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Wirtschaft im Südwesten

2 | 2018

14

Leute

Fröhliche Powerfrau

Bettina Schuler-Kargoll | Schuler Rohstoff GmbH

DEISSLINGEN.

Ihre Branche und ihre Region liegen Bettina Schu-

ler-Kargoll am Herzen. Das merkt man an der engagierten Art, wie die

Unternehmerin darüber spricht. Dabei hat sie immer ein Lächeln im

Gesicht. „Ich kenne keine schlechte Laune“, sagt die Geschäftsfüh-

rerin der Schuler Rohstoff GmbH. Das heißt aber nicht, dass sie allem

etwas Positives abgewinnt. Im Gegenteil: „Wenn mich etwas stört,

will ich es ändern“, sagt sie. Das ist auch ein Grund für ihren ehren-

amtlichen Einsatz in der Branche und der Region. Für diesen genauso

wie für ihr unternehmerisches Engagement wurde die 60-Jährige

kürzlich mit der Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg

ausgezeichnet (wir berichteten). Für sie ist die Medaille in erster Linie

„eine große Anerkennung und Wertschätzung für unsere Leistung als

Recyclingunternehmen und dafür, was wir für die Umwelt tun.“ Mit

„Wir“ meint sie auch ihren Mann Dietmar Kargoll. Der promovierte

Volkswirt ist Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortet unter

anderem die Produktion. Bettina Schuler-Kargoll ist neben ihren Ge-

schäftsführungstätigkeiten unter anderem für den Handel des 1919

von ihrem Großvater August Schuler gegründeten Betriebs zuständig.

Das Unternehmen kauft Rohstoffe – vor allem Schrott und Metal-

le, aber auch alle anderen Arten von Abfällen wie Papier, Holz und

Kunststoff – ein, bereitet sie auf und verkauft sie weiter – an Gie-

ßereien, Schmelz- und Stahlwerke. Rund 260.000 Tonnen hat die

Schuler Rohstoff GmbH 2017 umgeschlagen. 106 Mitarbeiter sind

an den Standorten in Deißlingen und Singen beschäftigt, darunter

fünf Auszubildende. Dazu kommen die Tochterunternehmen Recon

in Deißlingen mit zwölf sowie Neidhardt in Memmingen mit 45 Mit-

arbeitern. Hauptabsatzmarkt ist Italien mit einem Anteil von rund 60

Prozent, gefolgt von Frankreich, Luxemburg und der Region.

Dass über „Schrotthändler“ oft abwertend gesprochen wird, stört

Bettina Schuler-Kargoll, der Ordnung auf ihrem Firmengelände sehr

wichtig ist. Die Branche habe Schrott und Metall schon recycelt,

als in der Politik noch lange nicht die Rede vom Wiederverwerten

war. Zudem betont sie die zahlreichen Auflagen, die erfüllt werden

müssten und verweist darauf, dass ihr Unternehmen auch zusätzliche

Kontrollsysteme im Boden eingebaut – beispielsweise um das Aus-

treten von Emulsionen zu verhindern – und das Umweltmanagement-

system EMAS eingeführt hat. Auch hier sind Bettina Schuler-Kargolls

Ausführungen von einem Lächeln begleitet - zum Beispiel, wenn sie

erzählt, dass ihr Vater bereits in den 1960er-Jahren einen Ölabschei-

der gesetzt hat, als dies noch nicht gesetzlich vorgeschrieben war.

Von ihm habe sie ihr Umweltbewusstsein geerbt.

Ihr Vater Erwin Schuler war es auch, der sie 1990 ins Unternehmen ge-

holt hatte, das sie 1994 dann übernommen hat – weil er ihr als einziger

seiner vier Kinder zutraute, den Familienbetrieb weiterzuführen. „Mich

musste man zu meinem Glück zwingen“, sagt Bettina Schuler-Kargoll

heute. Wäre sie nicht eingestiegen und von Stuttgart, wo sie als Lehre-

rin arbeitete, zurück nach Deißlingen gezogen, hätte ihr Vater verkauft.

