Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'21 -Südlicher Oberrhein

54 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 12 | 2021 Praxiswissen INTERNATIONAL F ür alle Beteiligten war der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ein Sprung ins kalte Wasser mit vielen Risi- ken und Nebenwirkungen. Die Auswirkungen ziehen sich durch unzählige Rechtsgebiete, und vieles davon betrifft auch unmittelbar die Geschäftsbeziehungen deutscher und briti- scher Unternehmen. Dabei ist nicht nur der Waren- und Dienstleistungsverkehr betroffen, sondern vor allem Fragen zu Besteuerung, Ar- beitnehmerentsendung sowie Produktzulas- sungen und -kennzeichnung bereiten Proble- me. Zahlreiche EU-Bestimmungen sind zwar im Vereinigten Königreich zunächst weiterhin in Kraft, es ist aber damit zu rechnen, dass EU- Recht und britisches Recht zunehmend aus- einanderklaffen werden. Unternehmen müs- sen sich auf ein völlig neues regulatorisches Umfeld jenseits des Ärmelkanals einstellen. Nicht ganz so freie Fahrt für den Warenhandel Nur wenige Tage vor dem endgültigen Aus- trittsdatum hatten sich die EU und Groß- britannien noch auf ein Handels- und Ko- operationsabkommen geeinigt. Den hoch gesteckten Erwartungen, Waren ohne Zollfor- malitäten und Abgaben handeln zu können, folgte unmittelbar die Ernüchterung. Beson- dere Vereinfachung der Ausfuhrformalitäten gibt es nicht, und Zollbefreiungen gelten nur für Ursprungswaren der jeweiligen Gebiete. Zwar sind die Ursprungsregeln im Vergleich zu anderen Abkommen relativ „großzügig“, aber dennoch wurden viele Produkte durch anfallende Zollbelastungen verteuert. Vor al- lem kleinere, im Export eher unerfahrene Un- ternehmen stehen hier vor Hürden, denn die Einigung, wer die zusätzlichen Kosten über- nimmt, ist komplex. Besonders betroffen: der Versandhandel. Denn geringwertige Lieferun- gen an private Abnehmer in Großbritannien erfordern ein hohes Maß an Aufwand. Noch immer gibt es Probleme mit der Erledi- gung von Ausfuhrverfahren, und damit fehlen oft die wichtigen Nachweise zur Steuerbe- freiung. Exporteure sollten die Erledigungen immer im Auge behalten und gegebenenfalls rechtzeitig Alternativbelege vorlegen. Strittig war die Frage, ob Waren, die vor dem Austritt zur Reparatur nach Großbritannien geliefert wurden, zollfrei zurückkommen können, wenn die Wiedereinfuhr nach dem 1. Januar 2021 erfolgt. Zwar ist die rückwir- kende Bewilligung zur Passiven Veredelung grundsätzlich nicht möglich, das Handels- abkommen zwischen der EU und dem UK bietet aber eine flexible Anwendung, sodass in diesen Fällen vom Grundsatz abgewichen werden kann. Die meisten derartigen Sen- dungen dürften inzwischen abgerechnet wor- den sein, in diesen Fällen können die Förm- lichkeiten aber nachgeholt und die bezahlten Zölle erstattet werden. Ob sich das lohnt, hängt von der möglichen Erstattung ab. Um die Prozesse auf britischer Seite zu- nächst „schlank“ zu halten, hat die Zollbehör- de des Vereinigten Königreichs das „Border Operating Model“ eingeführt, das Über- gangsfristen vor allem für die vollständige Vorlage von Einfuhrdaten und -dokumenten vorsieht. Dies wurde mittlerweile angepasst. Zwar ist ab 1. Januar 2022 eine vollständige Zollanmeldung vorzunehmen, Sicherheitser- klärungen (ESumA) werden jedoch erst ab 1. Juli 2022 erforderlich sein. Auch Exporteu- Handel, Verträge & Co. seit dem Brexit One year after Vor knapp einem Jahr hat zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union ein Mitgliedsland die Gemeinschaft verlassen. Seither müssen sich alle, die mit und in Großbritannien Geschäfte machen, an neue Regularien gewöhnen. Viele davon noch eher provisorisch und im Fluss. Ein Update zum Stand der Dinge. ANSPRECHPARTNER IHK Hochrhein-Bodensee: Uwe Böhm 07622 3907-218 uwe.boehm@konstanz.ihk.de www.konstanz.ihk.de 5244428 IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: Jörg Hermle 07721 922-123 hermle@vs.ihk.de www.schwarzwald-baar-heuberg. ihk.de 5060740 IHK Südlicher Oberrhein: Petra Steck-Brill 07821 2703-690 petra.steck@freiburg.ihk.de www.suedlicher-oberrhein.ihk.de Vereinigtes Königreich

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