Die seit Herbst verschärften Coronamaßnahmen und Schließungen großer Teile der Wirtschaft zeigen ihre Auswirkungen in den Ergebnissen der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage.
Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur sind zum Jahreswechsel bei den Unternehmen im IHK-Bezirk im Vergleich zum Herbst zurückgegangen. Insbesondere der Handel und Teile der Dienstleistungsunternehmen leiden unter dem erneuten Lockdown. „Das produzierende Gewerbe ist momentan das Zugpferd der Konjunktur“, so Alexander Graf, bei der Kammer zuständig für die Konjunkturumfrage. „Aufgrund der Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie und des Fehlens einer verlässlichen Öffnungsperspektive sinken die Erwartungen vieler Unternehmen bezüglich der weiteren Konjunkturentwicklung.“ Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region sinkt von 111 Punkten in der Herbstbefragung auf 102 Punkte zum Jahreswechsel. Damit liegt die Region unter dem Landesschnitt. Corona sorgt dafür, dass auch die Investitionsabsichten der Unternehmen weiter unter dem langjährigen Mittel in der Region bleiben.
Industrie mit steigender Auslastung
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage ist im Vergleich zum Herbst leicht gesunken. Der „Lage-Indikator“ befindet sich mit 111 Punkten (Herbst: 107 Punkte) deutlich entfernt vom Vorjahreswert (146 Punkte). Trotz der erneuten konjunkturellen Eintrübung der vergangenen Monate ist die Lage der Betriebe in der Region noch relativ gut. 38 Prozent der teilnehmenden Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage als befriedigend, 28 Prozent als schlecht, aber auch 34 Prozent als gut.
Positive Signale kommen von den Produktionsbetrieben. Deren Einschätzungen zur Lage haben sich gegenüber dem Herbst verbessert. Mit einem von 103 auf 114 gestiegenen Indikatorwert für die Lage der Industrieunternehmen setzt sich die Erholung seit dem massiven Einbruch im Frühjahr 2020 weiter fort. Rund 34 Prozent bezeichnen die Geschäftslage als gut. Der Anteil der Industrieunternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, ist seit Herbst von 27 auf 19 Prozent gesunken. Gefestigt zeigt sich auch der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie. Sie hat von 76 auf rund 81 Prozent zugenommen, das langjährige Mittel ist aber noch nicht wieder erreicht. Wie im Herbst berichten aktuell mehr Produktionsbetriebe bei der Entwicklung der Auftragseingänge von einer steigenden Tendenz (33 Prozent) als von fallenden Auftragszahlen (21 Prozent). Bei knapp jedem zweiten Betrieb besteht eine gleichbleibende Tendenz im Auftragseingang. Damit kommen die meisten Industriebetriebe bisher besser durch die Krise als zunächst prognostiziert.
Dienstleistungen differenziert, Handel getroffen
Im Dienstleistungsbereich gehen die Beurteilungen der Lage weit auseinander, insgesamt nimmt die Zahl der negativen Antworten zu. 38 Prozent der Dienstleister sprechen von einer guten Lage. Aber der Anteil derer, die ihre Lage als schlecht einschätzen, hat sich seit Herbst von 14 auf 29 Prozent verdoppelt. Beim Umsatz verzeichnen 58 Prozent einen Rückgang gegenüber dem Vorjahresquartal. Auch die derzeitige Tendenz bei der Nachfrage zeigt sich weniger erfreulich als im Herbst: Jeder zweite Dienstleister verzeichnet ein gleichbleibendes Auftragsvolumen; der Anteil der Dienstleister mit steigendem Volumen geht von 28 auf 21 Prozent zurück, während bei rund 30 Prozent das Volumen abnimmt. Das ist angesichts des Lockdowns wenig verwunderlich.
Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zum Jahreswechsel insgesamt negativer aus als noch im Herbst. Sprachen damals 72 Prozent von einer befriedigenden Geschäftslage, so sind es aktuell noch 34 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Händler, die sich in einer schlechten Geschäftslage befinden, von 20 auf 41 Prozent verdoppelt. Allerdings hat sich auch der Anteil derer, die die aktuelle Lage als gut bezeichnen, von 7 auf nunmehr 25 Prozent deutlich erhöht. Weiter berichten 60 Prozent der Betriebe von gegenüber dem Vorjahresquartal gefallenen Umsätzen. Die Ertragslage wird von 48 Prozent der Händler als schlecht beurteilt, von 29 Prozent als befriedigend und von 23 Prozent als gut. Offensichtlich gelang es einem Teil der Händler, über Kundenbindung und Onlineverkäufe das Weihnachtsgeschäft einigermaßen zu retten. Momentan schätzen 55 Prozent der Befragten das aktuelle Kaufverhalten der Kunden unter den vorgegebenen Coronarestriktionen als zurückhaltend ein.
