben ebenfalls Millioneninvestitionen angekündigt.
Auch im Bereich erneuerbare Energien, Energieeffizienz und -speicherung bieten sich gute Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Für sie bleiben (auch) die USA ein interessanter Markt.
Blick nach vorne
Deutsche Unternehmen sind gut beraten, auf Schnellschüsse zu verzichten und stattdessen die weiteren Entwicklungen zu beobachten. Wenn die neue Bundesregierung es schafft, mit gezielten Maßnahmen (auch auf europäischer Ebene) die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken, darf den kommenden Herausforderungen optimistisch entgegengeschaut werden.
Unsere Autorin
Barbara Mayer ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Advant Beiten in Freiburg