Wirtschaft im Südwesten
12 | 2017
72
DIE LETZTE SEITE
Geldermann-Sekt aus Breisach
Feines Prickeln
In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen
wir Produkte vor, die viele kennen, von denen
aber wenige wissen, dass sie in der Region her-
gestellt werden. Diesmal: Sekt von der
Privatsektkellerei Geldermann in Breisach.
Text: kat, Bild: Geldermann
In der Flasche
Damit der Sekt prickelt, muss Wein – vermischt mit Zu-
cker und Hefe – ein weiteres Mal gären. Geldermann-
Sekte sind ausschließlich Cuvées, also Kompositionen
verschiedener Trauben. Marc Gauchey, Kellereichef und
Oenologe, mischt vor allem Pineau de Loire, Pineau
Noir und Chardonnay. Weil Geldermann seine Wurzeln
in Frankreich hat (siehe „Im Konzern“), stammen die
Weine auch heute noch fast ausschließlich aus dem
Nachbarland. Gauchey kauft sie bei mehreren Dutzend
französischen Winzern, nur der Spätburgunder, der den
Rosé-Sekt färbt, kommt aus dem Kaiserstuhl. Aus bis
zu 40 verschiedenen Weinen komponiert der Kellerei-
chef die Geldermann-Sekte. Die Herausforderung ist
die richtige Zusammenstellung, damit der Geschmack
jedes Jahr gleichbleibt.
Im Keller
Geldermann produziert seine Sekte in traditioneller
Flaschengärung. Das heißt: Nachdem die Cuvée mit
Zucker und Hefe vermischt und in Flaschen abgefüllt
wurde, verlässt sie diese nicht mehr. Die Flaschen
werden mit Kronkorken verschlossen und lagern in
Holzkisten gestapelt mindestens dreizehn Monate im
kühlen, dunklen Gärkeller, manche Tropfen bis zu fünf
Jahre. Der Zucker hat sich bereits nach acht Wochen
in Alkohol und Kohlensäure verwandelt, je länger der
Sekt danach auf der Hefe liegt, desto feiner wird die
sogenannte Perlage, das Prickeln. Nach der Lagerzeit
kommen die Flaschen waagerecht in Rüttelpulte,
wo sie jeden Tag gedreht und immer steiler gestellt
werden – teilweise noch von Hand. Dadurch wandert
die abgesetzte Hefe vom Flaschenboden in den Fla-
schenhals. Dieser wird schließlich vereist, wodurch die
Hefe als Pfropfen gefriert und aus der Flasche schießt,
sobald der Kronkorken geöffnet wird. Die sogenannte
Versanddosage, ein Gemisch aus Weinen und mitunter
Zucker, füllt die Flasche wieder auf und bestimmt
zugleich ob der Sekt „extra brut“, „brut“, „extratro-
cken“, „trocken“, oder halbtrocken ist.
Im Konzern
Die Breisacher Privatsektkellerei hat
eine lange Tradition: 1838 starteten die
Aachener William Deutz und Peter Gel-
dermann eine Champagnerherstellung
in Aÿ in der Champagne. Um keine Zölle
für die Einfuhr nach Deutschland zu zah-
len, gründeten ihre Nachkommen 1904
eine Dependance im damals deutschen
Hagenau. Nach dem ersten Weltkrieg,
als das Elsass wieder französisch wurde,
zog Deutz & Geldermann nach Breisach.
1995 trennten sich die Firmenzweige
Deutz und Geldermann. Seit 2003
gehört Geldermann zur Rotkäppchen-
Mumm-Unternehmensgruppe, die ins-
gesamt über 630 Mitarbeiter zählt und
annähernd eine Milliarde Euro mit Sekt,
Wein und Spirituosen umsetzt. Bei Gel-
dermann in Breisach arbeiten rund 50
Männer und Frauen.
Im Regal
Ein echter Korken verschließt den fertigen Sekt, die
Agraffe, der Drahtbügel, befestigt ihn auf der Flasche,
die abschließend eine Kapsel und Halsschleife um
ihren Hals sowie das Etikett erhält. Sämtliche Arbeits-
schritte von der Enthefung bis zur Etikettierung laufen
bei Geldermann heute automatisch. Im Mai hat die
Kellerei neue Maschinen in Betrieb genommen und
zusammen mit der Umgestaltung des Verkaufsraums
rund 2,5 Millionen Euro investiert. Neun verschiedene
Sekte zu Preisen zwischen 9 und 22 Euro zählen zum
Geldermann-Sortiment, das gerade einem Relaunch
unterzogen wird, womit sich auch der Vertrieb ändert.
Im Einzelhandel, dem größten Absatzmarkt, kann man
die drei „Premiers“-Sorten Classique, Brut und Rosé
kaufen; die fünf „Traditionnels“-Sekte wie der Carte
Blanche oder der Brut Nature und die „Spécialités“
wie Jahrgangssekte vertreibt die Kellerei nur noch über
Fachhändler und an die Gastronomie. Insgesamt 2,7
Millionen Flaschen haben 2016 die Sektkellerei in
Breisach verlassen.
c