Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'23 - Hochrhein-Bodensee

53 2 | 2023 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Womit wir beim Thema der Lieferantenerklä- rung und den Präferenzabkommen wären: Langzeiterklärungen werden nach wie vor häufig für einen Kalenderjahreszeitraum aus- gestellt, sodass viele Unternehmen regelmäßig mit der Neuausstellung befasst sind. Noch gibt es formell an dieser Stelle wenig Neues: Die Lieferantenerklärung bleibt in ihrem Wortlaut unverändert, und seit dem Abkommen mit Großbritannien hat es keine Erweiterung des Länderkreises gegeben. Beides wird sich än- dern. Zum einen plant die EU grundlegende formelle Änderungen der Lieferantenerklä- rung, zum anderen sind Abkommen mit Neu- seeland, Indonesien und weiteren Staaten in der Pipeline. Unabhängig davon gilt es aber vor allem aus anderem Grund, dieses Jahr besonderes Au- genmerk auf die Lieferantenerklärung zu le- gen: Durch die stark veränderten Lieferketten sowie die angestiegenen Preise im Einkauf von Vormaterialien, gehen Präferenzen gegebe- nenfalls verloren. Hersteller sollten daher ein Auge auf die internen Prozesse werfen und die Präferenzkalkulation(en) unbedingt prüfen. Perspektivisch hat sich die EU vorgenommen, den UZK zu reformieren. Dabei geht es um übergeordnete Ziele wie die weitere Digita- lisierung, eine verbesserte Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder die Nachhaltigkeit. Auch die Prozesse stehen im Fokus, zum Bei- spiel, um dem zunehmenden elektronischen Handel zollrechtlich Rechnung zu tragen. Ei- gentlich soll es für die Wirtschaftsbeteiligten einfacher werden, etwa durch die „zentrale Zollabwicklung“. Momentan ist davon jedoch wenig erkennbar, durch Änderungen und Er- weiterungen der Rechtsvorschriften wird das Zollrecht derzeit für Unternehmen eher weni- ger überschaubar und beherrschbar. Embargos, Genehmigungen, Nullbescheide und das Bafa Ebenso regelmäßig wie die Warentarifnum- mern ändert sich auch die Dual-Use-Liste, denn technische (und politische) Entwicklun- gen gilt es zu berücksichtigen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat dazu einen unverbindlichen Überblick über die Änderungen veröffentlicht, der Betroffenen als Arbeitshilfe dient. www.bafa.de Güterlisten Darüber hinaus müssen die länderbezogenen Embargos fortlaufend geprüft werden, an ers- ter Stelle Russland. Das letzte Sanktionspaket wurde im Oktober verabschiedet, es bleibt den Wirtschaftsbeteiligten nichts anderes übrig, als sich sehr akribisch durch die Vorschriften zu arbeiten, um eventuelle Geschäfte auf ihre Zulässigkeit zu prüfen. Das Bafa bietet neben umfangreichen Informationen auf der Home- page auch eine Hotline zu diesem Thema an. Bafa-Hotline zum Russland-Embargo 06196 908-1237, Montag bis Donners- tag 8.30 bis 16 Uhr, Freitag bis 15 Uhr Die Allgemeinen Genehmigungen (AGG), die es Exporteuren in bestimmten Fällen leichter machen, genehmigungspflichtige Güter aus- zuführen, sind ebenfalls zum Teil aktualisiert worden. In einigen AGGs wurde die Ukraine als begünstigtes Land aufgenommen, bei anderen AGGs wurden Länder wie etwa China aus dem Kreis der Begünstigungen gestrichen. Auch dazu informiert das Bafa auf seiner Homepage. Vor allem bei der Exportkontrolle ist die Sorge in Unternehmen groß, dass aufgrund der sehr zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften unbeabsichtigt gegen Genehmigungspflich- ten verstoßen wird. Da viele Unternehmen aus diesem Grund „vorsorglich“ eine Genehmigung beantragen – oder einen Nullbescheid – gibt es bei der Behörde nun Überlegungen, die Genehmigungen kostenpflichtig zu machen, um