Leicht war der Schritt für sie nicht – obwohl sie das Unternehmen

von klein auf kannte und in den Semesterferien dort regelmäßig in

der Buchhaltung gejobbt hatte. Hätte sie zwischen ihrem Musik- und

Englischstudium an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg nicht

drei Jahre lang beim dortigen Zelt-Musik-Festival die Verwaltung und

damit auch die Finanzen verantwortet, hätte sie sich die Leitung des

Familienunternehmens nicht zugetraut. „Mein Vater hat gesagt: Du

bist teamfähig, offen und kommunikativ, du hast Psychologie und

Pädagogik studiert, du kannst mit dem Personal umgehen. Das ist

das Wichtigste“, berichtet die Unternehmerin. Viel Wissen, vor allem

über die verschiedenen Materialien, Stoffe und Legierungen, habe sie

sich aneignen müssen. Da immer wieder neue dazukommen, hört das

Lernen für sie nie auf. Aber das macht ihr Spaß.

In der von Männern dominierten Branche musste sie als Frau lange

mit Vorbehalten kämpfen. Immer wieder erlebte sie Inhaber, für die

die Tochter als Nachfolgerin aus Prinzip nicht infrage kam. So etwas

spornt sie damals wie heute an, sich zu engagieren. 1994 gründete

sie den Juniorkreis der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecyc-

ling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV). „Schuler, das ist die

mit den vielen Frauen“, sagt man in der Branche heute über sie. In

Handel und Vertrieb beschäftigt Bettina Schuler-

Kargoll zum Beispiel vier Frauen. In der Branche

gibt es inzwischen mehrere Geschäftsführerinnen.

Im Verband ist Bettina Schuler-Kargoll immer noch

aktiv: als Landesvorsitzende der BDSV. Das Ende der

1990er-Jahre geschaffene Berufsbild „Fachkraft für

Kreislauf- und Abfallwirtschaft“ nennt sie als einen

Erfolg, an dem sie mitgewirkt hat. „Ausbildung liegt

mir am Herzen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich Lehrerin

gewesen bin“, sagt Bettina Schuler-Kargoll und lächelt wieder.

Als Vizepräsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg setzt sie sich

unter anderem für die Attraktivität ihrer Region und die Fachkräfte-

sicherung ein, als Präsidentin des Rotary-Clubs Villingen-Schwen-

ningen beispielsweise für die Katharinenhöhe in Furtwangen, eine

Nachsorgeklinik für krebskranke Kinder und deren Familien. Beim

Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden, in dessen

Beirat sie sitzt, schätzt sie den Erfahrungsaustausch mit Firmenchefs

anderer Branchen, den Blick über den Tellerrand und das Lernen

von Neuem.

Bettina Schuler-Kargoll beschreibt sich als ehrlich, authentisch und

gerecht, aber auch als ein bisschen rechthaberisch, ordentlich und

sehr zielstrebig. Vor allem Letzteres hilft ihr, ihr Engagement und ih-

ren Beruf unter einen Hut zu bringen. Viel Zeit für ihre Hobbys bleibt

ihr nicht. Freie Wochenenden nutzen sie und ihr Mann im Winter

gerne zum Skifahren und im Sommer zum Segeln. Ans Aufhören

denkt die 60-Jährige noch lange nicht. „Solange es mir Spaß macht,

mache ich weiter.“ Ob ihr erwachsener Sohn einmal den Betrieb

übernimmt, steht noch nicht fest. „Das Handeln liegt ihm im Blut,

und sein guter Abschluss wäre als Voraussetzung gegeben“, betont

Bettina Schuler-Kargoll gut gelaunt. Ihre Fröhlichkeit hat er übrigens

auch geerbt.

mae

 »Wenn mich etwas stört,

will ich es ändern«