Wirtschaft im Südwesten
1 | 2017
48
Praxiswissen
RECHT
Haftungsbegrenzung auf den Nachlass: Das Aufgebotsverfahren
Aufforderung der Gläubiger
D
er Erbe übernimmt als Gesamtrechts-
nachfolger des Erblassers dessen
Schulden und haftet für sie grundsätzlich
nicht nur mit dem Nachlass, sondern auch
mit seinem eigenen Vermögen. Nicht selten
kann der Erbe im Erbfall nur schwer beur-
teilen, mit welchen Verbindlichkeiten der
Nachlass belastet ist. Damit er die nötigen
Informationen hierfür und gegebenenfalls
für die Errichtung eines Inventarverzeich-
nisses (siehe hierzu auch Dezemberausga-
be der WiS, Seite 58) erhält und dafür, ob
er gegebenenfalls die Nachlassverwaltung
(siehe Oktober-WiS, Seite 52) oder gar die
Nachlassinsolvenz (Novemberausgabe der
WiS, Seite 56) beantragen muss, kann er im
Wege des Aufgebotsverfahrens die Nach-
lassgläubiger auffordern, ihre Forderungen
anzumelden.
Das Aufgebotsverfahren wird auf Antrag des
Erben beim örtlich zuständigen Nachlass-
gericht (in Baden-Württemberg das staat-
liche Notariat) eingeleitet. Der Erbe sollte
den Antrag innerhalb eines Jahres nach
Annahme der Erbschaft stellen, denn nur
dann kann er die Befrie-
digung der Forderungen
der Nachlassgläubiger für
die Dauer des Verfahrens
verweigern. Das Gericht
fordert die Nachlass-
gläubiger auf, ihre For-
derungen gegenüber dem
Nachlass innerhalb einer
gesetzten Frist anzumelden. Die öffentliche
Bekanntmachung des Gerichtsbeschlus-
ses erfolgt grundsätzlich durch Aushang
an der Gerichtstafel und durch einmalige
Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Das
Verfahren endet mit gerichtlichem Aus-
schießungsbeschluss, mit der Folge, dass
der Erbe Gläubigern des Erblassers gegen-
über, die ihre Rechte im Aufgebotsverfah-
ren nicht angemeldet haben, nur mit dem
Nachlassvermögen haftet, sofern er nicht
bereits unbeschränkt haftet (vergl. Dezem-
berausgabe der WiS). Dagegen haftet er für
angemeldete Forderungen unbe-
schränkt auch mit seinem eige-
nen Vermögen. Deshalb muss
er umgehend nach Abschluss
des Aufgebotsverfahrens prü-
fen, ob das Nachlassvermögen
ausreicht, um die angemeldeten
Nachlassverbindlichkeiten zu
decken. Anderenfalls sollte er
seine Haftung durch die Errichtung eines
Nachlassinventars, durch eine Nachlassver-
waltung oder gar durch ein Nachlassinsol-
venzverfahren auf das Nachlassvermögen
beschränken.
Vom Aufgebotsverfahren unberührt blei-
ben dingliche und dinglichen Ansprüchen
gleichgestellte Ansprüche von Nachlass-
gläubigern.
Csaba Láng
Sozietät Jehle, Láng, Meier-Rudolph, Köberle
Öffentliches WLAN: Worauf Betreiber und Nutzer achten müssen
Passwortschutz und Nutzerkonten
W
er WLAN für andere anbietet, konnte bis-
lang für Rechtsverletzungen (zum Beispiel
bei illegaler Datenweitergabe) haften, die andere
unter Benutzung dieses Netzwerks begehen – die
sogenannte Störerhaftung. Auf dieser Basis wurden
Anschlussinhaber abgemahnt und auf Zahlung von
Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten
in Anspruch genommen. Im Sommer 2016 hat der
Bundestag nach langer Diskussion die Störerhaf-
tung für WLAN-Betreiber durch Änderung des Tele-
mediengesetzes etwas entschärft. Und im Septem-
ber 2016 entschied der Europäische Gerichtshof
(EuGH), dass ein Geschäftsinhaber, der der Öffent-
lichkeit kostenlos sein WLAN zur Verfügung stellt,
für Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer nicht
verantwortlich ist. Dennoch sollten Betreiber und
Nutzer einige Sicherheitsregeln beachten.
Der EuGH stellte klar, dass der Betreiber eines
geschäftlichen Zwecken dienenden öffentlichen
WLAN für die von seinen Nutzern begangenen
Rechtsverletzungen in der Regel nicht verantwort-
lich ist. Allerdings hat der EuGH weiter ausgeführt,
dass den Anschlussinhabern aufgegeben werden
darf, ihr Netz durch ein Passwort zu sichern. Um
ein solches Passwort zu erhalten, soll der Nutzer
ferner seine Identität offenbaren müssen. Im Er-
gebnis schafft der EuGH die Störerhaftung nicht
ab. Er stellt sie schlicht auf eine andere Grundlage:
Wo bisher bereits die über einen Anschluss began-
gene Rechtsverletzung Anlass der Abmahnung war,
könnte nun die unzureichende Verschlüsselung
zum Abmahnrisiko werden. Und: Private WLAN-
Betreiber werden von dem Urteil des EuGH nicht
begünstigt.
Fazit: Jeder Betreiber eines öffentlichen WLAN sollte
sein Netzwerk nur mit angemessenem Passwortschutz
und unter Einrichtung entsprechender individueller
Nutzerkonten betreiben. Umgekehrt sollten aber auch
Nutzer einige Punkte beachten. Vertrauliche Daten
sollten grundsätzlich nicht über öffentliches WLAN
ausgetauscht werden, da hier die Gefahr besteht, dass
sich jemand unbefugt zwischen sie und den Zugriffs-
punkt schalten könnte. Daher ist es empfehlenswert,
sogenannte VPN-Tunnel oder sichere Verbindungen
(„https“) zu nutzen. Ansonsten sollte die WLAN-
Funktion deaktiviert werden, sobald sie nicht mehr
benötigt wird, da sich das Gerät sonst automatisch
mit bekannten Netzwerken in Reichweite verbindet.
Jan Sklepek, Schrade & Partner
Weitere nützliche Infos bietet das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik unter
www.bsi.deDer EuGH schafft
die Störerhaftung
nicht ab – er stellt
sie auf eine
andere Grundlage
Erbe sollte
Antrag innerhalb
eines Jahres
stellen