Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'22 - Hochrhein-Bodensee

49 5 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Themen & Trends SO KLAPPT‘S MIT DER BIODIVERSITÄT Zum Start: Klären, was man erreichen will. Dann können Gärtner oder Garten- und Landschafts- bauer zielgenau helfen. +++ Grundsätzlich: Versiegelung minimieren, so dass Regenwasser versickern kann. Hitze- und Überflutungsschutz. +++ Gebietsheimisches Wildpflanzensaatgut/ Regiosaatgut verwenden, bundesweit werden 22 Ursprungsregionen unterschieden (siehe www.gesetze-im-internet.de/ermiv/anlage.html) . +++ Eher auf mehrjährige Pflanzen setzen. Blumen, Gräser, Kräuter beliebig mischen. Bodenbeschaffenheit und Mikroklima berücksichtigen. +++ Bei Nistkästen, Insektenhotels et cetera checken, wo so etwas auf dem Gelände gefahrlos sinnvoll stehen kann. +++ Insektenfreundliche Beleuchtung sorgt dafür, dass die Tiere sich nicht totschwirren. +++ Beim Einsäen der Blühwiese mit kleinen Flächen starten, um Erfahrungen zu sammeln. +++Möglichst nicht düngen. In der Regel sorgt die Natur selbst für die richtige Balan- ce zwischen Nützlingen und Schädlingen. +++ Bewässern ist je nach Witterung höchstens am Anfang nötig. +++ Ein bis drei Mal pro Jahr mähen, Mahdgut unbedingt abräumen. Im Herbst/ Winter abgestorbene Pflanzen stehen lassen als Rückzugsraum für Tiere. +++ Infotafeln oder Akzeptanzstreifen – schmale, ordentlich gemähte Streifen rund um eine Blühwiese – signalisieren Passanten, dass die zeitweise Unordnung gewollt ist. +++ Geduld mitbringen: Nicht jedes Jahr ist gleich und nicht jeder Plan geht auf. Natur braucht ihre Zeit. Nützliche Adressen „UnternehmensNatur“ , Projekt des Nabu und der Flächenagentur BW: Kostenfreie Erstberatung für Unternehmen für die naturnahe Gestaltung der Außenflächen. Kostenbegünstigte Detailplanung. www.UnternehmensNatur-BW.de Anbieter von Regiosaatgut (Auswahl): Ritte r-saatgut.de , Saate n-zeller.de, Rieger- Hofmann.de Blühpatenschaft übernehmen oder anbie- ten: Initiative „#bwbluehtauf“ des Landes- bauernverbandes in BW und des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes. www.bwbluehtauf.de ZehnTipps für blühende Gewerbeflächen. www.baden-wuerttemberg.nabu.de/na- tur-und-landschaft/aktionen-und-projekte/ unternehmensnatur/31081.html IHK-Woche der Nachhaltigkeit ab 16. Mai: Breites Vortragsprogramm (kostenlos, überwiegend online) zu diversen Aspek- ten betrieblicher Nachhaltigkeit. www. wochedernachhaltigkeit-freiburg.de Bundesweiter Pflanzwettbewerb „Wir tun was für Bienen!“ der Stiftung für Mensch und Umwelt. Bewerben bis zum 31. Juli. www.wir-tun-was-fuer-bienen.de/regis- trierung.html Der Haken: Mit einfach aufhören zu mähen, ist es nicht ganz getan, erklärt Projektleiterin Anke Heidemüller vom Nabu. Damit aus einem kurzgeschorenen, artenarmen Firmenrasen eine Blühwiese werden kann, braucht es einen Anschubser via Saatgut. Ganz elementar sei dabei, so die beiden Expertinnen, gebietshei- misches Wildpflanzensaatgut zu verwenden, weil die regionale Tierwelt auf die Pflanzen genau dieses Landstrichs spezialisiert ist. Da können Lavendel und Heidekraut noch so schön blühen und riechen, wenn die hei- mischen Falter nichts mit ihnen anzufangen wissen. Gemäht wird abhängig von Boden und Entwicklungsstand nur noch ein- bis dreimal pro Saison, sagt Sabrina Essel. „Das spart den Unternehmen viel Arbeit. Allerdings muss das Schnittgut immer abgeräumt werden, damit eine nährstoffarme Wiese entstehen kann.“ Nur so nimmt man einzelnen dominanten Ar- ten wie dem Wiesenlöwenzahn die Energie und schafft Platz für eine Vielzahl an Pflanzen, die auf magere Böden spezialisiert sind. So braucht das Anlegen und Pflegen einer Blühwiese schon etwas Expertise, auch wenn sie längst kein Hexenwerk ist, weiß Wolfram Wiggert vom Haslachhof in Löffingen. Seit 2019 bietet der Landwirt Unternehmen Blüh- patenschaften auf seinen Feldern an, in drei unterschiedlich großen Paketen, von 200 bis 500 Quadratmetern Blühfläche inklusive Kom- munikationsmaterial. 14 Unternehmen sind seither mit an Bord, von kleinen Einzelhänd- lern bis zu mittelständischen Industriebetrie- ben. Für den Ökostromanbieter Energiedienst kümmert man sich zudem um eine naturnahe Wiese rund um ihr neues Umspannwerk in Löf- fingen. „Nicht jeder Unternehmer hat Zeit und Muße, sich in das Thema so einzuarbeiten, wie wir es getan haben“, sagt Wiggert. Denn für ihn sind die Blühwiesen ein Baustein im Biodi- versitätskonzept seines kompletten Hofes. Er bewirtschaftet zudem artenreiche Heuwiesen als Futter für seine Hinterwälder-Rinder, treibt die Humusgewinnung voran – Humus bindet CO 2 – und probiert bei der Aussaat vieles aus, von Hafer mit Leindotter bis Sommergerste mit Kichererbsen oder Quinoa. Die Blühflächen sind extra so positioniert, dass Wanderer und Radfahrer sich daran freuen können. Wetterfeste Tafeln informieren nicht nur über die Blühpaten, sondern auch über den ökologischen Zweck des Ganzen. „Und erklären, warum das Feld je nach Jahreszeit nicht immer aufgeräumt ist“, ergänzt Wolfram Wiggert und weist exemplarisch auf ein blass- graues Stängelgestrüpp an der Scheunenwand gegenüber des Hofladens. Eine abgeblühte Zuflucht für Kleintiere während des Winters. Natur will es nicht immer ordentlich. uh Rund um ein Stromhäuschen der Badenova in Oberried: Seit der Umwandlung in eine Blühwiese finden Insekten dort deutlich mehr Nahrung und Rückzugsorte. ...nachher Vorher... Bilder: Badenova

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