Mit Mittelständlern ist die Ortenau reich geMit Mittelständlern ist die Ortenau reich gesegnet – aber diese Firma ist besonders. Denn Paradiso exportiert nicht in aller Herren Länder und setzt konsequent auf Wertschöpfungstiefe.segnet – aber diese Firma ist besonders. Denn Paradiso exportiert nicht in aller Herren Länder und setzt konsequent auf Wertschöpfungstiefe.

Sind wir hier richtig? Der Mais steht mannshoch, die Straße wird immer schmaler, es riecht nach Landluft und hier soll sich ein Marktführer verstecken? Das muss ja wirklich ein Hidden Champion sein, diese Firma Paradiso, die am Ortsrand von Neuried-Altenheim schienenlos fahrende Poolüberdachungen produzieren soll. Nicht karo einfach, sondern richtig mit Anspruch. Österreichische Hoteliers, Schweizer Privatkunden, Familien aus Frankreich und deutsche Unternehmer: Sie alle pilgern hier her, wenn es um die neue Poolsaison geht – aber ob sie wirklich diesen Weg nehmen?
So richtig made in Germany…
Um es vorweg zu nehmen: Der Weg lohnt sich. Denn was Familie Fels hier auf die Beine stellt, das ist schon außergewöhnlich. Das Produkt an sich ist exotisch, keine Frage, wichtiger aber: Das Mindset der Macher ist geradezu ein Manifest. Und das zeigt sich in den kleinsten Details: An den Edelstahlachsen und dem Bronzegetriebe der selbst entwickelten Elektromotoren für Solarantriebe, an den aus großen Blöcken gefrästen Laufrädern, die einfach runder laufen als (billigere) Spritzgussteile und an den Biegemaschinen und Langbettfräsen, mit denen man die selbst entwickelten Aluprofile maßfertigt.
Hintergrund: Nichts darf rosten. Egal, ob der Pool gechlort wird oder mit Salzwasser läuft. Die hagelsicheren und trittfesten, dabei aber sehr dünnen Glasscheiben sind extra mit Paradiso entwickelt worden, die Platinen für die Steuerung ebenso, nicht einmal eine normale Pulverbeschichtung ist gut genug und wenn man Carsten Fels machen ließe – er würde auch noch das Silizium für die Solarzellen selber schürfen, mit denen die Akkus der Pooldächer ausgestattet sind.
„100 Prozent chinafrei“, bestätigt Seniorchef Karlheinz und das ist ein Statement in einer Welt, in der Gartenmöbel und Co. auch im Luxussegment längst containerweise aus Fernost kommen. Paradiso dagegen setzt konsequent auf made in Germany. Ganz klassisch. „Das kommt bei unseren Kunden gut an. Gerade bei den Elsässern, die fragen da sehr nach“, sagt Karlheinz, der mit seinen
76 Jahren auch schon hauptberuflich am Pool liegen könnte. Aber: Es macht halt so Spaß, dem Sohn noch zu helfen.
Ob Pool oder Porsche: Finanziell nimmt sich das nichts. Für eine richtig schöne Wellnessanlage mit allem Drum und Dran werden im Elsass, im Schwarzwald und in der Schweiz schnell mal 100 000 oder auch 200 000 Euro investiert. Und dann eine Plastikhaube drüberstülpen? Mit Acrylglas, dass schon nach Monaten anfängt, trüb zu werden? Das widerstrebt den beiden Chefs, die vom
Branchenverband mit einer ganzen Vitrine an Preisen und Auszeichnungen bedacht worden sind. Man weiß in der Branche, dass Paradiso nie vom Weg abgekommen ist.
Poolüberdachungen – sonst nichts. Für die Branche wie ein Fels in der Brandung.
Beim Gang durch die Fertigungshallen auf mehr als zwei Hektar Fläche wird deutlich: Bei Paradiso geht es wirklich noch um Vorsprung durch Technik, um Wertschöpfungs-tiefe und Nachhaltigkeit durch Langlebigkeit. Manche Wettbewerbsprodukte kosten vielleicht nicht einmal die Hälfte – aber dann sind die Dichtungen zwischen Glas (beziehungsweise Polycarbonat) und Profil eben aus rußgeschwärztem EPDM und nicht aus langlebigem Silikon.
