Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

56 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 3 | 2023 PRAXISWISSEN S o verlockend eine rasant steigende Nachfrage im ersten Moment klingen mag: Zum Bersten gefüllte Auftragsbücher müssen kein Segen sein. „Unternehmen scheitern, wenn sie zu schnell wach sen“, sagt Alexander Vatovac aus dem Geschäfts feld Existenzgründung und Unternehmensförderung der IHK Hochrhein-Bodensee. Und mit dieser Ein schätzung ist er nicht allein: Auch Christian Müller, Start-up- und Existenzgründungsberater der IHK Südlicher Oberrhein, sitzen regelmäßig junge wie gestandene Unternehmer gegenüber, denen der Wachstumsprozess ihrer Firma Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Vorsicht: Verzettelungsgefahr Ob fehlendes Kapital, Personalmangel oder Probleme bei der Standortsuche: Die Gründe für erste Brems spuren schon in der Startphase sind vielfältig. Am meisten leiden Unternehmen in dieser Phase aber unter den Folgen einer vernachlässigten Organisa- tionsentwicklung, da sind sich Vatovac und Müller einig. Am gravierendsten sei, wenn Strukturen, feste Zuständigkeiten und transparente Prozesse fehlen. Oder: Wenn alle alles machen. „Letzteres sehen wir bei Gründerteams häufig. Kommen mehrere erfolgs- kritische Themen parallel auf den Tisch, verzetteln sich viele und es wird hektisch, wenn Entscheidungen getroffen und wichtige Schritte in die Wege geleitet werden müssen. Dann rächt es sich, dass internes Expertenwissen fehlt“, sagt Alexander Vatovac. Um die Entwicklung des Unternehmens beobach- ten, Potenziale sowie Risiken frühzeitig erkennen und vorausschauend handeln zu können, rät er, neben dem Businessplan auch ein Monitoringsys- tem, eine Art Unternehmenscockpit, zu etablieren. Und Verantwortliche für die Bereiche der „internen Schaltzentrale“ zu definieren – etwa für Kapitalbedarf, Liquidität, Personal, Vertrieb, Produktion und Organi- sationsstruktur. „Ein engmaschiges Reporting sorgt dafür, dass diese Themen im Arbeitsalltag präsent bleiben“, sagt der IHK-Berater. „Die Vogelperspektive auf das eigene Unternehmen hilft auch dabei, eine weitsichtige Personalstrategie zu entwickeln“, sagt Christian Müller von der IHK Südlicher Oberrhein und betont, dass ohne diese ein gesundes Wachstum kaum möglich sei. Seine Erfah- rung zeigt, dass Gründungen mit skalierbarem Ge- schäftsmodell direkt nach Markteintritt besonders steile Expansionskurven verzeichnen. Um liefern zu Organisationsentwicklung Clever groß und stark werden Schneller, höher, weiter: Tipps, wie Firmen ihre Gewinne ein ums andere Mal überbieten, gibt es zuhauf. Doch am unkontrollierten Wachstum hat sich auch schon so manches Unternehmen ordentlich verschluckt. Wie man zukunftsfähig größer wird, darüber berichten IHK-Experten und Betriebe aus der Region. Bild: Adobe Stock, Steve Cukrov Nur vier Prozent der Start-ups, die die Gründer- phase überstehen, schaffen die Transformation zu einem Scale-up. Quelle: Studie der Goethe- Universität Frankfurt/M., des TechQuartiers und der Yi Shi Foundation aus dem Jahr 2019

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