Im Verantwortungsbereich der IHK Südlicher Oberrhein werden pro Jahr knapp zehn Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Zwar entscheiden sich einige dieser Abbrecher für eine andere Ausbildung oder ein Studium, doch ist für manche aufgrund persönlicher Probleme das Ende der beruflichen Karriere mit der Vertragslösung besiegelt. Damit es nicht so weit kommt, ist seit zwei Jahren IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner im Einsatz.
Die Nöte der Azubis, mit denen Markus Keßner in seinem Arbeitsalltag konfrontiert wird, reichen von Aufmerksamkeitsdefizitstörungen (ADHS) über ungewollte Schwangerschaften und Schulden bis zu Drogenproblemen. „Solche Sorgen können weder die Ausbildungsbetriebe noch die IHK-Ausbildungsberater auffangen“, sagt der Experte. Deshalb gibt es seit Februar 2019 bei der IHK Südlicher Oberrhein die Stelle des Ausbildungsbegleiters. 20 von ihnen arbeiten im ganzen Land; sie sind Teil des Projekts „Erfolgreich ausgebildet! – Ausbildungsqualität sichern“ vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Die Stelle ist bei der IHK mit 80 Prozent vom Ministerium gefördert. Bei 44 jungen Menschen hat Keßner den Abbruch der Ausbildung seit Aufnahme seiner Tätigkeit verhindert, nur bei zwölf Azubis waren seine Anstrengungen nicht von Erfolg gekrönt. Trotz der guten Quote bleibt der 58-Jährige bescheiden: „Ich bin ja nicht die Lösung des Problems, ich bin nur das Werkzeug.“ Das ist auch das, was er seinen Schützlingen immer wieder mit auf den Weg gibt: „Es liegt an Dir.“ – Beziehungsweise ist seine Formulierung abhängig vom Gegenüber auch mal etwas herber, damit sie wirklich ankommt: „Die Wurst kann ich Dir hinhalten, aber danach schnappen musst Du selbst!“
Keßner profitiert von einem großen Erfahrungsschatz. Unter anderem hat er zwei Jahre lang Arbeitssuchende auf dem Weg zurück in die Arbeit bei der Handwerkskammer unterstützt; neun Jahre war er bei der Jugendberufshilfe Ortenau tätig. Zuvor war er in der katholischen Jugendarbeit und in der Arbeitnehmerseelsorge aktiv. Eine zweijährige Ausbildung zum Betriebsseelsorger sowie verschiedene Zertifikate runden sein Profil ab. Und auch mit der dualen Ausbildung kennt sich Keßner aus: „Meinen Berufsweg habe ich als Schlosser begonnen.“
Die Betreuung der Auszubildenden ist, abhängig von ihren Problemen, sehr unterschiedlich. Keßner: „Im besten Fall reichen ein paar wenige Treffen. Mit anderen bin ich über Monate im regelmäßigen Austausch; einen habe ich anderthalb Jahre begleitet.“ Auch die Art der Unterstützung variiert. So hilft Keßner mal mit einem erklärenden Anruf bei der Krankenkasse, wo sich durch fehlende Erläuterungen Schulden im fünfstelligen Bereich angesammelt haben, mal ist er beim Arztbesuch dabei, dann sitzt er bei Streitigkeiten mit dem Azubi im Gerichtssaal.
Nach zwei Jahren als Ausbildungsbegleiter, davon beinahe ein Jahr mit Corona, stellt Keßner fest: „Die psychischen Erkrankungen haben zugenommen.“ Kam manch einer unter normalen Umständen noch durch, so hätten ihm die Begleitumstände der Pandemie die Füße unter dem Boden weggezogen. „Drei Jahre war ein Azubi weg von den Drogen, hatte im Bouldern seine Ersatzdroge gefunden. Doch als die Kletterhallen geschlossen waren, ist er wieder in die Abhängigkeit gerutscht“, erzählt er von einem konkreten Beispiel.
Auch für Keßner ist die Betreuung der Azubis durch Corona komplizierter geworden. „Meine Tätigkeit ist eine aufsuchende Arbeit“, erklärt er. „Es ist wichtig, dass ich die jungen Leute in ihrem heimischen Umfeld besuche.“ Dabei ist es für ihn nicht nur von Bedeutung, die Lebenswelt der jungen Menschen kennenzulernen. Keßner: „Bei ihnen daheim entsteht ein Dialog auf Augenhöhe, das ist eine ganz andere Ebene des Miteinanders.“
Bis Juli 2021 ist die Tätigkeit des Ausbildungsbegleiters noch vom Ministerium gefördert. Keßner hofft auf Verlängerung des Projekts. Denn er ist überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist: „Als Sozialfall für den Rest ihres Lebens kämen diese Personen der Verwaltung deutlich teurer zu stehen.“
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Kontakt zu Markus Keßner für Ausbildungsbetriebe und Azubis:
Telefon: 0761 3858-164
Mail: markus.kessner@freiburg.ihk.de
Alle Informationen zum IHK-Ausbildungsbegleiter auch unter www.suedlicher-oberrhein.ihk.de ( 4351384)