Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

54 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 4 | 2022 Praxiswissen BGH-Urteil zu Haftung wegen unvollständiger Rechtsformbezeichnung UG immer nur mit „haftungsbeschränkt“ E ine Unternehmergesellschaft (UG) (haftungsbe- schränkt) muss in ihrer Firma den Zusatz „haftungs- beschränkt“ ausdrücklich führen. Das urteilte jetzt der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 210/20). Tut sie das nicht, haftet ihr Vertreter im Rechtsverkehr persönlich, wenn das Weglassen des Zusatzes zu falschen Annahmen beim Geschäftspartner führt. In dem verhandelten Fall war eine UG ohne den per GmbH-Gesetz (§ 5a Absatz 1) vor- geschriebenen Zusatz „haftungsbeschränkt“ im Markt unterwegs. Eine schlechte Idee, befanden die höchsten Richter und argumentierten, dass ein Geschäftspart- ner dadurch möglicherweise „Dispositionen trifft, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhalts“ – nämlich der über die beschränkte Haftung – „ganz oder zumin- dest teilweise unterlassen hätte.“ Der BGH sieht ein besonderes Bedürfnis des Rechtsverkehrs an einem solchen Hinweis, da die Unternehmergesellschaft mit einem geringen Stammkapital ausgestattet sein kann. Und anders als bei der GmbH, die die Haftungsbeschrän- kung schon im Namen trägt, lässt allein die Bezeichnung Unternehmergesellschaft nicht darauf schließen. Fehlt der Zusatz, könnte der Eindruck entstehen, für die UG hafte mindestens eine natürliche Person unbeschränkt, stellen die Richter fest. Und so urteilten sie folgerichtig, dass der Vertreter der UG für den erzeugten unrichtigen Rechtsschein persönlich haftet. DIHK, uh Beschlussfassung in der GmbH in Zeiten von Corona Wie sich Präsenz vermeiden lässt Auch im nun anbrechenden dritten Coronajahr stehen GmbH-Gesellschafter oftmals noch vor der Frage, wie sie wirksam, aber ohne Ansteckungsrisiken, Beschlüsse fassen können. G esellschafterversammlungen in Präsenz sind nach den derzeit geltenden Verordnungen zwar in aller Regel zulässig, je nach Größe und Zu- sammensetzung des Gesellschafterkreises aber häufig unvernünftig. Was also tun? – Das GmbH-Gesetz geht vom Grundsatz der Präsenzversammlung aus. Daneben ist auch die Beschlussfassung im sogenannten Um- laufverfahren möglich. Dabei müssen sämtliche Ge- sellschafter diesem Verfahren oder einem konkreten Beschlussantrag in Textform, etwa per Post, E-Mail oder Fax ,zustimmen. Verweigert sich nur ein Gesellschafter, ist die Beschlussfassung blockiert. Zumindest in solchen Fällen, in denen der Gesellschaftsvertrag keine Erleich- terungen vorsieht. Der Gesetzgeber hat die damit einhergehenden Prob- leme früh gesehen und die Hürden für das gesetzliche Umlaufverfahren schon im Frühjahr 2020 gesenkt: Es ist derzeit ausreichend, wenn sich „nur“ die Mehrheit der Gesellschafter innerhalb einer gesetzten Frist für das Verfahren oder unmittelbar für den konkreten Be- schluss ausspricht. Diese Regelung gilt nach aktuellem Stand noch bis zum 31. August 2022 . Nicht geregelt ist dagegen die Durchführung von Gesellschafterversammlungen per Telefon- oder Vi- deokonferenz. Die Praxis ist da häufig schneller: Bei vielen Gesellschaften werden online zugeschaltete Ge- sellschafter als „echte“ Teilnehmer behandelt. Das ist jedoch rechtlich riskant. Ohne entsprechende Klarstel- lungen des Gesetzgebers oder der Gerichte kann diese Handhabung die Anfechtbarkeit oder die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse zur Folge haben – und zwar selbst dann, wenn alle Gesellschafter einverstanden sind. Deshalb sind rein virtuelle oder hybride Gesell- schafterversammlungen nur bei expliziter Regelung im Gesellschaftsvertrag zu empfehlen. In der Praxis kann man sich behelfen, indem die Ge- sellschafter zunächst in einer Telefon- oder Videokon- ferenz beraten und anschließend (ausschließlich) im Umlaufverfahren Beschluss fassen. Möglich ist auch, dass die Onlineteilnehmer einem der Anwesenden Vollmacht zur Stimmabgabe erteilen. Zu Dokumen- tationszwecken ist hierfür, sofern nicht ohnehin vom Gesellschaftsvertrag vorausgesetzt, die Textform (E- Mail) zu empfehlen. Auch wenn in absehbarer Zeit Präsenzversammlungen vielleicht wieder normal sein sollten, empfiehlt sich dennoch, die Regelungen zur Beschlussfassung im Gesellschaftsvertrag jetzt zu modernisieren, um für die Zukunft vorzubauen. Barbara Mayer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner Beschlüsse per Videokonferenz sind gesetzlich nicht geregelt, deshalb zunächst einmal riskant Bild: Adobe Stock, Andrey Popov

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