Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'19 - Südlicher Oberrhein

5 | 2019 Wirtschaft im Südwesten 49 STEUERN Praxiswissen Cash-Pooling im Gewerbesteuerrecht Hinzurechnung von Schuldzinsen D as sogenannte Poolen von Liquidität ist in Unter- nehmensgruppen weit verbreitet, denn die Vor- teile sind offensichtlich: In Höhe der von einzelnen Gruppen-Gesellschaften benötigten Liquidität werden teure Bankdarlehen vermieden, und Gruppen-Gesell- schaften mit überschüssiger Liquidität können diese zu einem besseren als dem banküblichen Zinssatz anlegen. Allerdings steigt auch das wirtschaftliche Risiko der einzelnen Gruppen-Gesellschaften durch die wirtschaftliche Verflechtung. Die Formen des Cash-Poolings sind vielfältig. Sie rei- chen vom faktischen Cash-Pooling (dem händischen Ausgleich der Liquidität) über automatisierte, mit Hilfen von Banken umgesetzte physische Cash-Pools (bei denen banktäglich die Konten der beteiligten Gruppen- Gesellschaften zugunsten des Cash-Pool-Führers aus- geglichen werden) bis hin zu fiktiven Cash-Pools (bei denen die verwaltende Bank die Konten nur virtuell saldiert und auf dieser Basis die Soll-/Haben-Zinsen der Gruppen-Gesellschaften berechnet). Das Cash-Pooling führt zu rechtlichen und steuerli- chen Fragestellungen, zum Beispiel bei der gewer- besteuerlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen. Ein Viertel der als Aufwand gewinnmindernd be- rücksichtigten Schuldzinsen ist dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen und erhöht den der Gewerbesteuer zugrunde zu legenden Gewinn (§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG ist). Dabei dürfen Schuldzinsen nur ausnahmsweise mit Guthabenzinsen saldiert werden, wenn die zu- grunde liegenden Rechtsverhältnisse gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und die Zinsen tatsächlich verrechnet werden. Dies gilt auch im Fall des Cash-Poolings, wenn eine Gesellschaft aufgrund der Vertragsgestaltung mit mehreren Forderungen oder Verbindlichkeiten im Cash-Pool beteiligt ist. Um hier Steuernachteile zu vermeiden, muss schon bei der Gestaltung des Cash-Pools auf die Einhaltung der steuerlichen Voraussetzungen geachtet werden. Stefan Lammel Friedrich Graf von Westphalen & Partner Umsatzsteuer: Rückwirkende Rechnungskorrektur und Vorsteuerabzug Unklarheiten wegen aktueller Urteile Ü ber viele Jahre war es Finanzrechtsprechung und Verwaltungsmeinung, dass nur der Besitz einer ordnungsmäßigen Rechnung mit Umsatzsteuerausweis den Vorsteuerabzug ermöglicht. Bereits kleine formale Fehler führten zum Verlust des Vorsteuerabzugs. Die Steuernachforderung löste zusätzlich Zinsen aus. Eine Rechnungskorrektur hatte keine Rückwirkung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Sicht- weise geändert. So hat dieser in den Urteilen „Sena- tex“ und „Barlis 06“ (15.09.2016 - Rs. C-518/14 und Rs. C-516/14) bestätigt, dass rückwirkende Rechnungs- berichtigungen zulässig sind und der Vorsteuerabzug zum ursprünglichen Rechnungsstellungszeitpunkt nicht eingeschränkt werden darf. Dieser Entscheidung schloss sich der Bundesfinanzhof (BFH) zwischenzeit- lich in mehreren Urteilen für bestimmte Fälle an. In dem Urteil „Vadan“ (21.11.2018 – Rs. C-664/16) geht der EuGH sogar soweit, dass ein Vorsteuerabzug auch ohne oder mit fehlerhafter Rechnung möglich ist. Im jüngsten Beschluss vom 13.12.2018 „Mennica Wro- clawska“ (Rs. C 491/18) toleriert der EuGH auch eine falsche Leistungsbezeichnung. Wie bereits in den Ur- teilen „Senatex“ und „Barlis 06“ entschieden, sei ein Vorsteuerabzug möglich, auch wenn eine Rechnung bestimmten formellen Anforderungen nicht genüge. Auf nationaler Ebene führen die Urteile teilweise zu unklaren Interpretationen. So ist bislang nicht abschlie- ßend geklärt, wann eine berichtigungsfähige Rechnung vorliegt und ob eine fehlerhafte Rechnung storniert und neu ausgestellt werden muss oder eine bloße Ergän- zung ausreichend ist. Ein Schreiben des Bundesfinanz- ministers zur Klarstellung wird 2019 erwartet. Unternehmen, denen der Vorsteuerabzug wegen feh- lerhafter Rechnung versagt zu werden droht, ist daher zu empfehlen, die Anwendbarkeit der Grundsätze aus vorgenannten EuGH-Urteilen zu prüfen, insbesondere in den Fällen, in denen keine Rechnungskorrektur möglich ist. Grundsätzlich sollte deshalb weiter darauf geachtet werden, Rechnungen zeitnah zu prüfen und fehlerhafte oder unvollständige Angaben zu korrigieren beziehungs- weise ergänzen zu lassen. Claudio Schmitt Bansbach GmbH Bild: Christopher Rynio Anwendbarkeit der Grundsätze aus EuGH-Urteilen prüfen Schuld- und Guthabenzinsen dürfen nur bei gleichartigen Rechtsverhält- nissen addiert werden

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