Selbst die Profile der Dichtungen sind selbst entwickelt, palettenweise steht das Material im Lager und wartet auf die Monteure. Die bauen die Pooldächer in Neuried komplett zusammen, fahren die Teile ineinander und laden sie mit Palette auf einen Lastwagen. Dann geht’s runter nach Mallorca, rüber nach Tirol, manchmal hoch nach Skandinavien oder an die Côte d’Azur. „Bei uns sind die Leute immer eine Woche lang auf Montage und dann wieder im Werk. So gelingt der Wissenstransfer am besten“, sagt Carsten Fels. „Wenn uns bei der Montage etwas auffällt, das wir beim nächsten Mal besser machen können: Das wird sofort geändert.“

Manchmal muss man nein sagen…
Die Montageteams aus den eigenen Fertigungsmannschaften rekrutieren, alles mit dem Lkw und eigenen Montagefahrzeugen anfahren und stets mit eigenem Werkzeug vor Ort zu sein: Das schränkt den Radius ein bisschen ein. „Wir hatten auch schon Anfragen aus Dubai und von noch weiter weg – aber das machen wir nicht“, sagt der Geschäftsführer. Die Mannschaft aus 40 Beschäftigten, die zum Teil seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, sind auch so gut ausgelastet, größer werden wolle man nicht um jeden Preis und vor allem will man nicht abhängig werden. Nicht von Lizenznehmern, nicht von Auftragsfertigern, auch nicht von Händlern oder Wiederverkäufern – Paradiso setzt aufs Direktgeschäft, verkauft nur unter eigenem Namen und hält so die Konkurrenz aus China und Tschechien auf Abstand.
Karlheinz Fels hat die Firma vor 32 Jahren gegründet. Nicht wirklich aus der Not heraus, aber ein bisschen dann doch. „Naja, ich hatte halt selber Bedarf und wollte einfach meinen neuen Pool vernünftig überdachen“, erzählt er. Aber es gab damals keinen Anbieter, der mit Glas arbeitete oder ohne Bodenschiene auskam. Und so fing Karlheinz an zu tüfteln. Das lag und liegt ihm eh im Blut, ist geradezu Grundvoraussetzung, wenn man es als Werksvertreter für Landmaschinen, als Kaufmann und Mechaniker in Personalunion ein bisschen weiterbringen will. „Technik hat mich schon immer gereizt“, sagt Karlheinz Fels, der eben gar nicht erst erwähnt, wie viele Patente er hält und was er alles für Paradiso erfunden hat. Eher erzählt er, dass es vier Jahre dauerte, bis das erste Dach so perfekt war, dass man es verkaufen konnte. Aber immerhin: Auch diese Überdachung gibt es noch.
Sohn Carsten ist seit 1993 dabei. Mit zwölf Jahren durfte er das erste Mal mithelfen – aber keine Sorge: Es hat ihm nicht geschadet. Abitur hat er gemacht, dann studiert: Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik. Kein Wunder, dass er die Elektromotoren entwickelt, die Programme für die CAD-Fräsen schreibt und solche Sachen. Längst ist er Geschäftsführer von Paradiso und verantwortet die Produktion, die es auf 200 Poolüberdachungen im Jahr bringt. Manche sind überschaubar klein, die Standardmaße überspannen einen typischen vier auf acht Meter Pool – andere aber sind halbe Turnhallen. In Österreich ist gerade eine 30 Meter lange Poolüberdachung montiert worden – auch komplett schienenlos, ziemlich grazil aber so stabil, dass auch ein halber Meter Schnee kein Problem darstellt. „Für die Ewigkeit halt“, sagt Karlheinz Fels. „So haben wir es von Anfang an gehalten. Jedes Dach ist so, als fertigten wir es für uns selbst.“ Ulf Tietge