Schlechtere Erwartungen
Die Erwartungen der Unternehmen an die Entwicklung der kommenden zwölf Monate sind aufgrund des erneuten harten Lockdowns und der Entwicklung der Pandemie in den vergangenen Wochen gegenüber der Herbstumfrage rückläufig. Aktuell gehen nun 32 Prozent der Betriebe von einer Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten aus, 31 Prozent von einer Verbesserung der Geschäfte. 37 Prozent der Betriebe sehen keine wesentlichen Veränderungen voraus. Dabei schauen die Betriebe des produzierenden Gewerbes mehrheitlich positiv nach vorne. 45 Prozent erwarten eine Verbesserung der Geschäfte in diesem Kalenderjahr und weitere 45 Prozent sehen zumindest eine gleichbleibende Entwicklung voraus. Mit einer Verschlechterung der Geschäfte rechnen nur noch zehn Prozent. Ähnlich verhält es sich bei den erwarteten Umsätzen, bei denen 47 Prozent der Produktionsbetriebe steigende Zahlen prognostizieren. Und auch dem Export trauen 42 Prozent der Unternehmen einen Aufschwung zu.
Die Erwartungshaltung in der Dienstleistungsbranche hat sich dagegen eingetrübt. Glaubte im Herbst noch jeder zweite Dienstleister an bessere Geschäfte, so sind es aktuell noch 37 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil derer, die mit schlechteren Monaten rechnen, von 18 auf 28 Prozent erhöht. Im Handel sehen die Umfragewerte noch dramatischer aus. Hier sehen nur neun Prozent der Händler in den kommenden zwölf Monaten bessere Geschäfte für ihren Betrieb. Mehr als jedes zweite Unternehmen (57 Prozent) erwartet eine Verschlechterung der Situation, rund ein Drittel geht von einer gleichbleibenden Entwicklung aus. Den Händlern, aber auch teilweise den Dienstleistern fehlen aktuell Öffnungsperspektiven.
Investitionsabsichten
Die Investitionsabsichten der Unternehmen im Inland stagnieren coronabedingt unter dem langjährigen Mittel. Ausschlaggebend ist auch hier die Verunsicherung über den weiteren Verlauf der Pandemie. So gehen insgesamt 21 Prozent der Unternehmen von zunehmenden Investitionen aus, während 29 Prozent geringere Investitionen und 14 Prozent keine Investitionen in den kommenden Monaten vornehmen wollen. Im Handel ist der Anteil an Betrieben, die beabsichtigen, nicht zu investieren, mit 34 Prozent so hoch wie nie. Verwendet werden sollen die Mittel in der Industrie insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (76 Prozent) und für Rationalisierungsvorhaben (47 Prozent). Im Dienstleistungsbereich sind die Hauptmotive Digitalisierungsvorhaben (66 Prozent) und der Ersatzbedarf (54 Prozent) genauso wie bei den Handelsbetrieben, bei denen ebenfalls die Investitionen in Ersatzbeschaffungen (65 Prozent) und die Digitalisierung (48 Prozent) überwiegen.
Zu einem allgemeinen Schub bei den Investitionsvorhaben dürfte es erst wieder kommen, wenn die Ausbreitung des Virus gestoppt ist und sich die Lage dahingehend entspannt hat, dass die Unternehmen eine positive Planungssicherheit haben.
Konjunkturelle Risiken
Somit wenig verwunderlich ist die Coronapandemie branchenübergreifend das aktuell meistgenannte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen in der Region (84 Prozent). Bislang war die Kapitalausstattung für den Großteil der Unternehmen keine Existenzfrage. 45 Prozent der Befragten (Herbst: 51 Prozent) geben an, dass die Coronakrise keine negativen Auswirkungen auf die Finanzierungssituation des Unternehmens hat. Aber 36 Prozent verzeichnen einen Rückgang des Eigenkapitals, bei 15 Prozent treten Liquiditätsengpässe auf und zwölf Prozent kämpfen mit Forderungsausfällen. Von drohender Insolvenz sprechen aktuell drei Prozent der Befragten im Kammerbezirk. Jede zeitliche Ausdehnung der Krise lässt diese Risiken weiter ansteigen.
Über allen Erwartungen steht die Hoffnung, dass die Pandemie entscheidend eingedämmt werden kann und die Restriktionen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen nachhaltig zurückgenommen werden können. Auf die Rückkehr zu einer normalen Geschäftstätigkeit noch im Jahr 2021 hoffen 41 Prozent der Betriebe. Zwölf Prozent geben an, bereits (wieder) an der Vorkrisenauslastung tätig zu sein.
AG