Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'23 -Südlicher Oberrhein

49 5 | 2023 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten ziert haben. Das bietet Kosten- und Verwal- tungsvorteile. Es ist dann für Unternehmen von Vorteil, wenn sie ein Interesse haben an einem Schutz in möglichst vielen EU- Ländern. Die Frage ist aber, ob man so ein großes Gebiet benötigt. In der Vergangen- heit hat sich gezeigt, dass bei vielen euro- päischen Patenten ohnehin eine Auswahl getroffen wurde auf eine geringere Zahl von Ländern. Das muss jedes Unternehmen dann in Abhängigkeit von seinen Produkten abwägen, was hilfreicher und günstiger ist. Was müssen Inhaber oder Anmelder von Patenten beim EU-EP noch bedenken? Ein Knackpunkt ist: Das Einheitspatent kann als Ganzes mit einem einzigen Verfahren für nichtig erklärt werden. Das kann ein Nachteil sein, denn gegebenenfalls ist man auf einen Schlag sein gesamtes Patent los. Wer beim klassischen Verfahren bleibt, hat in jedem Land eine eigene Chance. Neu ab Juni ist auch das Einheitliche Pa- tentgericht. Was hat es damit auf sich? Das EPG ist ein neu geschaffenes Gericht der EU für Fragen der Rechtsbeständigkeit und der Patentverletzung. Ab Juni können erste Verfahren dann dort eingereicht werden. Hauptsitze sind München und Paris. Es wird Lokalkammern in allen teilnehmenden Län- dern geben. Deutschland hat vier Lokalkam- mern: in München, Düsseldorf, Mannheim und Hamburg. Welches Gericht zuständig ist, hängt ab vom Sitz des Beklagten oder des Klägers. Unternehmen aus dem Südwesten sind damit nicht typischerweise an Mann- heim gebunden. Wie tritt das neue Patentgericht in Aktion? Aktuell müssen Patente im Fall einer Ver- letzung national durchgesetzt werden. Ab Juni kann man ein solches Verfahren auch zentral, vor dem einheitlichen Patentgericht anstrengen. Es wird auch zuständig sein für bereits erteilte Schutzrechte. Wer diese zusätzliche Zuständigkeit in Bezug auf seine bereits bestehenden Patente nicht möchte, kann einen so genannten Opt-out- Antrag stellen – und diesen im Zweifel spä- ter auch wieder per „opt-in“ zurücknehmen. Dem Patentinhaber bleibt so unterm Strich die Wahl des Gerichtsstandes – national oder zentral – während er seinen Gegner durch das Opt-out erstmal auf „national“ beschränkt hat. Es wird spannend zu se- hen, wie viele von diesen Anträgen gestellt werden. Können Sie eine Empfehlung ausspre- chen? Das ist wirklich ganz schwierig, es ist immer eine Einzelfallentscheidung, in die viele Fak- toren einfließen. Auf die Tube drücken oder abwarten – Was lässt sich Patenteinreichern aktuell raten? Wer für sein Patent in Kürze die Erteilung erwartet, aber das Einheitspatent haben möchte, sollte einen Antrag auf Verzögerung der Erteilung beim Europäischen Patentamt stellen. Denn das EU-EP kann tatsächlich erst ab Juni beantragt werden. Alles, was vorher erteilt wird, läuft nach dem bisheri- gen System. Ab Juni können Patentinteressierte dann wählen und müssen abwägen: Möchte ich das Einheitspatent haben und nutze die Kos- tenvorteile, weil ich viele Länder erreiche? Oder bleibe ich beim klassischen System? Es bleibt im Erteilungsverfahren komplett erhal- ten und man validiert dann weiter flexibel in den einzelnen Nationalstaaten. Beides bleibt auch nach dem 1. Juni möglich. Wie das Sys- tem akzeptiert wird, wird man wahrscheinlich erst Ende des Jahres beurteilen können. Das Gespräch führte Benedikt Brüne. STEPHANIE MODROW … ist Patentanwältin und promovierte Physikerin. Sie arbeitet für die Sozietät Westphal, Mussgnug & Partner, Patent- anwälte mbB, einem Zusammenschluss von Patentanwälten mit Standorten in München, Villingen-Schwenningen und Linz (Österreich) mit Schwerpunkt auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Patente, Marken, Muster). Patentrecht- lich begleitet sie Anmelde- und Ertei- lungsverfahren sowie Verletzungs- und Rechtsbestandsverfahren, unter anderem mit dem Schwerpunkt Chirurgietechnik. Sie berät von Einzelpersonen über KMU bis zu großen Unternehmen im Hinblick auf die Möglichkeiten, wie sie ihre Erfin- dungen am besten schützen können. HIER GIBT ES BERATUNG UND EXPERTISE IHK Hochrhein-Bodensee: Seminar „Schutzrechtsstrategien für KMU“, 23. Mai in Konstanz und 24. Mai in Schopf- heim Seminar „EU-Patent und einheitliches Pa- tentgericht“, 5. Juli in Konstanz Seminar „Patent-Monitoring und Wettbe- werberüberwachung“, 5. Juli in Konstanz Infos undAnmeldung unter www.ihk.de/ konstanz über die Veranstaltungssuche IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: Sprechstunden „Erstberatung für Patente und Erfindungen am 9. Mai, 13. Juni, 11. Ju- li, 8.August, 12. September und 10. Oktober Infos undAnmeldung unter www.ihk.de/ sbh/veranstaltungen-5134384 IHK Südlicher Oberrhein: Telefonische Erfinderberatung. Termine in Freiburg: 4. Mai, 1. Juni, 6. Juli, 3. August, 7. September. Termine in Lahr: 25. Mai, 20. Juli, 21. September Infos undAnmeldung unter www.ihk.de/ freiburg über die Veranstaltungssuche, Stichwort „Patent“

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