
Neuenburg. „Wenn man einmal den Kopf aus der Menge streckt, werden viele aufmerksam und kommen plötzlich mit Angeboten“, stellt Nina Hartmann lachend fest. Die 50-jährige Unternehmerin ist nicht nur Landesverbandsvorsitzende für Baden beim Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU), sondern seit März dieses Jahres auch Präsidentin der Vereinigung Badischer Unternehmen + Verbände (VBU). Sie sitzt für den VBU im neuen Verband Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) und ist Mitbegründerin von Encourage Ventures, einer Initiative, die Investorinnen mit Gründerinnen zusammenbringt. „Wenn man fordert, Frauen sollen sichtbarer werden, darf man nicht die Erste sein, die kneift“, sagt sie, während sie zwei frisch gebrühte Milchkaffee über die Theke reicht.
Wir sitzen in der Cafeteriazone von Nepomuks Kinderwelt, die Nina Hartmann gemeinsam mit ihrem Mann Peter seit 2009 in Neuenburg am Rhein betreibt. Während er das operative Geschäft führt, kümmert sie sich um Marketing und Personal „und springt auch sonst ein, wenn Not am Mann ist“. Heute ist der Indoor-Kinderspielplatz menschenleer – wie schon seit Monaten. Das Bällebad ist abgebaut, die aufblasbare Hüpfburg hängt in den Seilen. Coronapause. Während der Lockdowns hat Nina Hartmann nur mit dem eigenen Nachwuchs „ein bisschen Abenteuer machen können“ und einmal die Woche im Nepomuks übernachtet. Sie auf dem Schlafsofa im Büro, die drei Söhne im Teenageralter auf dem Trampolin in der großen Halle. Um ein bisschen Abwechslung in das fade Lockdown-Homeoffice-für-alle-Leben zu bringen, sagt Nina Hartmann.
„Inzwischen dürften wir unter Auflagen auch schon wieder geöffnet haben“, erklärt sie, „aber da ein Großteil unserer Besucher aus Frankreich kommt, haben wir das Inzidenzgeschehen dort auch im Auge und uns sicherheitshalber gegen eine frühe Wiedereröffnung entschieden.“ Im Laufe des Septembers, so ihre Pläne Mitte August, soll die Kinderwelt wieder für den Nachwuchs öffnen. Bis dahin gibt es gelegentliche Events wie etwa jüngst eine Hundeschau auf dem großen Außengelände. Die Mitarbeiter hat man über Kurzarbeit zum Glück halten können.
Corona ist ein harter Test für das Unternehmerpaar, aber wenigstens kein existenzbedrohender, denn Nina Hartmann arbeitet hauptberuflich als Prokuristin beim Assekuranzmakler Südvers, der von ihrem Vater Manfred Karle groß gemacht wurde und heute von ihrem Bruder Florian geleitet wird. Die studierte Jurististin verantwortet im Konzern die Themen Recht, Datenschutz und bis vor Kurzem Personalentwicklung – für die sie auch nochmal berufsbegleitend ein passendes Masterstudium aufgesattelt hat. Nina Hartmann mag keine halben Sachen.
Dass sie es einmal auf inzwischen 22 Jahre im Familienunternehmen bringen würde, hätte die junge Nina nie für möglich gehalten. Nach dem Abitur entledigt sie sich des – „wohl auch weitgehend selbst auferlegten“ – Nachfolgedrucks, indem sie zugunsten ihres Bruders verzichtet und eine Schneiderlehre bei Burda absolviert. Die Leidenschaft für Mode ist groß, aber nicht groß genug. Beim Gründen eines Umweltausschusses bei Burda findet Nina Hartmann ihre Liebe zur Juristerei, das daraus resultierende Jurastudium führt sie per Semesterferienjob zurück zu Südvers.
Dass sie es einmal auf inzwischen 22 Jahre im Familienunternehmen bringen würde, hätte die junge Nina nie für möglich gehalten. Nach dem Abitur entledigt sie sich des – „wohl auch weitgehend selbst auferlegten“ – Nachfolgedrucks, indem sie zugunsten ihres Bruders verzichtet und eine Schneiderlehre bei Burda absolviert. Die Leidenschaft für Mode ist groß, aber nicht groß genug. Beim Gründen eines Umweltausschusses bei Burda findet Nina Hartmann ihre Liebe zur Juristerei, das daraus resultierende Jurastudium führt sie per Semesterferienjob zurück zu Südvers.
Vor einigen Jahren entdeckt Hartmann den VdU für sich, den Verband deutscher Unternehmerinnen. „Ich gebe zu, dass ich Verbandsarbeit lange nicht besonders gewertschätzt habe“, gesteht sie, „aber durch die Mitarbeit im VdU, der mich sehr geprägt hat, habe ich erfahren, wie gut es tut, sich austauschen zu können. Man kann sich an Menschen orientieren, die einem gut tun. Man kann an Vorbildern wachsen“.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Karriere mitsamt Familienleben und Hobbys – im Herbst kommt der passionierten Reiterin ein Pferd ins Haus – will Nina Hartmann gerne sein, auch wenn sie sich mit dem Begriff Vorbild nicht recht wohlfühlt. „Ich bin gerne ein Beispiel von vielen. Und je mehr Beispiele jemand hat, desto besser kann er sein eigenes Lebenspuzzle zusammenbauen.“ Im Übrigen bräuchten nicht nur junge Frauen, sondern auch junge Männer mehr Mutmacher für alternative Lebensentwürfe. „Die stehen doch auch enorm unter Druck, wenn sie sich für Teilzeit entscheiden.“ Trotzdem will Nina Hartmann sich und den VdU nicht auf Genderthemen reduziert wissen. Unternehmerinnen hätten die gleichen Wirtschaftsinteressen und -themen wie die männlichen Kollegen. Deshalb sei der VdU als ganz normaler Wirtschaftsverband zu verstehen.
In ihrem Amt als Präsidentin des VBU geht es ihr vor allem um Kleinunternehmen, „die ja das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden“. Der Umbau der Landwirtschaft werde beispielsweise ein ganz großes Thema der nahen Zukunft sein. „Und ich sehe mich als Bindeglied zwischen denen, die praktikable Vorschläge machen, wie es funktionieren kann, und denen, die die Mittel haben, das zu fördern. Ich denke, da wird es eine Vermittlungsstelle, eine Übersetzungshilfe brauchen, um das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.“ Die nötige Leidenschaft für Veränderung bringt Nina Hartmann in jedem Fall mit.
Text: uh
Bild: Marcus Jurschitza