Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'23 -Südlicher Oberrhein

7 5 | 2023 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Gelungene Energiekooperation Die Gelegenheit war günstig: Im Zuge des Breitbandausbaus war ohnehin gerade beschlossen worden, in die ausgehobenen Schäch- te auch Nahwärmeleitungen zu verlegen. Der Geschäftsführer der Frank Bürsten GmbH entschied sich, in einen bidirektionalen An- schluss ans Nahwärmenetz zu investieren – sodass Wärme in den Betrieb hinein, aber auch hinaustransportiert werden kann. Das Ergebnis: Die überschüssige Energie aus den beiden Hochleistungsbrennern von Bürsten Frank strömt jetzt in das lokale Nahwärmenetz der EWS, versorgt auch die Schulen, das Rathaus und das Freibad in Schönau sowie private Kunden mit Wärme. Insgesamt speist das Unternehmen rund 600 Megawattstunden jährlich in das Nahwärmenetz ein. Für diese gelungene nachbarschaftliche Zusammenar- beit bei der nachhaltigen Energieversorgung wurde der Bürstenfabrik vor kurzem der dritte Preis des „Gipfelstür- mer- Award“ des Landes Baden-Württemberg verliehen. Weil über die Zeit immer mehr Wärmeabnehmer dazu- kamen, werden in dem Heizkessel seit letztem Winter nicht mehr nur die Holzabfälle verbrannt, sondern auch zugelieferte Pellets. „Die Pellets, die bei uns verbrannt werden, ermöglichen es EWS, entsprechend auf Gas zu verzichten“, sagt Ganzmann mit Blick auf die notwendi- gen Einsparungen aufgrund des Russlandkrieges. Die Steuerung des Kessels hat die Bürstenfabrik an die EWS abgegeben. „Damit das alles funktioniert, muss das derjenige machen, der die Wärme verteilt“, erklärt Ganzmann. Nebeneffekt: Durch dieses Arrangement hat die vorher üppig vor- handene Wärme für die Bürstenfabrik ein Preisschild erhalten, denn die bereitgestellte Energie bekommt das Unternehmen von der EWS vergütet. Nicht zuletzt deswegen machte sich das Unternehmen daran, seinen Strom- und Wärmeeinsatz selbst zu reduzieren. Einen weiteren Schub zur Steigerung der Energieeffizienz gab es, als sich im Rahmen des KEFF+-Checks vom Land Baden-Württemberg (mehr siehe Kasten S. 10) ein Spezialist auf die Suche nach schlum- mernden Potenzialen machte. „Das wollten wir erst gar nicht, weil wir dachten, wir wissen schon, wo wir sparen können“, schmunzelt Ganzmann. Der Besuch war aber Voraussetzung , um einen Zu- schuss – rund ein Drittel der Investitionskosten von 50.000 Euro für die Wärmeübergabestation – über das Förderprogramm „Vernetzte Industrien“ zu erhalten. „Tatsächlich hat der Experte aber ein paar gute Ideen gehabt“, gibt Ganzmann zu. Wie etwa, dass künftig auch die Abwärme der Druckluftkompressoren aus der Produktion, die vorher einfach ungenutzt verpuffte, nun in das Wärmenetz eingespeist wird. Daneben wurde die Beleuchtung auf LED umgestellt, eine weitere Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung installiert, Rohre gedämmt und intelligente Heizungsthermostate installiert, die ermöglichen das Gebäude nachts und am Wochenende herunterzuregeln. „Im Winter senken wir auf zwischen 12 bis 15 Grad ab, da merken wir die Ein- sparung deutlich.“ Über das KEFF-Programm wurde auch ein Netzwerktreffen mit an- deren holzverarbeitenden Unternehmen organisiert, bei dem das Konzept der Bürstenfabrik vorgestellt wird. „Ich denke schon, dass es gerade bei uns in der Region einige Unternehmen gibt, die sich da was abschauen können“, sagt Ganzmann. Überhaupt sei der Austausch mit anderen Betrieben wichtig, um zu erkennen, wo man vielleicht noch Energie einsparen kann, so sein Fazit. Die Preise für fossile Energien steigen weiter, nicht nur, weil Öl und Gas mit dem Krieg in der Ukraine zu politischen Druckmitteln wurden, sondern, weil die Bundesregierung einen CO 2 -Preis eingeführt hat, um die Klimaziele zu erreichen. Diesen Belastungen frühzeitig ent- gegenzuwirken, ist also ökonomisch nur vernünftig. So wie es etwa die Schopfheimer Firma „MEGU Metallguss Obermeier GmbH“ getan hat. Der Zehn-Mann-Betrieb stellt Aluminium-Sandguss-Teile für die Elektroindustrie und den Apparate- und Maschinenbau her. „Für das Schmelzen benötigen wir große Menge Energie und dafür setzen wir stark auf Solarenergie“, sagt Michael Obermei- er, Gießereitechnik-Ingenieur und Geschäftsführer der Firma. Eine wichtige Investition waren deswegen die Pho- tovoltaikanlagen auf dem Dach von Werkhalle und Lager. Elektrisches Schmelzen durch solaren Eigenstrom Um die Sonnenergie nutzen zu können, wurde ein 60-Kilowatt-Schmelzofen mit neuester Halbleitertech- nik und modernster Ofenraumisolierung angeschafft. Mit diesem Ofen lassen sich 350 Kilogramm Aluminium auf 740°C in 2,5 Stunden bei einem Verbrauch von 150 Kilowattstunden schmelzen. Zum Vergleich: „Der Heizöl- schmelzofen verbraucht im Vergleich fast die fünffache Menge an Energie. Die Einsparung ist wirklich beeindru- ckend“, erläutert Obermeier. Ähnlich wie bei der Bürstenfabrik ruhte Megu sich nicht auf der reinen Umstellung auf regenerative Energien aus, sondern nahm alle Energieeffizienzpotenziale genau- estens unter die Lupe. „Es war uns dabei sehr wichtig, bei diesen Maßnahmen auch um das Verständnis der Mitarbeiter zu werben und sie für dieses Thema zu sensibilisieren“, sagt Michael Ober- meier. Mittels einer Visualisierung können die Mitarbeiter auf dem Hallenmonitor die aktuellen Energieverbräuche sehen und somit energieintensive Maschinen und Anlagen gemäß der eigenprodu- zierten Solarenergie zum optimalen Zeitpunkt betreiben. Sukzessive wurden die Elektromotoren in der Sandaufbereitung gegen energie- effizientere ausgetauscht. Auch wurden die Heizungspumpen ausge- wechselt, wodurch sich der Verbrauch weiter optimierte, und eine alte 22-Kilowatt-Kompressoranlage gegen einen neuen 20-Kilowatt- Schrauben-Kompressor ausgetauscht. Damit kann der Lastbereich »Der Effizienz- berater hatte weitere gute Ideen« Stefan Ganzmann, Geschäftsführer Frank Bürsten, Schönau Megu-Mitarbeiter beim Schmelzvorgang. Der Strom hierfür stammt aus der betriebseigenen Photovoltaikanlage.

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