den Druck auf die Exporteure zu erhöhen, eigenverantwortlich zu prüfen und das Bafa zu entlasten. Von Ägypten bis Schweiz – länderspezifische Änderungen Neben den Exportkontrollvorschriften müs- sen Unternehmen auch in den Zielländern verschiedenste Anforderungen erfüllen, in erster Linie bei den Dokumenten und Verfah- ren. Neu seit Januar 2023 ist beispielsweise die Anforderung einer Freiverkäuflichkeitsbe- scheinigung für bestimmte Produkte, die nach Tunesien geliefert werden, sowie die Aufhe- bung der Akkreditivpflicht bei Geschäften in Ägypten. Schon länger in der Umsetzung ist der Wunsch der Türkei, in offiziellen Dokumen- ten den Ländernamen „Türkiye“ zu verwenden als Ersatz für den englischen Begriff „Turkey“. Und auch innerhalb der EU gibt es Änderun- gen, denn Kroatien hat am 1. Januar 2023 als 20. Mitgliedsstaat den Euro eingeführt. Besonders genau schauen deutsche Unter- nehmen immer auf Großbritannien und die Schweiz, mit denen eine hohe wirtschaftliche Verflechtung besteht. Für beide Destinationen gibt es Positives zu vermelden. Die Briten ha- ben den Übergangszeitraum für die Anerken- nung der CE-Kennzeichnung verlängert, und so können Unternehmen die CE-Kennzeichnung noch bis Ende 2024 auf dem britischen Markt verwenden, bevor zwingend das britische UK- CA-Label erforderlich ist. Vorher bereits wird es bei Lieferungen in die Schweiz interessant, denn ab dem 1. Januar 2024 hebt die Schweiz ihre Zölle auf Indus- triegüter vollständig auf, eine Maßnahme, die für deutsche Exporteure im Bereich des Prä- ferenzrechts eine deutliche Reduzierung des Aufwands mit sich bringen wird. Ebenfalls für Januar 2024 vorgesehen ist eine Mehrwert- steuererhöhung in der Schweiz von derzeit 7,7 auf 8,1 Prozent (Normalsatz). toe Das neue LkSG Zu guter Letzt bleibt vielen Unternehmen nicht erspart, sich mit ihren Lieferketten zu befassen: das „Lieferkettensorgfaltspflichten- gesetz“ (LkSG) ging am 1. Januar 2023 an den Start. Auch wenn zunächst nur sehr große Un- ternehmen unmittelbar in der Pflicht sind, wird es nicht ausbleiben, dass auch kleinere Be- triebe als Zulieferer die Auswirkungen spüren. Das LkSG soll die Einhaltung grundlegender Menschenrechts- und Umweltstandards in globalen Lieferketten durchsetzen. Unterneh- men, die in Deutschland ansässig sind und mehr als 3.000 Mitarbeiter haben, sind davon direkt betroffen. Sie werden dazu verpflichtet, ihre gesamten Lieferketten zu überprüfen und dies zu dokumentieren. Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten werden dann ab 2024 in die Pflicht genommen. Alle vom LkSG betroffenen Unternehmen müssen regelmäßig einen Bericht über die Einhaltung der gesetzlichen Sorgfaltspflich- ten erstellen und veröffentlichen. Grundlage ist ein Fragebogen, der von der für das LkSG zuständigen Stelle – das altbekannte Bundes- amt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) – erarbeitet wurde. Dafür hat das Bafa ein elektronisches Portal zur Verfügung gestellt. www.bafa.de Lieferketten Zudem werden auch Unternehmen, die noch nicht unter das LkSG fallen, aber direkter Zu- lieferer von Unternehmen sind, die darunter- fallen, zur Umsetzung von Sorgfaltspflichten angehalten. Zu den Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören zum Beispiel die Ein- richtung eines Risikomanagements und die Durchführung einer Risikoanalyse, die sofor- tige Ergreifung von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen und die Ein- richtung eines Beschwerdeverfahrens. sb Weitere Details: WiS 9-2022 sowie www.wirtschaft-im-suedwesten.de Lieferketten nachhaltig aufstellen

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