Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juni'21 -Südlicher Oberrhein

35 6 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten hin zur Messung und detaillierten Auswertung – dauern lang und müssen unter hohen Hygieneanforderungen stattfinden, damit Beschäftigte nicht infiziert und Proben nicht kontaminiert werden. Der Vorgang ist komplex und nicht beliebig skalierbar. Höchstens 100 Proben kann eine Mitarbeiterin pro Stunde für die PCR-Analyse vorbereiten. Entsprechend groß ist der Zeitaufwand. Um die Zahl der täglich tausenden Coronatests besser einschätzen zu können, hilft ein Vergleich: Während einer durchschnittlichen Grippesaison analysiert Clotten um die 4.000 Proben – über mehrere Monate hinweg von Herbst bis Frühjahr. In dem besonders heftigen Grippe- winter 2017/18 waren es 7.000. Damals hatte Clotten einen PCR-Vollautomaten gekauft, der 1.500 Tests pro Tag bewältigt. Er sollte als Puffer dienen. Während der Coronapandemie konnte er jedoch allenfalls eine noch größere Belastung der Mitarbeiter verhindern. In den ersten Monaten fehlte nicht nur Technik, sondern auch Personal und Verbrauchsmaterial. „Eine Produktion kann man nur linear steigern, die Pandemie war aber expo- nentiell“, sagt Haas. Das Labor hat nun in einen zweiten Vollautomaten investiert, Mitte Mai wurde er geliefert. Und die Belegschaft ist seit Frühjahr 2020 um etwa zehn Prozent gewachsen. In den Räumen in der Merzhauser Straße wird es jetzt eng. Den schicken transparenten Bau hat das MVZ Clotten 2012 bezogen. Hier hat man baulich und technisch alles auf die eigenen Bedürfnisse maßgeschneidert. „Redun- danz“ ist dabei ein wichtiges Stichwort: Strom- und Was- serversorgung, Kühlung und EDV haben jeweils einen Zwilling, der im Notfall den Weiterbetrieb garantiert. Diese Redundanz soll der neue Vollautomat nun auch für PCR-Tests bieten, denn mit Lollitests an Schulen und weiteren Öffnungen wird der Bedarf vorerst weiter hoch sein. Allerdings, betont Haas, macht man PCR kaum vollautomatisch, nur etwa 30 Prozent der Proben, vor allem solche aus Kliniken und eilige. Von seinem Schreibtisch im dritten Stock aus kann der Clotten-Chef zu den Ursprüngen des Labors hinüber- schauen. Im Keller ihres Privathauses am Schlierberg hatten Annemarie und Roman Clotten es 1968 gegrün- det. Später bezog die Praxis, die sich bald eine bedeu- tende Stellung in der Labordiagnostik erarbeitet hatte, die obersten drei Etagen des ehemaligen Volksbankge- bäudes am Hauptbahnhof. Seit 2008 firmiert Clotten als Medizinisches Versorgungszentrum, seit 2014 sind die Freiburger Teil der Limbach-Gruppe. Zu diesem größten inhabergeführten Laborverbund Deutschlands zählen bundesweit 30 Labore mit zusammen rund 300 Fachärz- ten und mehr als 6.000 Mitarbeitern. Die Zugehörigkeit sei eine Art Investorenschutz, sagt Haas. So könnten Labore, die zunehmend ins Visier von Investoren geraten sind, unabhängig bleiben. Ein bisschen unternehmerisch denken Ärzte eben auch. kat Ins MVZ Clotten in der Merz- hauser Straße in Freiburg kommen täglich rund 15.000 Proben. Etwa 2.000 davon sind zurzeit Coronatests.

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