Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Januar'23 -Südlicher Oberrhein

50 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 1 | 2023 THEMEN & TRENDS Herr Hofmeier, Ihre Branche, die Werbe- schaffenden, ist eher in den Medienmet- ropolen des Landes zu Hause als im länd- lichen Raum. Oder täuscht der Eindruck? Daniel Hofmeier: Es ist durchaus komplex. Eine Studie hat kürzlich tatsächlich erge- ben, dass Baden-Württemberg gerade mal auf ein Prozent der Film- und Fernsehpro- duktionen kommt – obwohl wir den SWR hier haben und eine sehr gute Branche für die Erstellung von visuellen Effekten (VFX). Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen liegt bei 46, Bayern bei 22 Prozent. Andererseits sind die Kreativen hierzulande im Werbebe- reich immens stark. Allein in der IHK-Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sind 1.578 Kre- ativschaffende aktiv. Sie sind Filmproduzent in Villingen-Schwen- ningen. Welche Vorteile hat der Standort? Ich mag die Region, und ich sehe auch das enorme wirtschaftliche Potenzial. Viele Un- ternehmen quer durch alle Branchen sind hier und wollen hierbleiben. Die Welt verän- dert sich: Angesichts der enormen Trans- formation, die in der Wirtschaft stattfindet, ist es für viele sinnvoll, Tür an Tür mit den Dienstleistern der Kreativbranche zusam- menzuarbeiten – und mit dem geschäftlichen Interesse auch den Wohlstand hierzuhalten. Der Südwesten ist die Heimat vieler Hidden Champions, vom Maschinen- und Autobau bis zur Medizintechnik. Trotzdem sind viele dieser Weltmarktführer dem breiten Publikum unbekannt. Ein Manko? Ich vermute, viele Hidden Champions hat- ten bislang keinen Bedarf, wirkliche Marken- bildung zu betreiben. Sie waren sehr erfolgreich, es ging ihnen gut in ihrer Nische. Gerade im B2B-Bereich haben Unternehmen eher den Sales-Bereich gestärkt. Ihnen war der direkte Kundenkontakt oft wichtiger als auf klassische Werbung zu setzen. Sie benutzen die Vergangenheitsform. Ändert sich da gerade etwas? Zumindest nehme ich das so wahr. Viele Unter- nehmen verlieren sicher geglaubte Geschäfts- felder. Allein die Automobilindustrie benötigt durch den Wechsel zur Elektromobilität viele Produkte von Zulieferern nicht mehr. Das ist ein großer Umbruch in der Branche. Wer mit neuen Produkten neue Märkte erschließen will und dies nicht gewohnt ist, kommt möglicher- weise ins Straucheln. Welche Vermarktungsstrategie würden Sie diesen Unternehmen empfehlen? Eine allgemeine Antwort ist schwierig. Klassisches Performancemarketing ist der einfache Weg: Ich investiere in Klicks und kann dem Vorgesetzten zeigen, was ich erreicht habe. Markenbildung ist aufwän- diger, zahlt sich erst mittel- und langfristig aus, lohnt sich aber auf lange Sicht auch für Unternehmen im B2B Bereich. Warum lohnt es sich, eine Marke im B2B-Markt aufzubauen? Auch im B2B-Geschäft werden Entschei- dungen nicht immer nur rational getroffen. Ein Mitarbeiter, der beauftragt wird, eine Personalsoftware einzukaufen, wird seine Recherche bei dem Produkt beginnen, von dem er schon einmal gehört hat. Nicht sel- ten ist es dieses Produkt, für das sich das Unternehmen dann auch entscheidet. Brand- marketing kann sich hier auszahlen. Speziell in Krisenzeiten ist das ein riesiges Potenzial, das brachliegt. Ich rate jedem auch im B2B- Bereich, das zu nutzen. Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg baut derzeit den Arbeitskreis Kreativwirt- schaft* auf. Was versprechen Sie sich davon? Ich freue mich generell, an progressiven Konzepten mitzuarbeiten. Den Arbeitskreis sehe ich als wichtigen Schritt in der aktuel- len Zeit. Für Unternehmen aller Branchen, die sich in einer Krise oder Transformation befinden, ist es gut, Kreative mit einzu- binden, die auch mal über den Tellerrand hinausblicken. Sie können wichtige Impul- se geben. Der Austausch im Arbeitskreis kann da sehr wertvoll sein. Das ist auch eine der Erkenntnisse vom Festival der Cannes Lions. Jedes Jahr trifft sich die globale Kreativszene in Frankreich beim Cannes Lions International Festival of Creativity. Daniel Hofmeier, Filmproduzent aus Villingen- Schwenningen, war Teil einer Delegation aus Baden-Würt- temberg. Er bringt spannende Impulse mit für werbende – und noch nicht werbende – Unter- nehmen aus der Region und für die Kreativwirtschaft selbst. »Das B2B-Marketing zwischen den Unternehmen ist ein Wachstumsmarkt für die Kreativbranche« Bild: Adobe Stock/bennian_1 Marketingtrends Quo vadis Werbewelt?

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