Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

48 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 11 | 2022 A nfang August hatte Jochen Basler eine echte Krise. Nach wochenlanger Hitze und Trocken- heit plagten den Winzer vom Weingut Pieper Basler in Offenburg große Sorgen um seine Weinernte. „Am 15. kam endlich der Regen. Das war eine echte Erlösung, später wäre es eine Katastrophe gewesen“, sagt Basler. Auch 2022 wurden in Deutschland wieder an zahlrei- chen Orten Hitzerekorde gebrochen, trocken war es zudem. Zuvor waren schon die Jahre 2018, 2019 und 2020 die wärmste Drei-Jahres-Periode seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, streckenweise mit Dürre und extremer Hitze. 2021 dann das andere Extrem: Stark- regen und Überflutungen an vielen Orten Europas. Die Klimaforschung zeigt klar, dass der Klimawandel im Gange ist. Und der wirkt sich auf die Landwirtschaft und damit auch auf den Weinanbau aus. „Schon heute se- hen wir die Veränderungen in der Pflanzenphänologie: Vom ersten Blattaustrieb bis zur Lese haben sich alle weinbaulichen Phasen seit den 1950er Jahren deutlich verfrüht“, sagt Manfred Stoll, Professor und Instituts- leiter allgemeiner und ökologischer Weinbau an der Hochschule Geisenheim. Dies beobachtet auch Henning Johanßen vom Badi- schen Winzerkeller: „Der Klimawandel macht sich bei uns im Weinbau im Verlauf der letzten Jahre signifikant bemerkbar. Der jährliche Lesestart verlagert sich von Anfang/Mitte September auf nun Mitte August bis An- fang September vor.“ In diesem Jahr habe man mit der Federweißenlese bereits am 30. August gestartet, die Hauptlese begann am 5. September und Ende des Mo- nats hatte man insgesamt die komplette Ernte eingefah- ren. Die Erzeugergemeinschaft Badischer Winzerkeller steht für rund 4.000 angeschlossene Winzer und rund 1.600 Hektar Rebflächen aus neun Anbaugebieten: Von Tauberfranken im Norden über Kaiserstuhl und Tuniberg bis hin zum Bodensee. Immerhin: Mit der diesjährigen Ausbeute zeigen sich sowohl der Badische Winzerkeller als auch Jochen Basler sehr zufrieden: Die letzten Wochen vor der Lese mit Niederschlag und kühlen Nächten hätten den Reben gutgetan. Im Ergebnis habe man dieses Jahr eine deutlich größere Erntemenge bei bester Qualität eingefahren. Zeit für neue Trauben Für Jochen Basler, der aus einer Winzerfamilie stammt und vor fünf Jahren den Betrieb von den Eltern über- nommen hat, sei die europäische Hitzewelle 2003 ein Augenöffner gewesen. Allein in Deutschland starben in jenem Jahr mehrere tausend Menschen an den Folgen der extremen Temperaturen. Bereits damals war ihm klar, dass die veränderten Temperaturen Auswirkungen auf die Winzerei haben würden. „Die Ortenau ist das südlichste Anbaugebiet für Riesling. Aber perspekti- visch wird es für den zu heiß.“ Basler hat deswegen vor einigen Jahren begonnen, auf die südfranzösische Traube Viognier zu setzen. Nicht alle Mitstreiter hatten dafür Verständnis. „Ich kann mich erinnern, dass ich auf einem Kongress von einem älteren Winzer zurecht- gestutzt wurde, ich solle mal aufhören, ständig vom Klimawandel zu reden“. Bereut hat Basler seine Ent- scheidung nicht. „Wir haben hier einen sehr ähnlichen Bild: Adobe Stock/marcelheinzmann Weinanbau in der Klimakrise Schwer zu planen Frühere Ernte, lange Trockenheit, erhöhte Strahlung. Der Klimawandel bringt auch für Weinproduzenten in der Region viele Veränderungen mit sich. Wie sich Winzer auf die neuen Herausforderungen einstellen. »Die Ortenau ist das südlichste Anbaugebiet für Riesling. Aber perspek- tivisch wird es für den zu heiß« Jochen Basler Weingut Pieper Basler, Offenburg Sonnenuntergang über Weinbergen in der Ortenau

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