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Wirtschaft im Südwesten
2 | 2018
TITEL
W
ir wissen, dass die Elektromobilität kommt.
Wir wissen nur nicht wann und wieviel – das
ist wie bei einer Ketchupflasche“, zitierte
Corrado Nizzola
, Leiter der Vorentwicklung E-Motoren-
systeme bei der Daimler AG, seinen Vorstandsvorsit-
zenden Dieter Zetsche. Die Automobilindustrie, so
Nizzola, habe den richtigen Zeitpunkt für E-Autos nicht
verschlafen, es sei einfach noch zu früh gewesen. Wenn
Veränderungen kommen, so würde das schnell pas-
sieren. Man könne die These vertreten, dass bis 2025
der weltweite Marktanteil rein elektrischer Autos bei
15 Prozent und derjenige von Plug-in-Hybriden bei 50
Prozent liege. Daimler stelle sich auf alle möglichen
Entwicklungen ein, sowohl auf rein elektrische Autos
als auch Hybride als auch Plug-in-Hybride. Dabei gebe
es auch bei den für die Elektromobilität nötigen Kom-
ponenten ein großes Potenzial an Optimierungen, etwa
bei Steuerung und Regelung. Über allem werde aber
der Verbrennungsmotor nicht vernachlässigt. Auch
das Brennstoffzellenmodell sei nach wie vor aktuell.
Bis 2019 wolle Daimler ein E-Modell auf die Beine stellen
mit 350 PS, Bodenbatterie, 500 Kilometer Reichweite,
zwei Motoren (vorne und hinten) sowie Allrad. Die Ent-
wicklung hin zu mehr Reichweite und höherer Leistung
sei der Produktentwicklung des Verbrennungsmotors
ähnlich. Der wurde schließlich auch mehr als 130 Jahre
lang weiterentwickelt.
B
ei der anschließenden Podiumsdiskussion mit
Julian Meyer, Corrado Nizzola und
Christoph
Erdmenger
, im Verkehrsministerium des Landes
Leiter der Abteilung nachhaltige Mobilität, wurden diese
nach ihren persönlichen Hoffnungen und Erwartungen
gefragt. Erdmenger wünschte sich bis 2025 einen Anteil
von 25 Prozent Elektrofahrzeuge. Das öffentliche Lade-
netz werde ausgebaut, 80 bis 90 Prozent allerdings zu
Hause geladen. Er verwies darauf, dass China bis 2020
einen Anteil an neuen Fahrzeugen von 20 Prozent in der
E-Technologie haben wolle, Kalifornien strebe ein ähnli-
ches Ziel an, in Paris diskutiere man über ein Fahrverbot
von Verbrennungsmotoren ab 2030. Nizzola äußerte gar:
„Ich habe die Hoffnung, dass wir nicht genügend Fahr-
zeuge produzieren können, um der Nachfrage gerecht zu
werden.“ Julian Meyer wünschte sich eine rationale Be-
trachtung des Themas und einen Nutzen für die Umwelt.
I
nteressante Zahlen trug
Stefan Randak
, Head of
Automotive bei der Interim- und Managementbe-
ratung Atreus, vor. Er zitierte eine Roland-Berger-
Untersuchung, nach der die globale Produktion von
Autos bis 2025 von knapp 88 Millionen Stück (2015)
auf dann 119 Millionen anwachsen wird. Der Anteil von
teil- oder ganz elektrisch angetriebenen Autos werde
dabei allerdings von zwei Prozent im Jahr 2015 auf 21
Prozent steigen, derjenige konventionell angetriebener
Fahrzeuge von 98 auf 79 Prozent abnehmen. Die Studie
rechnet im Jahr 2025 mit einer Produktion von 4,6 Mil-
lionen Elektrofahrzeugen, 7 Millionen Plug-in-Hybriden
und 13,2 Millionen Vollhybriden. Der Dieselantrieb wer-
de danach zurückgehen und zwar vor allem bei kleine-
ren und mittleren Autos, während er bei den großen
Autos bis 2030 seine dominante Position bewahren
werde. Aus diesen Zahlen erwartet Randak für die Zu-
lieferindustrie mehrere Entwicklungen:
zunehmende Herausforderungen
für jene, die sich auf Diesel
spezialisiert haben, neue
Marktteilnehmer, die
»Wie bei der
Ketchupflasche –
keiner weiß,
wann und wie-
viel Elektromobi-
lität kommt«
Den elektrisch angetriebenen
Kleinwagen
„e.GOLife“ (Bild
links) für die Stadt beschrieb
Günther Schuh. Würden die
deutschen Kohlekraftwerke
(Bild Mitte) durch Gaskraft-
werke ersetzt, könnten massiv
CO
2
-Emissionen eingespart
werden, so Julian Meyer.
Bilder: electriceye - Fotolia,
e.GOMobile AG, ghazii - Fotolia, Marquardt