Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Mai'22 - Hochrhein-Bodensee

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 5 | 2022 titel Die Jobrad-Geschäftsführung: Andrea Kurz, Florian Baur, Matthias Wegner (v.l.). Belege für eine dynamische Entwicklung sind. „Die Gegend ist vor allem für den Tourismus bekannt, weniger als starke Arbeitgeberregi- on“, erkennt Alexander Graf trotz- dem. Umso wichtiger sei es, mit dem Pfund zu wuchern, das man hat: „Dort arbeiten, wo andere Ur- laub machen.“ Kommunikation, nicht nur über den Standort, sondern auch über die eigene Unternehmenskultur ist wichtig. „Viele machen das schon ganz hervorragend, aber manchmal habe ich den Eindruck, einigen ist es noch unangenehm, anzugeben, was sie alles Großartiges zu bieten haben. Man darf sich nicht zu sehr auf Mund-zu-Mund-Propaganda ver- lassen“, sagt Graf. Schon gar nicht, wenn es darum geht, überregional um Personal zu werben. Die am häu- figsten von Unternehmen genannte Strategie im DIHK-Fachkräftereport 2021 gegen den Fachkräftemangel, ist, die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen. „Das ist auch gut und rich- tig, aber das wird nicht langen“, sagt Simon Kaiser von der IHK Südlicher Oberrhein. Um den kommenden Herausforderungen Herr zu werden, bedarf es laut Kaiser mehr Zuwanderung, mehr Qualifizierungsmaßnahmen und einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen. Neue Mitarbeiterpotenziale heben Zwar erreicht die Erwerbstätigenquote von Frauen in Baden-Württemberg mit nahezu 75 Prozent durchaus internationale Spitzen- werte. Allerdings arbeitet mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen (51,8 Prozent)nach wie vor in Teilzeit. Bei den Männern sind es lediglich 8,2 Prozent. Das geht aus einem Dis- kussionspapier zum Strukturwandel in Baden- Württemberg des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus dem Jahr 2021 hervor. Im Zuge der Coronapandemie ist die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frau- en laut Hans-Böckler-Stiftung stärker gesun- ken als die von Männern. Dadurch hat sich die schon vorher bestehende Lücke noch weiter vergrößert. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie scheint also während Corona noch Luft nach oben gewesen zu sein – trotz zu- nehmender Homeofficeangebote.Befragt man Jutta Rump nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie sagt sie: „Der Begriff hat ausgedient“. Die sprachliche Fixierung auf Familie grenze andere Lebensentwürfe aus. Egal, ob der private Bereich von einem Ehrenamt, einem »Lebenspha- senorientierte Personalpolitik hilft Menschen wie Unterneh- men« Jutta Rump Geschäftsführerin des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE, Ludwigshafen Porträtbild: Simon Wegener Jobrad Mitarbeiter als Botschafter Die Freiburger Jobrad GmbH hat gegen viele Widerstände das Fahrrad- leasing salonfähig gemacht. Inzwischen profitiert sie vom seit Jahren anhaltenden Fahrradboom, den die Coronakrise zusätzlich befeuert hat. Aktuell beschäftigt das Unternehmen über 600 Mitarbeiter am Freiburger Firmensitz sowie im deutschlandweiten Außendienst. Davon wurden über 150 im vergangenen Jahr eingestellt. 2021 konnten die ersten Mitarbeiter die neue Firmenzentrale in der Nähe des Haupt- bahnhofs beziehen. „Wir legen besonders hohen Wert auf gesundes und nachhaltiges Wachstum unserer Organisation“, sagt Pressesprecherin Lara Burger. „Die Mitarbeiter werden dabei einbezogen, indem wir aktiv kommuni- zieren und zum Mitgestalten einladen.“ Auf der Suche nach Talenten profitiere man im Raum Freiburg stark vom Ruf als guter Arbeitgeber. Auf der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu steht das Unterneh- men mit einem Score von 4,3 und einer Weiterempfehlungsquote von 98 Prozent sehr gut da. Die Rekrutierer erhalten regelmäßig das Feed- back, dass sich Interessenten auf eine Empfehlung aus dem Freundes- und Bekanntenkreis hin melden. „Unsere eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind also sehr oft unsere besten Botschafter für uns als Arbeitgeber“, sagt Burger. Immer öfter werden die Fühler auch überregional ausgestreckt. Denn die gesuchten Profile sind zunehmend Fachspezialisten – insbesondere im IT- und Leasingbereich. Entsprechend werde die Rekrutierungsstra- tegie schrittweise daran ausgerichtet, wo die gesuchten Zielgruppen erreicht werden können, etwa über fachspezifische Stellenbörsen, Netzwerkarbeit mit Unterstützung durch die Mitarbeiter sowie Enga- gement in regionalen Verbänden. Zudem bemühe man sich, als Arbeit- gebermarke auch überregional an Bekanntheit zu gewinnen. Dazu gibt es ein internes Projekt zur Arbeitgebermarke. Bewerber werden den potenziellen zukünftigen Teams vorgestellt. „Das ist uns wichtig, um eine gelingende Zusammenarbeit zu gewährleisten.“ Vor allem die starke Identifikation mit dem Sinn des Unternehmenszweckes – der Förderung umweltfreundlicher Mobilität –, das vertrauensvolle Miteinander, die Per- spektiven in diesem stark wachsenden Umfeld und die Unternehmens- werte würden immer wieder als Antrieb genannt, so Burger. db

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