Kleine und mittelständische Betriebe haben meist einen anderen Informationsbedarf als große Unternehmen. Kleine Tipps können deshalb schon einen großen Nutzen bringen. Auf dieser Doppelseite möchten wir Ihnen wertvolle Hinweise geben – und sind Ihnen dankbar für Ihre Fragen, die wir Ihnen gerne beantworten (ratgeber@vs.ihk.de).

Die Urlaubssaison steht bevor
In unserer letzten Ausgabe haben wir dargestellt, nach welchen Kriterien Arbeitnehmer den Zeitpunkt ihres Urlaubs wählen können und welchen Einfluss die Arbeitgeber auf ihn haben. Im zweiten Teil werden wir uns damit beschäftigen, was passiert, wenn nicht der ganze Urlaub genommen wird. Eigentlich soll der Jahresurlaub im gleichen Jahr genommen werden, in dem er entstanden ist. Die Regelung, wonach er auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen werden kann, ist eigentlich als enge Ausnahme vorgesehen, die nur greift, wenn aus wichtigen betrieblichen oder persönlichen Gründen kein Urlaub genommen werden konnte. In der Praxis wird dies von den Unternehmen aber meist sehr großzügig gehandhabt.
Was viele nicht wissen: Der Urlaub verfällt nur, wenn die Mitarbeiter vom Arbeitgeber rechtzeitig über den möglichen Verfall informiert wurden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Verfallsregelung im Bundesurlaubsgesetz rechtswidrig ist – diese Auffassung muss von deutschen Gerichten beachtet werden.
Ein Sonderfall ist der Verfall von Urlaubstagen bei Dauerkrankheit. Arbeitnehmer erwerben auch während einer Erkrankung Urlaubsansprüche. Da Urlaubstage aber nicht genommen werden können, während Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank sind, kommt es bei ganzjährigen Krankheiten vor, dass Urlaub überhaupt nicht genommen werden kann. Die Urlaubstage werden also ins Folgejahr übertragen.
Dies würde bei mehrjährigen Krankheiten dazu führen, dass Arbeitnehmern nach ihrer Gesundung die in diesen Jahren erworbenen Urlaubsansprüche vollständig zustehen – bei langen Erkrankungen kämen hier sehr viele Urlaubstage zustande. Hier hat die Rechtsprechung eine Grenze gezogen: Urlaubstage, die wegen Krankheit nicht genommen werden konnten, verfallen 15 Monate nach ihrem Entstehungsjahr. Der 2017 entstandene Urlaubsanspruch ist also Ende März dieses Jahres verfallen.
Ein wichtiger Punkt sind Krankheiten während der Urlaubszeit. Der Urlaub soll die Erholung der Arbeitnehmer sicherstellen. Aus diesem Grund werden Urlaubstage, während denen Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt sind, nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet – der durch Krankheit vereitelte Urlaub kann also erneut genommen werden. Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber allerdings unverzüglich über die Erkrankung informieren und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Krankheitszeitraum vorlegen, um in den Genuss dieser Regelung zu kommen.
Anders als bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, bei der man erst ab dem dritten Tag eine Krankschreibung braucht, muss tatsächlich ab dem ersten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen, wenn Arbeitnehmer ihre Urlaubstage nicht anrechnen lassen wollen. Fehlt diese, gelten die Urlaubstage als genommen.
rd

Nachgefragt
bei Rechtsanwalt Klaus Maier, Fachanwalt für Arbeits- und Insolvenzrecht bei der Sozietät Haller & Partner Fachanwälte, Villingen-Schwenningen
Der EuGH hält den Verfall von Urlaubstagen für rechtswidrig. Wie reagiere ich am besten?
Der Verfall von Urlaubstagen ist weiterhin möglich – wenn der Arbeitgeber rechtzeitig und klar davor warnt. Als Arbeitgeber sollten Sie also dafür sorgen, dass Mitarbeiter rechtzeitig ihren Urlaub einreichen – und entsprechend darauf hinweisen, wenn nicht alle Urlaubstage genommen werden. Dass Arbeitnehmer sich ein oder zwei Tage aufsparen wollen, um ein wenig flexibel zu sein, ist aber legitim.
Was ist bei angesparten Urlaubstagen sonst noch beachten?
Wenn Arbeitnehmer von Voll- auf Teilzeit wechseln, haben sie oft noch viele Urlaubstage angespart. Diese sollten vor der Reduzierung aufgebraucht werden. Zehn Urlaubstage entsprechen bei einer normalen Vollzeitstelle zwei Urlaubswochen. Reduziert der Mitarbeiter aber auf eine Zwei-Tage Woche, kann er mit dem gleichen Anspruch anschließend fünf Wochen Urlaub beanspruchen. Derart lange Fehlzeiten können die Leistung seiner Abteilung massiv beeinflussen.
Interview: Robert Dorsel