Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

47 7+8 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Cookie-Einstellungen erschweren personenbezogene Werbung im Netz. Viele Menschen nehmen Werbeban- ner, deren Preise jüngst stark gestiegen sind, auch nicht mehr als solche wahr. Influencer-Marketing bie- tet daher eine Option, diese Entwicklung zu umgehen“, weiß Maximilian Beichert. Budgets richtig investieren Laut den Mannheimer Forschern ist Influencer-Marke- ting aktuell der am stärksten wachsende Werbekanal. Seit 2010 habe er sich weltweit auf 13,8 Milliarden US- Dollar verzehnfacht. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Umfrage „Influencer Marketing in Unternehmen“ des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) von April 2021 wider: Gaben 2018 nur sechs Prozent der 109 befragten Social-Media- und Influencer-Marke- ting-Verantwortlichen an, hierfür mehr als 250.000 Euro vorgesehen zu haben, waren es 2020 bereits mehr als doppelt so viele (14 Prozent). Auch die Anzahl de- rer, die immerhin noch mehr als 100.000 Euro Budget einplanten, wuchs – von sechs Prozent in 2018 auf 11 Prozent in 2020. Ob Unternehmen ihr Budget besser in kleine oder große Accounts investieren, hängt für Andreas Bayerl von deren Zielen ab: „Reichweitenstarke Influencer in der Kategorie von mehreren hunderttausenden Followern haben den Vorteil, dass sie viel Aufmerksamkeit für Angebote erzeugen kön- nen. Nano- oder Micro-Influ- encer, denen zwischen 1.000 und 50.000 Personen folgen, erreichen zwar nicht so viele Menschen, dafür verkaufen sie besser.“ Die Wissenschaftler verweisen hierfür auf ihre eigene Forschung, in der sie mehrere zehntausende Postings mitsamt durchschnitt- lichen Preisen und Verkaufszahlen in den Jahren 2020 und 2021 auswerteten: Unternehmen mussten für ei- nen Post von Influencern mit rund 100.000 Followern rund 500 Euro bezahlen. Im Gegenzug schafften es diese, über eine entsprechende Verlinkung 66 Produk- te zu verkaufen. Influencer mit rund 4.000 Followern hingegen verkauften pro Werbebeitrag, der etwa 80 Euro kostete, 29 Produkte. Ihre Begründung: Aufgrund der geringeren Anzahl an Followern könnten Micro- Influencer besser mit ihren Anhängern interagieren und so engere und intimere Beziehung aufbauen. Passenden Influencer finden Die Gretchenfrage bleibt, welche Influencer zur Mar- ke passen. „Wer keine Kontakte zu Testimonials hat, wird auf Plattformen fündig, die diese vermitteln“, sagt Andreas Bayerl. Maximilian Beichert empfiehlt Unternehmen, sich vorab intensiv mit Influencern und deren Followern zu beschäftigen. Denn wie alle Menschen seien auch diese nicht fehlerfrei: „Äußert sich ein Kooperationspartner rassistisch, sexistisch oder macht durch unlautere Geschäftspraktiken von sich reden, kann dies dem eigenen Ruf schaden“, so Beichert. Auch Jutta Ulrich und Hansjörg Mair von Schwarz- wald Tourismus investieren viel Zeit, um potenzielle Markenbotschafter kennenzulernen und mit ihnen Kampagnenideen zu entwickeln. „Wir prüfen genau, inwieweit deren Follower unsere Zielgruppen abde- cken und ob sie mit ihren Werten unseren Marken- charakter stärken“, sagt Jutta Ulrich. Klare Absprachen, kreative Freiheit Kommt eine Kooperation zustande, werden die Rah- menbedingungen vertraglich festgelegt. „Wir definieren etwa, wie hoch die Bezahlung ist, wie viele Posts ein Influencer veröffentlicht, welche Themen sie abdecken und wann diese erscheinen“, erklärt Ulrich, für die eine strategische Planung auch beim Influencer-Marketing zentral ist. Wie diese aussehe, müsse jedes Unternehmen an- hand individueller Ziele selbst entscheiden. Bei der kreativen Umsetzung lassen Ulrich und Mair den Testimonials dagegen weitest- gehend freie Hand. Dass Un- ternehmen von dieser Haltung profitieren, weiß Lukas Staier. Er tritt als Comedian und Influ- encer unter dem Namen Cos- su auf und gehört ebenfalls zu den „Schwarzwälder Köpfen“ von Schwarzwald Tourismus: „Der ‚Creator‘ kennt seine Fol- lower am besten. Er weiß, was funktioniert, gut ankommt und was nicht. Würde er sich jedem Kunden anpassen und nach dem Mund reden, wäre er bald nur noch eine Projektionsfläche und keine eigene Marke mehr.“ Unterm Strich wäre das kontraproduktiv für Influencer wie Kunden. Unter- nehmen, denen es schwerfällt, die Kontrolle über das Wording und ihre Außendarstellung abzugeben, rät der Entertainer: „Schauen Sie sich die vorangegangenen Arbeiten des ‚Creators‘ an. Sprechen Sie mit ihm über ihre Bedenken und hören Sie, was er dazu zu sagen hat. Und schlussendlich, vertrauen Sie ihm, denn es ist sein Spezialgebiet!“ ks Studie „Influencer Marketing in Unterneh- men“ des Bundesverbands Digitale Wirt- schaft (BVDW) www.bvdw.org Influencer Marketing in Unternehmen 2021 Bundesverband Influencer Marketing e.V. https://bvim.info Leitfaden zur Werbekennzeichnung www. die-medienanstalten.de Themen – Werbeaufsicht » 21,6 Prozent der Deutschen haben bereits ein Produkt gekauft, das Influencer vorgestellt haben « Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. , 2020 »Wir prüfen genau, inwieweit (...) Follower unsere Ziel­ gruppen abdecken und ob sie mit ihren Werten unseren Marken­ charakter stärken« Jutta Ulrich Schwarzwald Tourismus GmbH

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