Die Wirtschaft leidet unter zu viel Bürokratie. Nun ist die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege verkürzt worden, das soll Erleichterung bringen. Warum der Effekt dabei allerdings eher gering ist, erklärt Steuerexperte Claudio Schmitt.

Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen, Buchungsbelege, Geschäftsbriefe: In vielen Unternehmen gibt es ganze Regale voller Ordnern vollgestopft mit geschäftlichen Unterlagen. Häufig auch bedeckt mit einer Staubschicht – denn grundsätzlich ist jeder Kaufmann dazu verpflichtet, geschäftliche Unterlagen jahrelang aufzubewahren. Diese handels- und steuerrechtlichen Aufzeichnungen sollen seine Handelsgeschäfte und seine Vermögenslage nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich machen. Doch wann beginnt die Aufbewahrungsfrist und wie lange müssen welche Unterlagen aufbewahrt werden? Und Obacht – mit Beginn des neuen Jahres gelten neue Regelungen für Buchungsbelege. Grund ist das (vielleicht etwas viel versprechende) Bürokratieentlastungsgesetz.
Zunächst einmal gilt: Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung ins Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss festgestellt und der Konzernabschluss aufgestellt wurde. Bei Handels- und Geschäftsbriefen beginnt die Frist mit dem Ende des Jahres, in dem sie empfangen beziehungsweise abgeschickt wurden. Für Buchungsbelege oder sonstige Unterlagen ist das Ende des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, maßgeblich.
Entscheidend für den Fristbeginn ist somit jeweils die Entstehung der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen. Wurde beispielsweise im Jahr 2024 der Jahresabschluss 2023 festgestellt, beginnt für diesen die Aufbewahrungsfrist am 31. Dezember 2024.
Grundsätzlich lassen es übrigens sowohl Handels- als auch Steuerrecht zu, Unterlagen digital aufzubewahren.
Was kann wann in den Schredder?
Durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sind mit dem 1. Januar 2025 Änderungen in Kraft getreten, die die bürokratiegebeutelte Wirtschaft und die Bürger entlasten sollen. Das betrifft auch die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege – aber nur für diese! Sie wurden verkürzt.
Die Aufbewahrungsfristen nach der Gesetzesänderung im Handelsgesetzbuch und in der Abgabenordnung lauten nun: Weiterhin zehn Jahre aufbewahrt werden müssen Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Konzernabschlüsse, Lageberichte und Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen.
Neuerdings müssen aber Buchungsbelege wie Rechnungen und Kostenbelege nur noch acht Jahre lang gelagert werden, statt bisher zehn. Immer noch nach sechs Jahren können alle sonstigen Unterlagen in den Schredder.
Damit die Entlastung vollständig wirksam wird, wird auch die umsatzsteuerliche Aufbewahrungsfrist für Rechnungen an die neue Frist angepasst.
Seit dem 1. Januar können folglich grundsätzlich alle Unterlagen ab 2013 und älter vernichtet werden. Buchungsbelege bis einschließlich das Geschäftsjahr 2015 betreffend können ebenfalls vernichtet werden, sofern die letzte Buchung 2016 erfolgt ist. Ausnahme: Die Aufbewahrungsfrist endet dann nicht, wenn das Finanzamt schriftlich bis zum 31. Dezember 2024 eine Außenprüfung angeordnet hat oder Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Erleichterung läuft ins Leere
Besonders viel Entlastung ergibt sich durch die Änderung nicht. Für Unternehmen, die Buchungsbelege zusammen mit den Abschlussunterlagen aufbewahren, läuft die vermeintliche Erleichterung und Verkürzung der Aufbewahrungsfrist praktisch ins Leere. Auch ist im Einzelfall zu überlegen, alle Unterlagen im Zweifel zehn Jahre aufzubewahren, um auf der sicheren Seite zu sein. Zudem läuft die Aufbewahrungsfrist auch dann nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung und Steuerbescheide nicht bestandskräftig sind. Dies kann auch nach Ablauf von acht Jahren der Fall sein.
Unser Autor
Claudio Schmitt ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Bansbach in Freiburg. Seine Gebiete sind unter anderem die steuerliche Beratung von Mittelständlern und Betreuung von Betriebsprüfungen.