Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September'22 - Hochrhein-Bodensee

17 REGIO REPORT IHK Hochrhein-Bodensee 9 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten D ie Unternehmen, die schon in den Bereichen Personal (Fachkräftemangel), Material (Liefer- ketten), Finanzierung (Zinsentwicklung) und Ar- beitskosten (Inflation, anstehende Lohnrunden) extrem gefordert sind, blicken mit Sorge auf den kommenden Winter, wenn es um die Versorgung mit Energie geht. Viele sehen ihre Geschäftstätigkeit in Gefahr, andere fürchten gar, energieintensive Produktionsprozesse ganz einstellen zu müssen. Die Unsicherheit, wen es im Falle einer Mangellage in welchem Umfang trifft, zehrt an den Nerven. Sorge vor Dominoeffekten „Die Unternehmen sind sich bewusst, was es für sie, für die Wirtschaft insgesamt, aber auch für die politische und soziale Stabilität unserer Gesellschaft bedeutet, wenn die Energiesicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Das wurde in unserer Diskussion sehr deutlich“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx. „Das größte Schadenspotenzial liegt dabei noch nicht einmal in der Beeinträchtigung des einzelnen Unternehmens, son- dern in einem Dominostein-Effekt der Unterbrechung von Produktionsketten. Die Gasversorgung besitzt in vielen industriellen Bereichen eine erhebliche ‚System- relevanz‘. Fällt etwa die Produktion in der Grundstoffe verarbeitenden Chemie aus, sind nicht nur die davon unmittelbar betroffenen Unternehmen lahmgelegt, es brechen vielmehr ganze Wertschöpfungs- und Produkti- onsketten zusammen, die auf die jeweiligen Vorprodukte angewiesen sind – mit der Folge, dass am Ende auch Medizinprodukte, Lebensmittel oder der Healthcare Bereich betroffen sind - weil Vorprodukte ausbleiben oder auch nur, weil die notwendige Verpackung fehlt. Damit kommen auch Unternehmen in Gefahr, die selbst gar nicht von einem Gas-Stopp betroffen wären, von den dann gravierenden Folgen für den Arbeitsmarkt gar nicht zu reden.“ Gemeinsame Kraftanstrengung „Angesichts der angespannten Lage müssen wir gemein- sam alles dafür tun, für den Winter genug Gas zu haben. Das bedeutet, dass wir alle mehr Energie sparen müssen, die Wirtschaft genauso wie die Bürgerinnen und Bürger“, so Thomas Conrady, Präsident der IHK. „Mittlerweile herrscht in dieser Frage ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Nicht nur die Politik hat die europarechtlich vorgegebene Priorisierung zugunsten der Privathaus- halte als problematisch erkannt, auch die Bürgerinnen und Bürger sprechen sich immer öfter für eine faire Lastenverteilung aus. Sie wissen, was passiert, wenn die Unternehmen nicht mehr die Energie bekommen, die sie brauchen. Dann müssten die Mitarbeitenden in Kurzarbeit geschickt oder gar Beschäftigung abge- baut werden. Diesem Szenario gegenüber kann die Temperatur in unseren Badezimmern keinen absoluten Vorrang genießen.“ Energiesparen wird das Thema der kommenden Monate sein, glaubt auch Claudius Marx. „Viele Unternehmen haben bereits als Reaktion auf die enorm anziehenden Preise Maßnahmen zur Senkung ihres Energieverbrauchs ergriffen, an weiteren Einspar- IHK-Vollversammlung zur Versorgungssicherheit Solidarität ohne Ausnahmen Wie steht es um die Versorgungssicherheit im Land? Bei der Sommervollversammlung der IHK waren die aktuelle Gaskrise und die steigenden Energiepreise Thema Nummer eins. Die Vertreter der regionalen Wirtschaft stellen vier Forderungen an die Politik. »Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, für den Winter genug Gas zu haben« Thomas Conrady IHK-Präsident Bild links: Adobe Stock - New Africa. Unten: Achim Mende

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