Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'22 -Südlicher Oberrhein

51 10 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten oder für Kinderchirurgie oder -kardiologie, wie Baby-Stents gesprochen. Da ist die Lage besonders dramatisch, weil sich natürlich jeder vorstellen kann, wie furchtbar es ist, wenn man ein Kind mit einem angeborenen Herzfehler hat, das nicht mehr mit diesen modernen und fortschrittlichen Behand- lungsmethoden versorgt werden kann. Aber es betrifft nicht nur diese Nischen mit we- nigen Fallzahlen, sondern auch die breiten Anwendungen, angefangen bei chirurgischen Instrumenten, Implantaten, Endoskopen oder auch Hilfsmitteln, wie zum Beispiel Sitz- und Aufstehbetten. Hat sich die Lage seit Ihrer Umfrage im April inzwischen gebessert? Es gibt inzwischen 32 Benannte Stellen, was aber immer noch zu wenig ist. Was sich ge- bessert hat, ist, dass unsere Forderungen und Lösungsvorschläge sehr viel ernster genommen werden. Denn das Problem ist inzwischen auch bei Ärzten angekommen. Gerade Ärzte, die mit langjährigen Bestands- produkten im Nischenbereich arbeiten, leiden schon heute unter Abkündigungen. Zudem erfahren sie von immer weiteren klassischen Bestandsprodukten, die ihnen fehlen werden. Die Sorge wächst extrem. Aber auf politischer Ebene hat man das lange ausgesessen. Zu Be- ginn wurden die Bedenken in diese Richtung gerne als Industriepolitik abgetan. Als würden wir nur Alarm schlagen, um die Margen der Unternehmen zu erhöhen. Inzwischen hat man verstanden, dass die Industrie die Aus- wirkungen richtig eingeschätzt hat. Wir haben es mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun. Wir setzen uns mit voller Kraft für ein funktionierendes System und eine gesicherte Versorgung mit sicheren, langjährigen und innovativen Medizinprodukten ein. Sie kritisieren auch, dass die MDR die In- novationskraft von Unternehmen beschnei- det. Wieso das? Erstens sind in nahezu allen innovativen Unternehmen über die letzten Jahre alle In- genieure nur damit beschäftigt, bestehende Produkte, die es seit Jahren gibt, sozusagen „neu“ zu entwickeln. Denn letztendlich ist die erforderliche Neuzulassung nach MDR vom Arbeitsaufwand so, als ob ich das Pro- dukt noch mal von vorne entwickle. Die ha- ben also kaum Zeit, Neues voranzutreiben. Zweitens: Weil die Anforderungen an die EU-Zulassung jetzt viel höher sind, länger dauern als in anderen Märkten und die Kos- ten immens gestiegen sind, haben sich viele Unternehmen dazu entschlossen, Neuent- wicklungen nicht wie früher als erstes in der EU zuzulassen, sondern in den USA oder in Asien. Erst wenn sich das Produkt dort schon ein bisschen amortisiert hat, kommt die Zu- lassung verzögert in Europa – vorausgesetzt sie rechnet sich hier. Was könnte das für die regionale Wirtschaft bedeuten? Die Firmenlandschaft wird sich definitiv ver- ändern. Es werden Unternehmen als offizielle Hersteller verschwinden. Einige davon wer- den sich in eine neue Rolle einfinden, müs- sen Teile ihrer Strategie und ihres Daseins verändern. Viele werden als „verlängerte Werkbank“ dienen. Das ist gerade für die vielen Familienunternehmen in der Region, die ihr Geschäft mit Herzblut und Motivation seit Generationen betreiben, kein einfacher Schritt. Andere, besonders sehr kleine Un- ternehmen, werden ganz verschwinden, weil sie den Aufwand einfach nicht mehr stemmen können. Andere tun sich zusammen. In der Summe wird es weniger Unternehmen geben. Und sie werden anders aufgestellt sein. Was ist also die Lösung: MDR wieder abschaffen? Nein, die MDR wird bleiben. Zahlreiche Un- ternehmen haben in den letzten Jahren viel Energie, Geld und Fleiß - bis hin zu burn outs - in die Erfüllung der MDR gesteckt. Dieser unglaubliche Kraftakt soll nun auch mit den entsprechenden MDR-Zertifikaten belohnt werden. Das Ziel der verbesserten Patien- tensicherheit ist richtig. Die MDR muss aber zwingend an den Stellen praxistauglicher wer- den, wo die Versorgung sonst nicht mehr si- chergestellt werden kann, also bei Bestands- und Nischenprodukten. Und sie muss zugänglich für alle Hersteller sein. Es darf nicht passieren, dass wir gut aufgestellte innovative Unternehmen und ihre Produkte verlieren, nur weil sie keine Benannte Stelle bekommen. Oder weil sie zu klein sind, um sich das leisten zu können. Das System MDR muss daher evaluiert und richtig ausgerichtet werden. Es braucht mehr Pragmatismus, aber auch mehr Zeit! db Bild: Adobe Stock/ alfa27 IMPRESSUM „WIRTSCHAFT IM SÜDWESTEN“ Zeitschrift und amtliches Verkündungsorgan der Industrie- und Handelskammern im Regierungsbezirk Freiburg - ISSN 0936-5885 Redaktion: Pressestelle der Industrie- und Handelskammern im Regierungsbezirk Freiburg i. Br. e.V.: Ulrike Heitze (Leitung, v. i. S. d. P.), Daniela Becker, Andrea Keller, Kristin Schwarz, Rehlingstraße 16a, 79100 Freiburg Postfach 860, 79008 Freiburg Telefon 0761 15105-0, Fax 0761 3858-398 E-Mail: wis@freiburg.ihk.de www.wirtschaft-im-suedwesten.de Titelbild: Adobe Stock, Sunny Studio Bilder, falls nicht anders angegeben, wurden uns von Unternehmen, Gesprächspartnern und IHKs zur Verfügung gestellt. Verlag und Anzeigen: Prüfer Medienmarketing Endriß & Rosenberger GmbH Ooser Bahnhofsstr. 16, 76532 Baden-Baden Verlags-/Anzeigenleitung: Achim Hartkopf Anzeigendisposition: Andrea Albecker Telefon 07221 211912, albecker.andrea@pruefer.com www.pruefer.com Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 40 gültig ab Januar 2022. Satz: Freiburger Druck GmbH & Co. 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