Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

7 4 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten titel N och acht Jahre. Dann wollen 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht haben (siehe Kasten rechts). Doch alle hinken dem Zeitplan dieser „Agenda 2030“ hinterher. Auch Deutschland. Deshalb ist jetzt Tempo angesagt, um die Nachhaltigkeitsziele noch zu erreichen. Neu am Horizont steht zusätzlich der Green Deal. Mit diesem Zukunftsmo- dell will Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen und ressourcen- schonenden Kontinent mit einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft sowie einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden. Inklusive der Sozialverträglichkeit dieses Wandels – so der Plan. Heike Wagner, Umweltreferentin bei der IHK Hochrhein- Bodensee, bringt es für den Südwesten Deutschlands auf den Punkt: „Es ist klar, wohin die Reise geht. Und deshalb müssen wir unsere Mitglieder weiter für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren. Denn diejenigen, die das nicht auf dem Schirm haben, werden künftig nicht mehr wettbewerbsfähig sein.“ Das fängt an bei der Vergabe von Zuschüssen, Fördergeldern und Krediten. Und geht weiter bei den Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden und Endverbrau- chern. Ganz zu schweigen von der Glaubwürdigkeit bei der eigenen Belegschaft und neu zu rekrutierenden Mitarbeitern. Dabei verbirgt sich hinter dem Schlagwort „Nachhaltigkeit“ weit mehr als nur Klimaschutz: Nachhaltiges Wirtschaften ist die Ausrichtung eines Unternehmens auf wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele und deren bewusste Planung, Steuerung und Umsetzung. Die Wahrnehmung dieser gesellschaftlichen Verantwortung wird auch als Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet. Eine gesetzliche Nachweispflicht dafür gibt es derzeit nur für große Unternehmen. Doch dies wird so nicht bleiben: Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, mehr dazu auf Seite 52) arbeitet die Eu- ropäische Union bereits an einer Verschärfung der aktuellen CSR- Berichtspflicht. Und auch der vor Kurzem vorgelegte Entwurf der EU-Kommission für ein Lieferkettengesetz sieht strengere Regeln vor als das Gesetz, das die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat. Letzteres soll ab 2023 an den Start gehen und gilt zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Die EU möchte auch sehr viel kleinere Betriebe zu strengen Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferkette verpflichten. Einfach anfangen Aber egal, wie streng die gesetzlichen Auflagen letztlich ausfallen werden, sind Unternehmen jedweder Größe gefordert, zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beizutragen. Und tatsächlich tun dies immer mehr Verantwortliche aus freien Stücken, auch wenn sie aufgrund ihrer Unternehmensgröße gar keine gesetzlichen Mindeststandards erfüllen müssten. Einfach, weil sie sich verantwortlich fühlen. So wie etwa Tanja Schuhmacher. Die IT-Spezialistin ist 2016 in den Familien- betrieb eingestiegen, als ihr Vater die KS Metallbearbeitung GmbH in Spaichingen krankheitsbedingt nicht mehr führen konnte. Der Klima- schutz ist für sie das drängendste Problem unserer Zeit. „Man kann auch mit vielen kleinen Maßnahmen etwas erreichen“, meint die junge Geschäftsführerin. Nach und nach sanierte sie das Firmengebäude mit energieeffizienten Maßnahmen, ließ eine Photovoltaikanlage ins- tallieren – für viele Unternehmen im Südwesten aktuell ein beliebter Weg zur umweltfreundlichen Energieproduktion – investierte in eine neue Druckluftversorgung und schult ihre 25 Mitarbeiter darin, wie sie Strom, Druckluft und Material sparen können. Über die IHK ist sie auf das Klimafit-Programm des Landes Baden- Württemberg aufmerksam geworden und hat sich als Pilotbetrieb beworben (mehr dazu im Kasten Seite 10). Mit externer Unterstützung EIN THEMA MIT VIELEN FACETTEN Nachhaltig ist längst nicht nur alles, was auf den Klimaschutz einzahlt. Die Vereinten Nationen haben sich in ihrer Agenda 2030 auf 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung verständigt , die sogenannten Sustainable Development Goals oder SDG-Ziele, symbolisiert durch 17 Farbtafeln. Sie reichen von „keine Ar- mut“ über „Geschlechtergleichheit“ bis „nachhaltiger Kon- sum und Produktion“ und „Maßnahmen zum Klimaschutz“. Grundsätzlich lassen sie sich in drei Kategorien unterteilen: Ökonomische Nachhaltigkeit hat die Steigerung des Er- trags zum Ziel. Dabei sollen die Ressourcen in gleicher oder besserer Qualität zur Verfügung stehen. Zusätzlich geht es auch um Risikominimierung. Ökologische Nachhaltigkeit steht für den Schutz der Umwelt. Im Fokus steht der vorausschauende und rück- sichtsvolle Umgang mit Ressourcen wie Rohstoffen, Energie oder Abfall. Soziale Nachhaltigkeit zielt auf eine positive gesellschaft- liche Entwicklung und eine Sicherung der Arbeitskräfte ab. Dazu gehören eine faire Bezahlung, bessere Bildung und Ausbildung, Gleichberechtigung von Mann und Frau, be- triebliche Altersvorsorge, Kinderbetreuung und flexible Ar- beitszeiten. Alle Ziele sollen bestmöglich erreicht werden. Unternehmen gibt das die Chance, sich in verschiedenen Bereichen zu engagieren. »Man kann auch mit vielen kleinen Maßnahmen etwas erreichen« Tanja Schuhmacher Geschäftsführerin der KS Metallbearbeitung, Spaichingen

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