2 | 2018
Wirtschaft im Südwesten
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und forderte eine „Bundesregierung mit Visionen für
unser Land und für Europa“. Die Wirtschaft sieht er
gut aufgestellt, um die anstehenden Herausforderun-
gen zu meistern, die Menschen müssten
allerdings an die Zukunft glauben und Mut
haben, sich weiterzuentwickeln. „Finden
wir als Gesellschaft wieder die richtige
Einstellung, die uns schon viele Male zum
Aufbruch beflügelte“, sagte Auer und skiz-
zierte seine Visionen für die Zukunft. Zum
Beispiel: „Eine positive Einstellung, die
Veränderungen annimmt, etwas Positives
daraus macht und diese vor allem auch umsetzt.“ Auer
hofft, dass sich die Deutschen von Weltmeistern der
Bedenkenträger in Weltmeister der Macher und Umset-
zer verwandeln, dass sich beispielsweise der Ausbau
und die Stärkung des Schienennetzes so umsetzen
lässt, wie es Österreich oder die Schweiz vormachen.
Dafür brauche es eine positive Einstellung zum Unter-
nehmertum, betonte der Unternehmer und mahnte
seine Kollegen beziehungsweise die Führungen großer
Konzerne. Cum-Ex-Geschäfte, Dieselskandale oder
Werksschließungen wie im Fall Siemens seien ebenso
kontraproduktiv wie das Ausnutzen von Steuer-
schlupflöchern. „Der ehrbare Kaufmann macht
nicht alles, was rechtlich zulässig ist, sondern
das, was vor der Wertewelt unserer Gesellschaft
Bestand hat“, sagte Auer, und die Zuhörer ap-
plaudierten.
Ein Schmunzeln ging durch die Reihen als der
IHK-Präsident seine nächste Vision vorstellte:
„Wir werden die führende Nation im Bereich der
Digitalisierung“. Die Industrie sieht er hier in einer
guten Position, schwieriger sei es dagegen, neue
Geschäftsmodelle vorherzusagen. So könnten
beispielsweise autonomes Fahren und Carsha-
ring die Automobilwelt viel mehr verändern, als
wir es uns heute vorstellten. Sicher sei indes,
dass alle digitalen Veränderungen ein leistungs-
fähigeres und flächendeckenderes Glasfasernetz
benötigten. Es brauche weit mehr als hundert
Megabits pro Sekunde, mahnte Auer. Da gebe
es speziell in der Region großen Handlungsbe-
darf, denn in einer aktuellen Studie landete der
südliche Oberrhein landesweit auf dem letzten
Platz (siehe hierzu auch Bericht auf Seite 23).
Die IHK will mit gutem Beispiel vorangehen und
in den kommenden Jahren ein „Projektbudget von
mindestens einer Million Euro aufsetzen“ – eines
der größten, das es je gab.
Die Lösung des Fachkräftemangels lautete eine
dritte Vision, die Auer präsentierte und schließ-
lich als letzte: „Wir sind die dauerhaft wachsende
Wirtschaftsregion in Deutschland und Europa“.
Da sind Wunsch und Wirklichkeit schon recht nah
beieinander, denn der südliche Oberrhein zählt bereits
zu den fünf am stärksten wachsenden Regionen in
Deutschland. Um die Erfolgsfaktoren dafür heraus-
zufinden und Engpässe aufzuzeigen,
will die IHK gemeinsam mit einem
Wirtschaftsforschungsinstitut eine
Regionalstudie zu den Entwicklungs-
möglichkeiten am südlichen Oberrhein
starten.
Positiv entwickelt haben sich laut
Auer die grenzüberschreitenden Be-
mühungen, um die Auswirkungen des
französischen Entsendegesetzes auf Unternehmen in
der Region abzuschwächen. Hier habe die IHK („sie
hören ja manchmal nichts von uns, aber wir tun trotz-
dem ’was“) hinter den Kulissen dafür gesorgt, dass
die angekündigten Regelungen gelockert würden und
unter anderem die geplanten 40 Euro Entsendegebühr
erstmal vom Tisch seien (mehr dazu auf Seite 54). „Der
Wert einer Idee liegt in ihrer Umsetzung“ zitierte Auer
abschließend den amerikanischen Erfinder Thomas
Edison, um an seine erste Vision zu erinnern: eine po-
sitive Einstellung zu Veränderungen.
kat
»Der ehrbare
Kaufmann macht
nicht alles,
was rechtlich
zulässig ist«
in seiner Neujahrsrede Visionen
positiv sehen